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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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strahlenden Bogenlicht seiner originalen blauen Augen durch die weit auseinander stehenden Pupillen seines neuen Sleeves. »Wir müssen uns die Sprengzone ansehen.«
    Sie verschluckte etwas, das vielleicht ein Lachen war, und verzichtete auf die offensichtliche Erwiderung.
    »Klar«, sagte sie stattdessen. »Folgen Sie mir.«
    Ich beobachtete, wie sie gemeinsam auf der anderen Seite der Anhöhe zum Strand hinunterstiegen.
    »He, Envoy-Mann!«
    Ich drehte mich widerwillig um und entdeckte Yvette Cruickshank, die ihren Maori-Sleeve unsicher den Hang heraufnavigierte. Ihre Sunjet hing quer über ihrer Brust, und die Scoutlinsen hatte sie sich auf die Stirn hochgeschoben. Ich wartete, bis sie mich erreicht hatte, und sie schaffte es, ohne allzu häufig im langen Gras zu stolpern.
    »Wie geht es mit dem neuen Sleeve?«, rief ich, als sie zum zweiten Mal strauchelte.
    »Er ist…« – sie schüttelte den Kopf, legte den Rest der Entfernung zurück und setzte noch einmal in normaler Lautstärke an – »’n bisschen komisch, falls Sie verstehen, was ich meine.«
    Ich nickte. Mein erstes Resleeving lag über dreißig subjektive Jahre zurück, was objektiv annähernd zwei Jahrhunderte waren, aber so etwas vergaß man nie. Der erste Wiedereintrittsschock ging niemals ganz weg.
    »Und so beschissen bleich!« Sie zupfte an der Haut ihres Handrückens und schnupperte daran. »Wieso habe ich nicht so eine schöne schwarze Hülle wie Sie bekommen?«
    »Ich bin nicht gestorben«, rief ich ihr ins Gedächtnis. »Außerdem werden Sie froh darüber sein, wenn sich die Strahlung bemerkbar macht. Was Sie da tragen, braucht ungefähr die Hälfte der Medikamentendosis, die ich nehme werde, um überhaupt funktionsfähig zu bleiben.«
    Sie verzog das Gesicht. »Aber am Ende wird sie uns alle erledigen, nicht wahr?«
    »Es ist nur ein Sleeve, Cruickshank.«
    »Richtig, geben Sie mir was von Ihrer Envoy-Kaltschnäuzigkeit!« Sie stieß ein bellendes Lachen aus und nahm die Sunjet hoch, indem sie den kurzen, dicken Lauf auf beunruhigende Weise mit einer schlanken Hand packte. Sie blinzelte vom Entladungskanal auf und sah mich direkt an. »Glauben Sie, dass Sie auf so einen Sleeve Marke Weißes Mädchen abfahren könnten?«
    Ich dachte nach. Die Maori-Kampfsleeves waren langgliedrig und breitschultrig. Viele von ihnen, wie auch dieser, waren hellhäutig, und wenn sie frisch aus dem Klontank kamen, wurde der Effekt noch unterstrichen. Aber die Gesichter hatten hohe Wangenknochen, weit auseinander stehende Augen und volle Lippen und Nasen. Weißes Mädchen klang etwas hart. Und selbst unter dem formlosen Chamaeleochrom-Kampfanzug…
    »Wenn Sie so gucken«, bemerkte Cruickshank, »sollten Sie lieber was kaufen.«
    »’tschuldigung. Hab nur ernsthaft über die Frage nachgedacht.«
    »Ja, schon gut. So große Sorgen mache ich mir gar nicht. Sie waren hier schon im Einsatz, nicht wahr?«
    »Vor ein paar Monaten.«
    »Und wie war es so?«
    Ich zuckte die Achseln. »Leute, die auf einen schießen. Die Luft voller schnell fliegender Metallstücke, die nach einem weichen Landeplatz suchen. Der übliche Kram. Wieso?«
    »Hab gehört, dass Wedge kräftig was auf die Mütze bekommen hat. Stimmt das?«
    »Von meinem Standpunkt aus machte es definitiv diesen Eindruck.«
    »Und wie kommt es dann, dass Kemp plötzlich entscheidet, sich mit einem Nuklearschlag zurückzuziehen, obwohl er in der stärkeren Position ist?«
    »Cruickshank.« Ich hielt inne, weil mir keine Methode einfiel, wie ich ihren schweren Schutzpanzer der Jugendlichkeit durchdringen sollte. Sie war zweiundzwanzig, und wie alle Zweiundzwanzigjährigen dachte sie, dass sie der unsterbliche Brennpunkt des Universums war. Sicher, sie war gestorben, aber bislang hatte das für sie nur die Unsterblichkeitstheorie bewiesen. Es wäre ihr niemals in den Sinn gekommen, dass es eine Weltanschauung geben könnte, in der ihre Sicht nicht nur nebensächlich, sondern völlig irrelevant war.
    Sie wartete auf eine Antwort.
    »Hören Sie«, sagte ich schließlich. »Niemand hat mir gesagt, wofür wir hier eigentlich kämpfen, und nach dem, was wir bei den Verhören aus den Gefangenen herausbekommen haben, schienen die auch keine Ahnung zu haben. Ich habe schon vor längerer Zeit die Erwartung aufgegeben, dass dieser Krieg irgendeinen Sinn haben könnte, und ich rate Ihnen, dasselbe zu tun, wenn Sie vorhaben, noch eine Weile zu überleben.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch, eine Eigenart, die sie ihrem Sleeve

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