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Gefaehrtin Der Daemonen

Titel: Gefaehrtin Der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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viele Gefühle. Die Verlockung für diese finsteren Geister ist sehr groß. Das Problem ist, dass die Zahl der heißen Punkte steigt. Der Schleier wird schwächer.«

    »Und wenn all diese Dämonen durchkommen?«
    Ich sah ihn an. »Menschen sind aus eigenem Antrieb böse, Mister Cooperon. Einige sind noch mieser als andere. Etliche benötigen aber einen Anstoß, um zu einem Monster zu werden. Von denen gibt es mehr, als Sie sich vorstellen können. Verfolgen Sie einfach die Abendnachrichten.«
    »Das tue ich«, erwiderte er finster. »Ich verstehe, was Sie meinen.«
    »Dann wissen Sie auch, was passieren würde, wenn diese Barriere, von der ich eben gesprochen habe, fällt. Und was wir jetzt erleben, sind nur die Dämonen, die Menschen in Besitz nehmen. Es gibt noch andere Arten von ihnen. Aber sie alle leben von starken Emotionen. Wut, Hass, Angst.«
    Und es gab noch schlimmere Dämonen, die ich nicht einmal beschreiben konnte. Die Stimme meiner Mutter hallte in meinem Kopf wider, ihre Geschichten über den äußeren Ring hinter dem Gefängnisschleier. Die erste Bastion, das Zuhause der Schlimmsten, der Gefährlichsten. Der Weltenschlächter.
    Ich kaute auf meiner Wange und beobachtete ihn. »Ich will wirklich wissen, weshalb diese Dämonen dort oben Sie umbringen wollten. Vielleicht weil Sie sie wahrnehmen können. Nur wäre das eigentlich kein Grund, ihren Wirt aufs Spiel zu setzen.«
    »Wenn Sie das sagen.« Grant rieb sich die Stirn. »Das sind ein bisschen viele Informationen.«
    »Sie meinen, zu viele, um es zu glauben?«
    Er erstarrte. »Nein. Es ist nur … mehr als ich wissen wollte. Allerdings würde ich mich nicht beschweren, wenn Sie meinen Leibwächter spielen wollten.«
    Das klang kein bisschen anzüglich. Ein echtes Kunststück. Und es war der einzige Grund, wieso ich ihm nicht den Stock wegnahm und ihn die Treppen hinunterstieß. Ich trat eine Stufe
weiter hinauf und lauschte dem Rauschen der Funkgeräte. Zee war wieder verschwunden. »Was haben Sie hier heute eigentlich gewollt?«
    »Ich stelle Flöten her«, erklärte er. »Flöten.« Ich drehte mich um und starrte ihn an. »Aus Holz«, präzisierte er. »Ich verkaufe sie nicht selbst. Das erledigt jemand anders für mich. Ich komme an den Wochenenden her, um zu spielen. Ich habe einen festen Platz.«
    »Ach.« Ich spähte um die Mauer herum. Die Arkaden waren fast menschenleer; am anderen Ende sah ich gelbes Absperrband; überall liefen Cops und Reporterteams herum. Jedoch nicht in unserer Nähe. »Wo haben Sie das denn gelernt?«
    »Flöte spiele ich seit meiner Kindheit, und gelernt, sie herzustellen, das habe ich in Nepal. Und in China. Diese Bergbewohner erzeugen unglaubliche Töne damit.«
    »Wirklich.« Ich versuchte mir vorzustellen, wie es war, diesen Kontinent zu verlassen und blieb an dem Geheimnis der Sonnenuntergänge und Horizonte hängen. Meine Reisen würden sich wohl auf den National Geographic und den Discovery Channel beschränken. »Wollten Sie das immer schon machen? Reisen? Oder Flöten herstellen?«
    »Nein«, erwiderte Grant. »Davor war ich Priester.«
    Okay, auch ich war nicht frei von Vorurteilen. Ich lehnte mich an die Wand und starrte ihn an. Er grinste. »Ich pass wohl nicht ins Bild, was?«
    Ich betrachtete seinen sehnigen Körper, die regenassen Haare, das markante Gesicht und diese warmen, dunklen Augen, deren Blick leicht gereizt wirkte. Ein großer, starker, gut aussehender Mann - ein guter Mann, fand ich, je länger ich ihn musterte. Aber es war mir unmöglich, ihn mit Kontemplation und Glauben an eine höhere Macht zu verbinden.
    »Nein«, sagte ich schwach. »Wieso haben Sie es aufgegeben?«

    Sein Lächeln erlosch. »Das ist kompliziert. Ich predige jetzt ohne Kragen.«
    Ich sagte kein Wort mehr. Das Blut rauschte in meinen Ohren. Dämonen jagten einen ehemaligen Priester? Einen Flötenbauer? Einen Mann, der im Regen herumlief und die Obdachlosen versorgte? Das ergab doch keinen Sinn. Ich atmete langsam aus und sah Grant in die Augen. Das Lächeln war verschwunden, aber seine Belustigung noch nicht.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich habe Ihnen Angst gemacht, stimmt’s?«
    »Nein, keine Angst. Sie sind nur etwas … verwirrend.«
    »Sie etwa nicht?« Er schüttelte den Kopf. »Schon gut.«
    Die Luft war rein. Ohne nachzudenken nahm ich seine Hand und zog ihn zur Straße. Als ich ihn dann wieder loslassen wollte, drückte er meine Hand, nur ganz kurz, als wollte er sagen: Ich bin da . Dann ließ er mich

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