Gefaelschtes Gedaechtnis
Teller hin und her schob.
»Machen Sie das immer so?«, sagte er nach einer Weile in freundlichem Tonfall.
»Was?«
Er deutete auf die Reis und Gemüsehäufchen, die sie gebaut hatte. »Weil Freud ein paar ganz interessante Gedanken zu so was hat.«
Sie lachte. »Mit meinem Essen spielen?«, sagte sie und schob alles in der Mitte des Tellers zu einem Viereck zusammen. »Meine Kritiker würden sagen, das sei die einzige Art Spiel, zu der ich fähig bin.«
»Sie haben Kritiker?«
Sie zog diagonale Linien durch das Quadrat, sodass es vier Dreiecke ergab. »Mhm. Mit mir kann man keinen Spaß haben. Ich bin ein Arbeitstier. Ich bin zu sachlich.«
Er lachte. » Ich glaube, Ihre Kritiker sind neidisch.«
Sie lächelte, sagte »Danke« und dachte, oh-oh.
Sie fing an, diesen Mann zu mögen. Sie fing sogar an, ihn sehr zu mögen — und vielleicht noch mehr als das (was eine echte Katastrophe wäre). Wahrscheinlich das Stockholm-Syndrom, dachte sie. Duran hielt sie zwar nicht gefangen, aber sie waren beide Gefangene dieser absurden Situation, und da war es wohl ganz natürlich, dass sie das Gefühl entwickelte, sie wären eine Art ... Team. Sie strich mit dem Daumen an ihrer beschlagenen Bierflasche hinunter und hinterließ eine deutliche Spur. Dann hob sie sie an die Lippen und leerte sie in einem Zug.
Eine Stunde später stand sie gerade in der Küche und spülte, als sie ihn telefonieren hörte. Sie drehte das Wasser ab, stellte den Teller in den Abtropfständer und lauschte.
»Hallo, Doc«, sagte er, »Jeff Duran hier ... genau. Gut, danke. Ich wollte Ihnen bloß sagen, dass ich drüber nachgedacht habe. Ich mach's. «
27
U m acht Uhr morgens rief Shaw an. Adrienne hob ab, während Duran sich ein Kissen über den Kopf zog.
»Wir können es Dienstag machen«, verkündete er. »Ich hab Nick Allalin an Bord geholt — er ist der Neurochirurg. Ich besorge uns den OP. Kann sein, dass ich ein bisschen was hin und her schieben muss, aber das klappt schon.«
Adrienne schwang die Beine aus dem Bett und setzte sich auf. »Dienstag?«
Shaw hörte die Enttäuschung in ihrer Stimme. »Eher geht's nicht«, sagte er. »Und selbst der Termin ist —«
»Dienstag ist in Ordnung«, unterbrach sie ihn. »Ich hab bloß gedacht, was wir wohl bis dahin machen sollen. NewYork ist sündhaft teuer und — noch mal drei Tage ...«
»Fahren Sie doch nach Hause. Jeff soll sich ein Weilchen ausruhen, und Sie werden bestimmt schon bei Slough & Hawley vermisst.«
»Mm ... «
Bei Einbruch der Dunkelheit erreichten sie Bethany und statteten als Erstes dem Supermarkt einen Besuch ab.
»Ich wünschte, ich könnte uns irgendwas Tolles kochen«, sagte Adrienne, während sie darauf warteten, dass ihr Grillhähnchen von der Metallstange gezogen und in eine Warmhaltetüte gepackt wurde. Dann gingen sie weiter den Gang hinunter und nahmen einen fertig geputzten und gewaschenen Salat aus der Kühltheke. »Aber ehrlich gesagt, ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihnen die Sachen schmecken würden, die wir früher zu Hause gegessen haben.«
»Was denn so?«, sagte Duran. »Zum Beispiel Frikadellen? Ich bin ganz wild auf Frikadellen.«
»Frikadellen, das ist doch schon Haute Cuisine. Meine persönliche Spezialität waren Bratkartoffeln«, sagte Adrienne. »Und es gab alle möglichen Fertiggerichte. Thunfischauflauf. Tütensuppen. Und kennen Sie dieses Zeug aus Marshmallows und Kokosnuss, das immer zu einem. Reste-Essen dazugehört? Einfach köstlich.«
»Wie geht denn der Thunfischauflauf?«, fragte Duran. »Klingt doch nicht schlecht.«
»Fragen Sie nicht. Da kommen Nudeln rein und Champignon-cremesuppe und jede Menge Ritz-Kräcker.«
Die Ankunft am Cottage, das vertraute Knirschen der Kieselsteine unter den Reifen, das Abstellen des Wagens hinterm Haus — das alles erfüllte Adrienne kurz mit Freude, mit einem trügerischen (wie sie sich in Erinnerung rief) Gefühl von Nachhausekommen.
Nach dem Essen zog sie sich Jeans und einen warmen Pullover an und machte mit Duran trotz der Kälte einen Strandspaziergang. Sie genoss den Geruch des Meeres, das Donnern der Brandung und das Klickern der Kiesel, wenn sie von den Wellen mitgerissen wurden. Aber die Luft war eiskalt. Sie konnte ihren Atem sehen, und ein Frösteln durchlief sie. Duran legte wärmend einen Arm um ihre Schultern, während er selbst den Kopf gegen den Wind senkte. Einen Moment lang erstarrte Adrienne, dann ließ sie sich wohlig und
Weitere Kostenlose Bücher