Gefallene Sonnen
unglaublichen neuen Fähigkeiten. Natürlich wusste Denn auch, dass der junge Mann seine Tochter liebte…
Er starrte auf das Glas in seiner Hand hinab. Die Tamblyn-Brüder nahmen Plumas-Wasser, fügten dann spezielle Ingredienzien hinzu und destillierten ihren eigenen Alkohol, mit einem Geschmack, der an Whisky oder Gin erinnerte. Denn hielt das Zeug nicht unbedingt für gut, aber er war Gast. Hier, in Sicherheit, konnte es nicht schaden, sich zusammen mit Caleb, Andrew, Wynn und Torin zu betrinken. Immerhin mussten sie die Probleme des Universums lösen.
Denn und Caleb beschrieben, was sie bei den Resten des Hurricane-Depots gesehen hatten, und anschließend spekulierten sie darüber, was mit den gefangen genommenen Roamern geschehen sein mochte. »Glaubt die Große Gans vielleicht, dass wir uns einfach so ergeben?«, brummte Torin und füllte sein Glas. Er spuckte aufs Eis, und sein Speichel gefror mit einem leisen Knacken.
»Ich glaube, dem Vorsitzenden ist nicht klar, worauf er sich eingelassen hat.« Calebs Wangen bewegten sich so, als wollte er ebenfalls spucken. Aber dann beschloss er, dem Beispiel seines jüngeren Bruders nicht zu folgen. »Er hätte die Roamer besser in Ruhe lassen sollen!«
»Die Clans werden überleben«, sagte Andrew. »Sie haben mit Yreka bereits einen Anfang gemacht. Es gibt reichlich abgelegene Kolonien, die sich auf die Gelegenheit freuen, unter dem Tisch mit uns zu handeln.«
Denn trank einen weiteren großen Schluck und fühlte, wie der Alkohol in seiner Kehle brannte. »Die Große Gans hat ihnen ebenfalls übel mitgespielt – die Kolonisten dort sind mehr wie wir. Aber es ist gefährlich. Wehe dem, den die Tiwis erwischen.«
»Ich finde, wir sollten das alles nicht länger hinnehmen!«
Wynn spuckte und traf genau die gleiche Stelle wie zuvor sein Zwillingsbruder. »Rand Sorengaard hatte die richtige Idee. Wir hätten in seine Fußstapfen treten und nicht versuchen sollen, zivilisiert an die Sache heranzugehen.«
»Zivilisiert? Das soll wohl ein Scherz sein. Die Tiwi-Überfälle waren viel schlimmer als Rands Aktionen. Und sie haben ihn als Piraten bezeichnet! Ha!«
Denn ließ die Schultern hängen. »General Lanyan hat Rand um des ›Friedens in der Hanse‹ willen hingerichtet. Und jetzt benutzt er die gleiche Taktik.«
»Ich halte Rand Sorengaard für einen Revolutionär.« Torin schwankte ein wenig auf seinem Sitz. »Er war ein Visionär, kein Pirat. Er sah Dinge, die wir anderen noch nicht sehen wollten.«
»Ein Mann, der seiner Zeit voraus war! Wir sollten ihn als Freiheitskämpfer in Erinnerung behalten, als jemanden, der seine Unabhängigkeit verteidigte und gegen die Unterdrücker der Großen Verdammten Gans kämpfte.«
Zwar blieb es kalt um sie herum, aber Denn fühlte sich angenehm warm. Er glaubte, gerade ausgetrunken zu haben, aber irgendwie war sein Glas schon wieder voll. »Nach Rendezvous forderte meine Cesca die Roamer auf, zu fliehen und sich zu verstecken. Aber vielleicht sollten wir einen Schritt weiter gehen, Sorengaards Beispiel folgen und ebenfalls zu Freiheitskämpfern werden.«
Die Zwillinge sahen ihn an. Caleb und Andrew brauchten etwas länger, um zu verstehen, was er vorschlug, aber Denn sprach weiter. Den undeutlich werdenden Klang seiner Worte glich er durch größere Lautstärke aus. »Wir haben Schiffe. Es mangelt uns nicht an Mut. Und wir wissen, was die Tiwis beim Hurricane-Depot und mit Raven Kamarows Schiff angestellt haben…«
Caleb hob sein Glas. »Auf Raven Kamarow.« Sie alle tranken auf ihn.
Denn brauchte einige Sekunden, um seine Gedanken zu sammeln, erinnerte sich dann daran, was er hatte sagen wollen. »Wie wär’s, wenn wir losziehen und ebenfalls zuschlagen? Wie wär’s, wenn wir uns einige Dinge schnappen, um die durch die Angriffe der Großen Gans erlittenen Verluste abzugleichen?«
Die Tamblyn-Brüder begannen zu kichern, und in ihren Augen leuchtete es auf. »Auf diese Weise könnten wir es ihnen heimzahlen.«
»Ich find’s nicht schlecht. Erst waren wir Geächtete. Jetzt werden wir Piraten. Klingt besser.«
Denn grinste. »Lasst uns darüber sprechen, wie wir die Sache angehen.« Er senkte den Blick und stellte fest, dass sein Glas unerklärlicherweise leer war. Aber die Tamblyn-Brüder füllten es gern.
Ihre Pläne ergaben nicht viel Sinn, aber was ihnen an Logik fehlte, machten die fünf Männer durch Begeisterung wett.
104 RLINDA KETT
Stundenlang raste die Unersättliche Neugier durchs All, den
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