Gefallene Sonnen
Flaggschiffs stöhnte Zan’nh. Vor nicht langer Zeit hatte er viele Tode auf Hrel-oro ertragen müssen, Opfer der Hydroger. Aber nun hatten Ildiraner all jene Soldaten getötet. Ildiraner! Nach zehntausend Jahren Geschichte war eine solche Vorstellung einfach unfassbar.
»Adar!«, rief einer der Brückenoffiziere. »Bitte sorgen Sie dafür, dass er aufhört!«
»Wieder sind drei Minuten verstrichen«, verkündete der irre Designierte höhnisch. Noch bevor Zan’nh den Blick zum Schirm hob, hatten die Vergnügungsgefährtinnen eine weitere Geisel getötet, und warmes Blut spritzte ins mentale Netz des Adar. Die geistigen Schreie erklangen weiterhin, ließen ihm keine Ruhe. Es gelang Zan’nh nicht, sein inneres Gleichgewicht wiederzufinden und eine Entscheidung zu treffen. Dies war zu viel für ihn, und es ging alles zu schnell. Er glaubte zu ersticken.
Aber er war der Adar der Solaren Marine. Er durfte nicht zulassen, dass diesem wahnsinnigen und rebellischen Designierten ein Manipel aus Kriegsschiffen in die Hände fiel. Er durfte nicht…
Thor’h meldete sich von der Brücke des gekaperten Kriegsschiffs. »Meine Waffensysteme sind einsatzbereit, Imperator Rusa’h. Soll ich die Zielerfassung auf ein zweites Schiff richten? Auch mit fünfundvierzig Schiffen steht uns eine große Streitmacht zur Verfügung. Oder auch mit nur vierzig, wenn der Adar nicht zur Vernunft kommt.«
»Du kannst ein weiteres Kriegsschiff vernichten, wenn das notwendig wird, Thor’h«, antwortete ihm Rusa’h vom Hangar des Flaggschiffs. »Nun, Adar? Tausende von Leben liegen in deiner Hand – ganz gleich, ob Thor’h auf ein weiteres Schiff feuert oder ob du die Zerstörung seines Schiffes befiehlst. Tausende von Leben.«
Rusa’h wandte sich mit heiserer Stimme an alle Kommandanten. »Ausweichmanöver, alle Schiffe! Halten Sie sich von Thor’hs Schiff fern. Schilde auf maximale Energie.«
Thor’h lachte leise. »Das nützt nichts, Bruder. Du weißt nicht, auf welches Schiff ich die Zielerfassung richte, und diese verstärkten Waffen sind dazu bestimmt, die Hüllen von Hydroger-Kugeln aufzubrechen. Sie sollten in der Lage sein, eure Schilde zu durchdringen.«
Im Korridor vor dem Hangar arbeiteten Techniker noch immer daran, die Tür aufzuschweißen. Zan’nh fragte nach dem aktuellen Stand der Dinge. »Noch mindestens vierzig Minuten, Adar.«
Er glaubte zu spüren, wie sich an seinem Hals etwas zusammenzog. Vierzig Minuten boten Rusa’h genug Zeit, mehr als ein Dutzend weitere Gefangene zu töten, und Thor’h konnte gleich mehrere Kriegsschiffe zerstören – es sei denn, Zan’nh befahl die Vernichtung seines Schiffes, was für tausende von unschuldigen Besatzungsmitgliedern den Tod bedeutete… Und selbst wenn es gelang, die Tür zum Hangar zu öffnen – die Rebellen des Designierten würden sich zur Wehr setzen, was den Tod weiterer Soldaten und Geiseln bedeutete.
Noch mehr Blut, immer mehr! Dies war völlig inakzeptabel. Gewann er mehr Zeit für einen Plan, wenn er nachgab? Er konnte nicht sicher sein.
»Bringt mir das nächste Opfer«, sagte Rusa’h mit einem enttäuschten Seufzen. »Und Thor’h… Bereite dich darauf vor, ein weiteres Kriegsschiff zu zerstören. Noch mehr Tote auf deinem Gewissen, Adar. Stell dir vor, wie man deiner in der Saga der Sieben Sonnen gedenken wird.«
»Hör auf!«, heulte Zan’nh. »Wenn ich… wenn ich vorerst nachgebe… Schwörst du, dass du keine weiteren Angehörigen meiner Crew tötest? Und dass Thor’h nicht das Feuer auf ein anderes Schiff eröffnet?«
»Ich habe nie jemanden töten wollen, Adar«, erwiderte Rusa’h und gab sich wie die Vernunft selbst. »Welch eine dumme Vergeudung. Aber ich brauche deine Solare Marine für meine eigenen Zwecke. Ich bin nur deshalb zu drastischen Maßnahmen gezwungen, weil die Umstände deine Kooperation erfordern.«
Zan’nh hatte den Designierten dazu gebracht, länger zu warten als die üblichen drei Minuten. Rusa’h bemerkte das ebenfalls und drehte sich zu den Vergnügungsgefährtinnen um. »Tötet eine weitere Geisel. Und lasst den Schmerz diesmal länger andauern, wenn ihr könnt. Vielleicht ist dies das letzte Opfer. Unser Adar muss lernen, seine Entscheidungen schneller zu treffen.«
Die Kristalldolche wurden gehoben. Eine Protokolloffizierin blickte mit zorniger Resignation zu den beiden Frauen auf. Eine von ihnen packte ihr Haar und zwang den Kopf nach hinten, um die Kehle zu entblößen.
»Ich gebe nach!«, rief Zan’nh.
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