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Gefallene Sonnen

Gefallene Sonnen

Titel: Gefallene Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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beleben.
    Beneto wanderte zwischen den verblüfften Theronen umher, und die Regennässe ließ seine gemaserte Haut viel menschlicher aussehen. »Offenbar haben wir mehr Verbündete, als der Weltwald dachte. Vor langer Zeit waren die Wentals mächtige Feinde der Hydroger. Aber die Hydroger, Faeros und selbst die Verdani hielten sie für ausgestorben.« Seine Züge verhärteten sich. »Und jetzt wissen die Hydroger, dass die Wentals zurück sind.«

124 ANTON COLICOS
    Das All war weit und leer, und ihr Schiff flog ganz allein. Die Leere erstreckte sich in allen Richtungen, und wohin Anton Colicos auch sah: Er hatte das Gefühl, dass sie fielen.
    Er hatte nie auf die Entfernungen zwischen den einzelnen Welten geachtet, erst recht nicht im Ildiranischen Reich. Zusammen mit Erinnerer Vao’sh war er viele Tage mit dem Passagierschiff nach Maratha unterwegs gewesen. Damals hatte ihre Aufmerksamkeit nicht der verstreichenden Zeit gegolten; sie waren viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, sich besser kennen zu lernen.
    Selbst ein unerfahrener Pilot wie Anton konnte mit den automatisierten Systemen des Schiffes umgehen, aber er fürchtete, nicht imstande zu sein, Ildira zu lokalisieren. »Man sollte meinen, dass die sieben Sonnen nicht schwer zu finden sind.« Zum Glück benutzten alle ildiranischen Schiffe den Heimatplaneten als Nullpunkt für die Navigationssysteme, und die fest programmierten Orientierungsroutinen konnten immer den Heimweg finden.
    Anton fragte sich, ob Vao’sh lange genug durchhielt.
    Nach der Flucht aus Secda musste der alte Geschichtenerzähler mit dem Schrecken völliger Isolation fertig werden. Als sie in dem kleinen Schiff zusammensaßen, versuchte Anton immer wieder, ihn in ein Gespräch zu verwickeln.
    »Wir haben jede Menge Zeit.« Er lächelte fröhlich und gab seiner Stimme einen enthusiastischen Klang. »Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen einige Geschichten von der Erde erzähle? Um die Zeit zu vertreiben, um Sie auf andere Gedanken zu bringen… Bis wir auf ein anderes ildiranisches Schiff stoßen oder einen bewohnten Planeten finden.«
    Vao’sh blinzelte benommen. Er wirkte in sich zusammengesunken, als hätte er nicht einmal mehr die Kraft, aufrecht zu sitzen. Seine großen Augen waren trüb und blickten ins Leere. Die sonst so ausdrucksvollen Hautlappen im Gesicht des Ildiraners hatten ihre Farbe verloren.
    »Unsere Situation erinnert mich an die Geschichte von Robinson Crusoe«, sagte Anton. »Ein englischer Autor namens Daniel Defoe hat sie im achtzehnten Jahrhundert geschrieben.« Vao’sh blinzelte erneut, und Anton stellte fest, dass er einen Teil der Aufmerksamkeit des Erinnerers gewonnen hatte. »Crusoe geriet als Schiffbrüchiger auf eine einsame Insel. Lange Zeit lebte er dort allein, bis er einen Eingeborenen traf, den er Freitag nannte. Freitag wurde zu einem guten Freund und treuen Gefährten. Sie verbrachten Jahre auf der Insel und fanden schließlich eine Möglichkeit zur Heimkehr. Klingt nach uns beiden, Vao’sh.«
    Der Erinnerer zitterte, sah seinen Begleiter traurig an und zwang sich, eine Frage zu stellen, um Interesse zu zeigen. »Sind sie gestorben? Was geschah?«
    »Ein Schiff fand sie und nahm sie auf. Crusoe wurde gerettet und konnte seine Geschichte der Welt erzählen.« Anton klopfte dem Ildiraner auf die Schulter. »Und das machen wir ebenfalls, wenn wir zurückgekehrt sind.«
    Anton ging sein Repertoire an Geschichten über einsame Inseln und heldenhafte Schiffbrüchige durch, die mit allen Widrigkeiten fertig wurden: Die geheimnisvolle Insel von Jules Verne, Der Schweizer Robinson von Johann David Wyss und, tragischer, Samuel Taylor Coleridges Der alte Matrose. Doch die Aufmerksamkeit des Erinnerers ließ rasch nach, und Anton fragte sich, ob er alles noch schlimmer machte, indem er Vao’sh erzählte, wie Menschen tapfer eine Einsamkeit überstanden, die für Ildiraner unerträglich sein musste.
    Er änderte seine Taktik und erzählte humorvolle Anekdoten, kluge Fabeln und absurde Parabeln. Immer wieder dachte er an die anderen Ildiraner, die auf Maratha gestorben waren. Er erklärte den menschlichen Zustand der Agoraphobie, die Angst davor, unter vielen Leuten auf offenen Plätzen zu sein. So etwas konnte sich Vao’sh kaum vorstellen. Ildiraner litten genau am Gegenteil.
    Während des Flugs durch die Leere sendete ihr Schiff einen Notruf, und Anton hoffte, dass bald jemand kam und sie rettete. Er wusste nicht, ob sie sich in der Nähe einer

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