Gefaehrtin Der Daemonen
Eingeweide. Sie stöhnten nicht und torkelten keineswegs wie komatöse Opfer in Zeitlupe durch die Gegend. Zombies hatten Jobs. Sie lachten, weinten - und sahen aus wie die Menschen, die man kannte und liebte. Sie waren die Menschen, die man liebte. Deshalb waren sie ja auch so gefährlich. Zombies gingen einem unter die Haut, ohne dass man es merkte. Bis sie einem Schmerzen zufügten. Einen umbrachten.
Erst, wenn sie einen mit Worten verletzten, einen fertigmachten, einem das Herz brachen, dann …
Dann war es zu spät.
Die dunklen Geister, die ich Zombies nannte, waren Dämonen, Parasiten, und dabei sehr geduldig. Sie lauerten sozusagen am Rand des menschlichen Verstandes, witterten, wer schwach und labil war, wählten das dazu passende Leben und den richtigen Körper ganz genau aus, stahlen sich leise hinein, übernahmen dann allmählich die Kontrolle und schlugen ganz plötzlich zu. Sie veränderten unwiderruflich die Persönlichkeit desjenigen, den sie mal eingenommen hatten.
Besessenheit nahm nie ein gutes Ende. Die Dämonen, die die Zombies erschufen, ernährten sich von starken Gefühlen. Nicht von Fleisch oder Hirn - nur von Herzen. Wut war gut, Schmerz noch besser. Der Schmerz und Schrecken anderer, das war am nahrhaftesten.
Ich lehnte mich an eine Säule in den Arkaden und beobachtete die Zombies. Und sie beobachteten mich. Ich spürte, dass die Sonne tief am Horizont stand. Ich hätte jetzt lieber flüchten sollen, mich verstecken. Doch ich rührte mich nicht vom Fleck. Ich hatte noch nie so viele Zombies auf einmal gesehen. Das war doch nicht richtig so, irgendetwas stimmte da nicht. Zombies arbeiteten nicht zusammen. Sie berichteten sich auch nicht gegenseitig von ihren Eroberungen. Sie hatten immer ihre eigene Domäne, und die war ihnen heilig. Zombies stahlen sich nicht gegenseitig den Schmerz.
Und sie zeigten sich mir normalerweise auch nicht. Es sei denn ich flüchtete. Oder kämpfte.
Das bedeutete, ich hatte ein Problem. Sollte ich noch hier sein, wenn die Sonne unterging, dann war es sogar ein verdammt großes. Mein Pech! Ich war ja nicht hergekommen, um Ärger herauszufordern. Ich wollte nur ganz gemütlich am Nachmittag
durch den Regen schlendern, einen Kaffee trinken und einen Schaufensterbummel machen: eine finstere Pollyanna in Westernstiefeln, ein kleiner Sonnenschein in Jeans und Lederjacke. Ich wollte mich amüsieren, mich zur Abwechslung mal um mich selbst kümmern, eine Touristin spielen und diese eine Stunde genießen, bevor die Jungs aufwachten. Heute Nacht würden wir die Stadt verlassen. Ich hatte schon aus dem Hyatt ausgecheckt. Meine Reisetaschen lagen im Auto.
Ich hätte lieber auf meinem Zimmer bleiben sollen. Es gab einen Clint-Eastwood-Film im Fernsehen, und dazu hätte ich mir ein Steak bestellen können.
Ich stieß mich von der Säule ab, wand mich durch die Menschenmenge und machte mich auf den langen Weg zur Straße. Dort zwang ich mich, langsam zu gehen, mir Gesichter zu merken, die Zombies zu registrieren, so wie sie es auch mit mir taten. Eine sanfte, kühle Brise, die von der Straße kam, fuhr mir durchs Haar. Ich hätte gewünscht, sie wäre kräftiger. Mein Rollkragenpullover und die Lederjacke waren viel zu warm; mir lief der Schweiß den Rücken hinunter, meine Hände in den schwarzen Ziegenlederhandschuhen waren auch schon schweißnass.
Einen Augenblick später saugten die Jungs diese Feuchtigkeit auf. Ihre Herzen schlugen unregelmäßig, als sie erwachten. Ziemlich früh für ihre Verhältnisse, aber daran waren die Zombies Schuld. Zee und die anderen spürten selbst im Schlaf, wenn Gefahr drohte. Das war ihre Natur: Gleich und Gleich gesellt sich gern. Ich wollte gar nicht erst über die Gefühle nachdenken, die das in mir auslöste.
Dann prallte ich gegen die Mutter des kleinen Zombiejungen, stützte sie, bevor sie fiel und entschuldigte mich. Daraufhin begegnete ich dem Blick des grimmigen, blassen Kindes an ihrer Seite. Ich konnte mir nicht erklären, wieso oder warum er
seine Mutter überredet hatte, ihn herzubringen. Aber er war von einem Dämon besessen, einem Meister der Manipulation.
Das Zombiekind sah mit seinen ausdruckslosen Augen zu mir hoch. Ich lächelte es an, gratulierte seiner Mutter zu ihrem braven Jungen. Ein guter Sohn mit einer so finsteren Aura, dass ich ihn am liebsten gepackt und ihm den Dämon aus der Stirn gezerrt hätte.
Später mal, vielleicht. Ich ging weiter, die Brieftasche seiner Mutter in der Hand.
Ich schaffte es bis
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