Gefahrenzone (German Edition)
Wut.
Tong war tot. Das stand jedoch noch nicht in diesen Berichten. Su hatte es um fünf Uhr morgens erfahren, als man Tongs Leichnam identifiziert hatte, den sie in zwei große Stücke zerteilt aus den Trümmern gezogen hatten. Außer ihm waren zweiundneunzig Ghost-Ship-Hacker, -Controller und -Ingenieure umgekommen und Dutzende verletzt worden. Die Server waren vollkommen vernichtet worden. Sofort darauf erhöhte sich die Bandbreite des gesicherten Netzwerks des US-Verteidigungsministeriums, die amerikanischen Satelliten waren alle wieder online, und mehrere von Centers Cyberangriffsmaßnahmen in den Vereinigten Staaten wie etwa die Behinderung der Bankgeschäfte und der Telekom-Verbindungen sowie die Sabotage wichtiger Infrastruktureinrichtungen hörten entweder einfach auf oder verloren zumindest einen Großteil ihrer Wirksamkeit.
Andererseits führten Centers Botnetz-Operationen weiterhin Denial-of-Service-Angriffe auf das amerikanische Internet durch, und die Spähprogramme und RATs in den Netzwerken des Verteidigungsministeriums und der Geheimdienste waren immer noch intakt, aber es gab auf der anderen Seite niemand mehr, der ihre Feeds aufzeichnete und die darin enthaltenen Informationen der VBA oder dem MSS übermittelte.
Das was eine absolute Katastrophe, der schlimmste Gegenschlag, den die Amerikaner den Chinesen versetzen konnten. Su wusste das, und er wusste auch, dass er dies vor dem Ständigen Ausschuss des Politbüros zugeben musste.
Allerdings würde er jeden Vorwurf zurückweisen, er hätte das Tong-Netzwerk besser schützen müssen. Dem konnte er als Entschuldigung, als triftige Entschuldigung, entgegenhalten, dass man das China-Telecom-Gebäude nur deshalb als zeitweises Hauptquartier von Centers Organisation gewählt hatte, weil man sie auf die Schnelle nach ihrem Auf fl iegen in Hongkong nirgendwo anders unterbringen konnte. Aber entschuldigen würde er sich für diesen Fehler auf keinen Fall. Wenn dieser Konflikt erst einmal vorbei war und das Südchinesische Meer, Taiwan und Hongkong fest in chinesischer Hand waren, würde er jene, die für Tongs Umzug nach Kanton verantwortlich waren, feuern. Im Moment musste er jedoch seinen Kollegen eine ehrliche Einschätzung des Schadens vermitteln, den Jack Ryans Angriff in der vergangenen Nacht angerichtet hatte.
Er musste dies aus einem bestimmten Grund und nur aus diesem Grund tun.
Heute würde er dem Ständigen Ausschuss seine Absicht verkünden, die USS Ronald Reagan, die USS Nimitz und die USS Dwight D. Eisenhower mit Dongfeng-21-Raketen anzugreifen.
Etliche Mitglieder des Ständigen Ausschusses würden wohl gewisse Bedenken äußern, aber er erwartete nicht, dass sich ihm jemand in den Weg stellte. Su würde ihnen deutlich und schlüssig klarmachen, dass sich Ryan nach einem solch vernichtenden Schlag gegen seine Hochseemarine zurückziehen müsse. Su würde ihnen darüber hinaus erklären, dass China die volle Hegemonie über die gesamte Region erlangen werde, wenn die amerikanischen Kriegsschiffe erst einmal den Westpazifik verlassen hätten. Diese Dominanz würde China endgültig zu einer Weltmacht werden lassen, so wie Amerika erst mächtig geworden war, als es seine gesamte Hemisphäre unter Kontrolle gebracht hatte.
Wenn aus irgendeinem Grund die Angriffe auf die Flugzeugträger keinen Erfolg haben sollten, wäre der nächste Schritt eine umfassende Raketen- und Cruise-Missile-Attacke auf Taiwan, bei der zwölfhundert Raketen und Lenkkörper sämtliche Militäreinrichtungen der Insel ausschalten würden.
Su wusste allerdings jetzt schon, dass Wei herumjammern würde, welchen wirtschaftlichen Schaden das alles anrichten werde, aber der Vorsitzende der Militärkommission wusste genau, dass diese Machtdemonstration zuerst ihre Stellung im eigenen Land stärken und ihnen danach auch im Ausland helfen würde. Wenn China die Hegemonie über seine eigene Region errungen hatte, blieb dem Rest der Welt gar nichts anderes übrig, als das Reich der Mitte als führende Weltmacht anzuerkennen.
Sicher, Su gab selbst zu, dass er kein Wirtschaftsfachmann war, aber er war sich absolut sicher, dass China auch wirtschaftlich aufblühen würde, wenn es zum Zentrum der Welt geworden war.
Er legte die Berichte beiseite, schaute aus dem Fenster und dachte über die Rede nach, die er heute noch halten würde. Ja. Ja, er würde es schaffen. Er konnte dieses schreckliche Ereignis der letzten Nacht, diesen schweren Schlag gegen seine Angriffe auf die
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