Gefallene Sonnen
geraten waren und das terranische Militär Chans Treibhäuser zerstört hatten. Die Nachrichtensendungen der Hanse, so erfuhren Denn und Caleb, waren voller Lügen und Übertreibungen und stellten die Roamer wie unfähige Feiglinge dar.
Denn beugte sich zu den Kontrollen vor. »Wie kann jemand einen derartigen Unsinn glauben? Nach so vielen Jahren Handel sollten uns die Bürger der Hanse besser kennen.«
Der Sandoval-Pilot war nicht so überrascht. »Wenn Krieg herrscht und alles rationiert ist, müssen sich die Leute mit den Berichten begnügen, die sie bekommen. Sie hören nichts anderes.«
»Es wird immer schlimmer«, knurrte Caleb. »Demnächst behaupten sie noch, dass die Clans Babys entführen und bei düsteren Zeremonien ihr Blut trinken.«
Denn seufzte. »Unter anderen Umständen würde ich so etwas für absurd halten.« Er sah hinaus, ließ den Blick über die Trümmer schweifen und bemerkte den Glanz von Metall dort, wo einst das Hurricane-Depot gewesen war. »Ist bekannt, wohin die Gefangenen von hier aus gebracht wurden? Oder die von Rendezvous?«
»Wir haben nichts gehört«, erwiderte der Hosaki-Pilot. »Es würde mich nicht überraschen, wenn man sie als Kriegsgefangene in irgendein Arbeitslager gesteckt hat.«
»Verdammte Mistkerle!«, stieß Caleb hervor.
Denn presste die Lippen zusammen. Bei einer Lieferung für die terranische Mondbasis im vergangenen Jahr war sein Schiff unter einem Vorwand beschlagnahmt worden. Er hatte auf dem Mond festgesessen und versucht, sich im bürokratischen Dschungel zurechtzufinden. Später hatte er erfahren, dass beabsichtigt gewesen war, ihm die Schuld für eine angebliche Roamer-Verschwörung gegen den König zu geben. Doch König Peter hatte den Plan entdeckt und seine Beziehungen genutzt, um Denn zu befreien und ihm zu ermöglichen, mit seinem Schiff zu starten. Die Roamer trauten der Hanse nicht, aber wenigstens den jungen König hatte Denn in guter Erinnerung.
»Setzen wir den Flug fort«, sagte Caleb. »Ich möchte nach Plumas zurück und mich dort wieder an die Arbeit machen. Verbringen Sie einige Tage bei mir und meinen Brüdern, bevor Sie sich wieder auf den Weg machen?«
Denn zuckte mit den Schultern. »Die meisten meiner geplanten Versorgungsflüge sind gestrichen, und ich habe Zeit. Kein Roamer, der etwas auf sich hält, lehnt angebotene Gastfreundschaft ab.« Er wusste aus Erfahrung, dass Calebs Brüder ihn zu irgendeiner problematischen Sache überreden wollten. Aber vielleicht war das genau das Richtige für ihn nach all den Gräueltaten des terranischen Militärs.
»Zu Hause ist es doch am schönsten«, sagte Caleb, als sie sich den Brunnen und Pumpstationen näherten. Von außen betrachtet gab der Eismond nicht viel her.
»Wenn Sie meinen.« Denn landete die Beharrlichkeit neben einer primären Tankstation. »Deshalb habe ich ein eigenes Schiff. Ich bin immer zu Hause, ganz gleich, wohin ich fliege. Allerdings… Derzeit treiben sich die Tiwis überall herum, und deshalb sind mir die normalen Routen verwehrt.«
Caleb musterte ihn, als sich die beiden Männer anschickten, das Schiff zu verlassen. »Es gefällt mir nicht, zu hören, dass ich nicht mehr überallhin kann. Reden wir mit meinen Brüdern. Anschließend fühlen Sie sich bestimmt besser. Außerdem gibt es bei ihnen gute Getränke, mit dem besten primordialen Wasser gebraut.«
Denn runzelte die Stirn und erwiderte den Blick des alten Mannes. »Glauben Sie, das hilft uns dabei, den Leitstern besser zu sehen?«
Caleb lachte. »Ich garantiere es. Sie werden Doppelsterne sehen.«
Denn saß warm gekleidet unter einem Himmel aus Eis. Der weite Ozean wirkte wie graues Öl, und das weiße Licht künstlicher Sonnen fiel auf die kalte Landschaft.
Die Tamblyn-Brüder erzählten die erstaunliche Geschichte von Jess’ Rückkehr und wie er seine Mutter geborgen hatte, deren Körper noch immer in Eis ruhte. Denn spitzte die Ohren, als er hörte, dass sich Jess auf den Weg gemacht hatte, um Cesca zu retten. Auf Jonah 12 schien es zu einer Katastrophe gekommen zu sein, aber leider wussten die Brüder nichts Genaues darüber. »Er erklärte nicht viel, machte sich einfach auf den Weg und meinte, er müsste so schnell wie möglich zu Cesca.«
»Hoffentlich erreicht er sie rechtzeitig.« Zum ersten Mal seit der Zerstörung von Rendezvous hörte Denn von seiner Tochter, und ihn bedrückte die Vorstellung, dass ihr vielleicht Gefahr drohte. Niemand konnte ihr besser helfen als Jess mit seinen
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