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Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
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sein, dass sie im Haus bleiben.« Er reichte McBride eine Tasse Tee, setzte sich an seinen Schreibtisch und bedeutete dem jungen Amerikaner mit einer Geste, auf der Couch Platz zu nehmen. Dann. trank er einen Schluck und sagte energisch: »So! « Eine Pause. »Sie haben großartige Arbeit geleistet! «
    »Na ja ... danke«, sagte McBride.
    »Im Ernst, Lewis. Ich weiß, wie schwierig es sein kann, an Orten wie Haiti zu arbeiten. Die hygienischen Bedingungen sind nicht die besten, und wenn man sich nicht auskennt, kann es auch gefährlich sein.«
    »Ich habe mich impfen lassen.«
    »Trotzdem ...« Opdahl beugte sich vor und räusperte sich. »Sie fragen sich bestimmt, warum Sie hier sind ...«
    McBride setzte sich auf und lächelte. »Eigentlich nicht«, sagte er. »Ich denke, ich weiß, warum. Das Forschungsstipendium läuft in ein paar Monaten aus ...«
    Opdahl nickte, um diese Feststellung zu bestätigen und sie zugleich als irrelevant abzutun. »Nun ja, da haben Sie natürlich Recht, aber das ist nicht der Grund, warum Sie hier sind.«
    »Nein?« McBride blickte ihn fragend an.
    »Nein.« Ein surrendes Geräusch ertönte im Flur vor dem Büro, und beide Männer schauten in die Richtung.
    »Ist das der Aufzug?«, fragte McBride.
    Der Direktor nickte, und seine Stirn legte sich in Falten.
    »Aber —«
    »Das muss einer der Mitarbeiter sein«, mutmaßte Opdahl. »Hat wahrscheinlich irgendwas vergessen.« Das Surren erstarb, und sie hörten die Türen aufgehen. Einen Moment später klopfte es. »Wären Sie so nett?«, bat der Direktor, zur Tür deutend.
    McBride runzelte die Stirn. »Kein Problem«, sagte er, stand auf, ging zur Tür und öffnete sie.
    Er hatte nur den Bruchteil einer Sekunde, den Anblick in sich auf­ zunehmen, und gar keine Zeit mehr, ihn zu verstehen. Was er sah, war Folgendes: einen Mann in Chirurgenkleidung mit einer Gasmaske über dem Gesicht, dann eine Spraywolke, und der Boden hob sich ihm entgegen. Lichterregen. Dunkelheit.
    Er befand sich in einem Rettungswagen. Er war sicher, dass er in einem Rettungswagen war, weil er die Lichter an der Decke sehen konnte, reflektierende rote Lichter, die immerzu kreisten. Neben ihm saß ein Mann in Chirurgenkleidung, der ihn mit freundlich neugierigem Blick betrachtete.
    McBride wollte fragen, was los war, aber er hatte Schwierigkeiten zu sprechen. Sein Mund war trocken, seine Zunge hölzern. Als er schließlich etwas sagte, klang seine Stimme undeutlich, als wäre er betrunken. Nach einer Weile gab er es auf und konzentrierte sich auf das, was passiert war. Da war ein Mann mit einer Maske. Von irgendeinem Notdienst. Was darauf hindeutete, dass irgendwo Gas ausgetreten war oder so was in der Art.
    Und die Sprühwolke? Was war das?
    Er versuchte, den Kopf zu heben, sich aufzusetzen, aber das war nicht möglich. Er war auf einer Trage festgeschnallt, flach auf dem Rücken, und unendlich matt. Also ein Beruhigungsmittel und so, wie er sich fühlte, wohl ein besonders starkes. Vielleicht Thorazin. Er schloss die Augen, dachte, ich müsste Angst haben ... es wäre gesünder, wenn ich Angst hätte.
    Sie fuhren eine Stunde oder länger, und nicht ein einziges Mal schaltete der Fahrer die Sirene ein — bloß die rotierenden Lichter. Dann und wann schlug McBride flatternd die Augen auf, und da waren sie, kreisten an der Decke: rot ... gelb ... rot ...
    Es war so seltsam. Wo immer der Rettungswagen war, wo immer sie gewesen waren, es gab keinerlei Verkehr. Der Wagen rollte mit gemächlicher, nur selten veränderter Geschwindigkeit dahin — als führen sie über Land. Was überhaupt keinen Sinn ergab. In Zürich gab es reichlich Krankenhäuser — warum also die Stadt verlassen? Wenn es ein Notfall war ... und es musste ein Notfall sein, denn ... wenn nicht ...
    Die Wirkung des Beruhigungsmittels ließ allmählich nach, und schon spürte er, wie sich die ersten Angstgefühle tief in seiner Brust regten.
    Dann waren sie da — wo immer »da« auch sein mochte. Der Rettungswagen hielt knirschend an, dem Geräusch nach zu schließen auf Kies, und die Lichter an der Decke erloschen. Dann fiel die Wagentür zu. Die Wände bebten. Menschen sprachen Schwyzerdütsch miteinander. Die Hecktüren wurden jäh aufgerissen. Ein frischer Luftstrom, und dann bewegte sich die Trage unter ihm.
    »Wo bin ich?« Ein seltsames Gebäude, nur ein flüchtiger Eindruck — aber modern. Dann ein Gesicht, das vor seinem eigenen schwebte.
    »Nicht reden.«
    Und dann waren sie drinnen. Einen

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