Gefahrenzone (German Edition)
Schießstand oder in einer Übungshalle zu trainieren oder einen Typ durch die ganze Innenstadt zu verfolgen, mit dem er noch am gleichen Nachmittag ein Bier trinken würde.
Nein, er brauchte inzwischen diese gefährlichen Außeneinsätze, bei denen ihm das Adrenalin durch die Adern schoss. Es war – zumindest für einen Mann in den Zwanzigern – wie eine Sucht. Tatsächlich litt Ryan jetzt unter Entzugserscheinungen.
Allerdings waren vorerst alle diesbezüglichen Aktivitäten gestoppt worden. Sogar die gesamte Zukunft des Campus stand auf der Kippe, und dies alles wegen etwas, das jeder nur noch die »Istanbul-Festplatte« nannte.
Dabei handelte es sich um einige Gigabytes digitaler Bilder, E-Mails, Softwareanwendungen und etlicher anderer Computerprogramme, die an jenem Abend auf der Festplatte von Emad Kartals PC gespeichert waren, als ihn Jack in einer Wohnung im Istanbuler Taksim-Viertel erschossen hatte.
Noch in der gleichen Nacht hatte Gerry Hendley, der Chef des Campus, seinen Männern befohlen, alle Angriffsoperationen einzustellen, bis man wisse, wer sie dabei beobachtet hatte. Die fünf Außenagenten, die es gewohnt waren, mit dem Gulfstream-Firmenjet des Campus durch die ganze Welt zu fliegen, waren jetzt erst einmal an ihre Schreibtische verbannt. Zusammen mit den Analysten der Organisation versuchten sie seitdem Tag für Tag herauszufinden, wer ihre fünf Tötungsaktionen in der Türkei überwacht und aufgezeichnet hatte.
Jemand hatte sie gesehen und in flagranti gefilmt. Glück licherweise hatte Ryan die Beweise für diese Überwa chungsaktion gesichert, indem er die Festplatte mitgenom men hatte.
Als Jack sich jetzt in seinen Schreibtischstuhl fallen ließ und seinen Computer einschaltete, kam ihm wieder die Nacht in Istanbul in den Sinn. Als er damals die Festplatte aus Emads PC ausbaute, hatte er zuerst geplant, sie ins Campus-Hauptquartier zu bringen, damit sie Gavin Biery dort möglichst schnell überprüfen konnte. Biery war IT-Chef des Campus und ein begnadeter Hacker, der in Harvard in Mathematik promoviert hatte und danach einige Zeit bei IBM und der NSA tätig war.
Biery lehnte diese Idee jedoch sofort ab. Stattdessen fuhr er zum Baltimore-Washington-Flughafen hinaus, um die Außenagenten abzuholen. Er brachte sie und das Festplattenlaufwerk in ein benachbartes Hotel. Danach montierte er es in einer Zweisternesuite auseinander und suchte es nach einem Aufspürgerät ab. Währenddessen sicherten die fünf erschöpften Außenagenten den gesamten Raum. Vor allem achteten sie auf die Fenster, Türen und den Parkplatz für den Fall, dass ein verborgener Peilsender dem Feind bereits den Aufenthaltsort der Festplatte mitgeteilt haben sollte. Nach einer zweistündigen intensiven Untersuchung war sich Biery sicher, dass das Laufwerk keine unangenehmen Überraschungen barg. Er kehrte mit dem Team und der Festplatte zu Hendley Associates zurück. Er hoffte, mit deren Hilfe herauszufinden, wer die Männer in Istanbul beobachtet hatte.
Sosehr die übrigen Mitarbeiter des Campus entsetzt waren, dass ihre Operation in der Türkei aufgeflogen war, hielten die meisten Bierys Vorsicht doch für etwas übertrieben. Für sie grenzte sie sogar an Paranoia. Dies überraschte allerdings niemand, denn Gavins Sicherheitsmaßnahmen zur Abschottung des Hendley-Netzwerks waren legendär. So bestand er auf wöchentlichen Sicherheitsbesprechungen und einem häufigen Wechsel der Passwörter, mit denen die Campusmitarbeiter Zugang zu seinem Computernetz bekamen.
Biery hatte immer wieder versichert, dass niemals ein Computervirus sein Netz infizieren würde. Um dieses Versprechen halten zu können, blieb er allzeit wachsam, auch wenn dies den übrigen Hendleyangehörigen manchmal lästig wurde. Das Computernetzwerk des Campus sei sein Baby, erklärte er stolz, das er vor jedem Schaden bewahren werde.
Als Biery mit der Festplatte zur Technikabteilung des Campus zurückkehrte, deponierte er das taschenbuchgroße Gerät in einem Safe, der mit einem Kombinationsschloss gesichert war. Ryan und der Operationschef Sam Granger, die neben ihm standen, schauten ihn ziemlich entgeistert an. Biery erklärte ihnen jedoch, dass er der Einzige im ganzen Gebäude sein würde, der Zugang zu dieser Festplatte habe. Obwohl er zu seiner Zufriedenheit feststellen konnte, dass kein Peilgerät versteckt gewesen sei, wisse er nicht, ob sich auf der Festplatte selbst nicht doch ein Virus oder eine andere Schadsoftware befinde. Am
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