Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
Vom Netzwerk:
Einwilligungserklärungen durch, während Adrienne Teller auf den kleinen Tisch in der Ecke stellte.
    »Ich könnte blind werden«, sagte er. »Oder eine Persönlichkeitsveränderung durchlaufen. Und dann wäre da noch mein Lieblingspunkt: Verlust kognitiver Funktion.«
    Sie reichte ihm ein Bier und fragte: »Was soll denn das heißen?« »Das heißt, ich könnte schwachsinnig werden.«
    »0 Gott! Also ich weiß nicht ...« Sie warf ihn einen Blick zu. »Was?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich will eigentlich nichts dazu sagen. Ich meine, ich will da keine Verantwortung übernehmen.«
    Das Essen war köstlich.
    »Chinesisch-kubanisch«, sagte Adrienne. »Merkwürdige Kombination. Wie das wohl zu Stande gekommen ist?«
    Duran zuckte die Achseln. »Auf den Westindischen Inseln leben viele Chinesen«, sagte er. »Zumindest auf Jamaika und Haiti. Also kann man wohl davon ausgehen, dass sie auch in Kuba vertreten sind.«
    Sie erstarrte, die Essstäbchen auf halbem Weg vom Teller zum Mund. »Woher wissen Sie das? Waren Sie schon mal da? Auf Jamaika? In der Karibik?«
    Er überlegte. »Ich glaube schon«, sagte er. »Jedenfalls auf Haiti.« »Denken Sie weiter drüber nach. Mal sehen, an was Sie sich alles erinnern können!«
    Er nahm noch einen Bissen Reis mit Bohnen und einen Schluck Bier. Dann schloss er die Augen. Schließlich sagte er: »Großes weißes Haus. Veranda. Palmen.« Er hielt einen Moment inne. Er konnte das dumpfe Rauschen des Verkehrs draußen auf der Straße hören. »Wenn Wind aufkam und die Palmen schwankten«, sagte er, »war das kein weicher Klang, wie Wind in den Blättern. Es war ein schlagendes Geräusch. Es gab einen Gärtner, der auf die Bäume stieg, wenn ein Unwetter im Anzug war ...« Er verstummte.
    »Warum?«, drängte Adrienne.
    »Um die Kokosnüsse abzuschneiden, damit sie nicht auf die Veranda fielen und etwas kaputtmachten.«
    »Weiter«, sagte Adrienne ermutigend und legte die Stäbchen beiseite. »Das ist wie bei unserem Schachspiel. Wissen Sie noch? Der Rum, die Hitze, ich glaube —«
    Duran hatte .mit entspanntem Gesicht ihr gegenüber gesessen, nur eine kleine steile Konzentrationsfalte zwischen den Brauen. Plötzlich sprang er auf, die Augen weit aufgerissen.
    »Was ist los?«
    Er schüttelte den Kopf, wandte den Blick ab, holte ein paar Mal tief Luft. Schließlich drehte er sich zu ihr um. »Manchmal, wenn ich anfange, mich zu erinnern ... sehe ich plötzlich einen bestimmten Raum — und das jagt mir eine Höllenangst ein.«
    »Was für einen Raum?«
    Er ging zum Fenster und blickte hinaus. »Ich möchte nicht darüber reden.«
    »Sie müssen.«
    Er sah weiter aus dem Fenster, als suchte er nach etwas. Eine Minute verging, dann sagte er: »Ich versuche, die Farbe zu bestimmen.« 
    »Welche Farbe?«
    »Des Raums. Er ist nicht gelb, sondern ... ockerfarben. Und überall ist Blut.« Er seufzte tief auf. »Ich will wirklich nicht darüber nachdenken.«
    »Aber das sollten Sie, genau das sollten Sie — Sie sollten darüber nachdenken. Machen Sie weiter. Vielleicht —«
    »Nein!«
    »Okay«, sagte sie und griff wieder nach ihren Essstäbchen. Sie fuhr damit durch die rötliche Sauce und konzentrierte sich dann darauf, eine einzelne schwarze Bohne zu erwischen.
    »Es tut mir Leid«, sagte Duran. »Ich kann's einfach nicht. Es ist ... ich weiß nicht. Ich kann's nicht erklären.«
    »Alles klar«, erwiderte Adrienne in beiläufigen Tonfall. »Wie Sie wollen.«
    »Hören Sie —«
    »Ich hab bloß gemeint, dass Sie da eine Art Erinnerungsspur haben, etwas Wichtiges ist passiert — und ich hätte gedacht, dass Sie damit arbeiten wollen.«
    Eine Weile sagte er nichts mehr. Eine Strähne seines schwarzen Haares, das er glatt zurückgekämmt trug, war ihm in die Stirn gefallen, und er schob sie mit der Hand zurück. »Ich kann das nicht gut vermitteln, aber es ist wie — ich kann nicht damit arbeiten. Ich kann es nicht ertragen.«
    Sie seufzte.
    »Wenn ich diesen Raum sehe ... hab ich das Gefühl, ich falle in Ohnmacht«, sagte er. »Es ist, als wollte ich in Ohnmacht fallen.«
    Sie schüttelte den Kopf und wechselte das Thema. »Tja, ich denke, Sie haben im Moment ja auch genug andere Sorgen.«
    Er sah sie verwundert an. »Hab ich?«
    »Na ja, die Operation.« Sie platzierte das spitze Ende eines Essstäbchens auf einer Bohne, durchbohrte sie und versuchte dann, diese offensichtlich unglücklich gewählte metaphorische Handlung zu überspielen, indem sie den Rest des Essens auf ihrem

Weitere Kostenlose Bücher