Gefahrenzone (German Edition)
konnte es ihm auch helfen, am Leben zu bleiben.
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A uf dem Schild vor dem neunstöckigen Bürogebäude, in dem Jack arbeitete, stand Hendley Associates, was jedoch nichts darüber aussagte, was da drinnen tatsächlich vor sich ging. Das harmlose, nichtssagende Schild passte gut zur Allerweltserscheinung des Baus. Das Gebäude sah genauso aus wie Tausende ähnlicher Büros überall in Amerika. Jeder Passant hätte es auf den ersten Blick für das Regionalbüro einer Genossenschaftsbank, das Verwaltungszentrum eines Telekommunikationsunternehmens, eine Arbeitsvermittlungsagentur oder eine Werbefirma halten können. Auf dem Dach stand eine ganze Reihe von Satellitenschüsseln und neben dem Gebäude eine eingezäunte Antennenfarm. Beides war jedoch von der Straße aus kaum zu erkennen, und selbst wenn es jemand auffiel , würde er das für nichts Besonderes halten.
Sollte sich doch einer für diese Firma interessieren, würde er herausfinden, dass es sich um ein internationales Finanzunternehmen handelte, wie es im Großraum Washington viele gab. Das einzig Bemerkenswerte an dieser Gesellschaft war die Tatsache, dass sie von einem früheren US-Senator geleitet wurde, dem sie auch gehörte.
Tatsächlich war diese Ziegel-und-Glas-Fassade jedoch die ideale Tarnung für eine ganz besondere Institution. Obwohl es vor dem Gebäude keine Sicherheitseinrichtungen außer einem niedrigen Zaun und einigen Überwachungskameras gab, verbarg sich hinter dem »offiziellen« Finanzhandelsunternehmen eine »inoffizielle« Geheimdienstorganisation namens »Campus«, von der außer einigen wenigen Mitgliedern der US-Geheimdienstgemeinde niemand etwas wusste. Der Campus war einige Jahre zuvor von Präsident Ryan während seiner ersten Amtszeit ins Leben gerufen worden. Er hatte die Organisation mithilfe einiger enger Geheimdienstfreunde geplant und den ehemaligen Senator Gerry Hendley an ihre Spitze gesetzt. Inzwischen arbeiteten hier ein paar der besten Geheimdienstanalysten und Computerfachleute Amerikas. Dank der Satelliten auf dem Dach und der Code-Knacker in der IT-Abteilung verfügte der Campus über einen direkten Zu gang zu den Computernetzwerken der Central Intelligence Agency und der National Security Agency.
Das Unternehmen finanzierte sich zur Gänze selbst, da die Tarnfirma Hendley Associates mit großem Erfolg alle möglichen Finanzgeschäfte durchführte. Natürlich waren die Gigabytes von Wirtschaftsdaten, die tagtäglich in das Gebäude strömten, für diese Aktien-, Wertpapier- und Währungsspekulationen ausgesprochen hilfreich.
Ryan fuhr auf den Firmenparkplatz, stellte seinen Wagen ab, hängte sich seine lederne Kuriertasche über die Schulter und betrat die Lobby. Am Empfangsschalter saß der diensthabende Wachmann, auf dessen Namensschild Chambers stand, und lächelte ihn an.
»Guten Morgen, Jack. Wie geht’s Ihrer Frau?«
»Morgen, Ernie. Ich bin nicht verheiratet.«
»Ich erkundige mich morgen noch einmal.«
»Geht in Ordnung.«
Es war ein Witz, den sie Tag für Tag austauschten, ohne dass Ryan ihn so ganz verstanden hätte.
Jack ging zum Aufzug hinüber.
Jack Ryan jr., das älteste Kind des Präsidenten der Vereinigten Staaten, arbeitete seit beinahe vier Jahren für Hendley Associates. Obwohl er offiziell »Finanzanlagen-Manager« war, verbrachte er den Großteil seiner Zeit mit der Analyse von Geheimdienstberichten. Zusätzlich war er seit einigen Jahren einer der fünf Außenagenten des Campus.
In dieser operationellen Rolle hatte er in den letzten drei Jahren eine Menge Action erlebt. Allerdings beschränkte sich diese seit der Rückkehr aus Istanbul auf einige Trainingseinheiten mit Domingo Chavez, Sam Driscoll und Dominic Caruso.
Dabei hatten sie in Übungshallen ihr Nahkampfverhalten verbessert und auf Schießständen in Maryland und Virginia dafür gesorgt, dass ihre Schussfertigkeiten nicht einrosteten. Darüber hinaus hatten sie Überwachungsabwehr- und Observierungspraktiken eingeübt, indem sie im dichtesten Stadtverkehr von Washington und Baltimore die Fahrzeuge ihrer Campusausbilder abwechselnd zu verfolgen oder abzuschütteln versuchten.
Das waren faszinierende Übungen, die für Männer äußerst praktisch waren, die von Zeit zu Zeit bei Angriffsoperationen irgendwo auf der Welt ihr Leben aufs Spiel setzten. Trotzdem waren es natürlich keine echten Außeneinsätze. Jack Junior war jedoch der »dunklen Seite« von Hendley Associates nicht beigetreten, um auf einem
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