Gefahrenzone (German Edition)
liebsten hätte er dieses ungeprüfte Gerät überhaupt nicht in ihrem Gebäude aufbewahrt. Da dies aber nicht möglich sei, werde er persönlich die Sicherheit der Festplatte gewährleisten und den Zugang zu ihr kontrollieren.
Am nächsten Tag stellte Gavin einen Desktop-Computer in einem Konferenzraum im ersten Stock auf, den man nur mithilfe einer ganz bestimmten Schlüsselkarte betreten konnte. Dieser Rechner war nicht an das Netzwerk des Gebäudes angeschlossen. Er verfügte über kein Modem und war auch nicht Bluetooth-fähig. Sowohl in der realen als auch in der Cyberwelt war er total isoliert.
Jack Ryan fragte Biery sarkastisch, ob er Angst habe, dass der Festplatte Beine wachsen würden und sie versuchen könnte, aus dem Raum zu entwischen. »Nein, Jack«, erwiderte Biery. »Aber ich habe Angst, dass einer von euch Jungs noch spät in der Nacht arbeitet und einen USB-Stick oder einen Laptop mit einem Synchronkabel in diesen Raum hineinzubringen versucht, weil er es zu eilig hat oder zu faul ist, meine Sicherheitsmaßnahmen zu respektieren.«
Zuerst verlangte Biery sogar, dass nur er sich in diesem Raum aufhalten dürfe, wenn der Computer lief. Dagegen hatte der Leiter der Analyseabteilung Rick Bell sofort Protest eingelegt und dafür recht vernünftige Gründe angeführt. Biery sei kein Analyst und wisse doch gar nicht, wonach er suchen müsse. Er werde einen Großteil der relevanten Daten weder erkennen noch interpretieren können.
Schließlich einigte man sich darauf, dass bei der ersten Sichtung der Festplatte neben Biery nur ein einziger Analyst, nämlich Jack Junior, anwesend sein würde. Jack durfte nur einen Schreibblock und einen Kugelschreiber dabeihaben. Allerdings würde er eine verkabelte Telefonverbindung benutzen dürfen, um seine Kollegen an ihrem Schreibtisch zu kontaktieren, wenn während der Untersuchung ein Zugriff auf Netzwerkdaten nötig werden sollte.
Gavin zögerte ein paar Sekunden, bevor er den Raum betrat. Er wandte sich Jack zu. »Hättest du etwas dagegen, wenn ich dich erst einmal abtaste?«
»Kein Problem.«
Biery war angenehm überrascht. »Wirklich?«
Jack schaute ihn an. »Natürlich. Und um ganz sicherzugehen, warum untersuchst du nicht auch noch meine Körperöffnungen? Soll ich mich schon einmal an dieser Wand in Positur bringen?«
»Okay, Jack. Es gibt keinen Grund, den Klugscheißer zu spielen. Ich möchte nur wissen, ob du einen USB-Stick, ein Smartphone oder irgendetwas anderes dabeihast, das von dem, was wir auf dieser Festplatte finden werden, infiziert werden könnte.«
»Nein, habe ich nicht, Gav. Das habe ich dir allerdings bereits versichert. Warum kannst du dich nicht einfach an den Gedanken gewöhnen, dass es hier auch noch ein paar andere Leute gibt, die dein Netz auf keinen Fall verhunzen wollen? Du hast hier nicht das Sicherheitsmonopol. Wir haben alles getan, was du verlangt hast, aber ich werde mich von dir keinesfalls abtasten lassen.«
Biery dachte ein paar Sekunden nach. »Wenn das Netz einmal infiziert ist ...«
»Das habe ich schon verstanden«, versicherte ihm Jack.
Biery und Ryan betraten den Konferenzraum. Biery holte die Istanbul-Festplatte aus dem Safe und schloss sie an den PC an. Er schaltete den Computer ein und wartete, bis er hochgefahren war.
Die erste Überprüfung des Festplatteninhalts zeigte ihnen, dass das Betriebssystem die neueste Windowsversion war und dass auf der Platte eine ganze Menge Programme, E-Mails, Dokumente und Tabellen gespeichert waren, die sie natürlich alle untersuchen mussten.
Das E-Mail-Programm und die Dokumente waren passwortgeschützt, aber Gavin Biery kannte das entsprechende Verschlüsselungsprogramm so gut, dass er nur ein paar Minuten brauchte, um es durch ein Hintertürchen zu knacken, das er und sein Team schon vor einiger Zeit herausgefunden hatten.
Zuerst schauten Biery und Ryan die E-Mails durch. Sie waren darauf vorbereitet, arabisch und türkisch sprechende Analysten aus Rick Bells Team im zweiten Stock hinzuzuziehen. Tatsächlich fanden sie auf der Festplatte Dutzende von Dokumenten in einer der beiden Sprachen. Trotzdem wurde schon bald ersichtlich, dass ein Großteil der Daten, speziell diejenigen, die für ihre Untersuchung wahrscheinlich am wichtigsten sein würden, in englischer Sprache abgefasst waren.
Sie fanden fast drei Dutzend englische E-Mails, die der gleiche Absender seit etwa sechs Monaten geschickt hatte. Als sie sie in chronologischer Ordnung durchschauten, rief Jack
Weitere Kostenlose Bücher