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Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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Brüstung. Er sah so wütend aus, dass sogar Alexei überrascht war. Seine Schultern bebten, seine Augenfarbe hatte sich in zorniges Rot verändert und als er fauchte und seine Fangzähne zeigte, zuckten Adriana und Razvan zusammen. Er sah aus, als wollte er jeden Moment über die beiden herfallen und sie in Stücke reißen.
    „Was soll das? Schweigt!“
    Adriana wollte etwas sagen, doch eine Handbewegung Serbans brachte sie zum Schweigen.
    „Ich habe zugestimmt, das Gedächtnis des jungen Mannes zu löschen, er hatte wichtige Unterlagen bei sich. Ist irgendetwas unklar?“
    Alexei blickte hinauf und beobachtete das Mienenspiel seines Vaters. Als Oberhaupt dieser Familie hatte jeder großen Respekt vor ihm und beachtete seine Anweisungen. Er konnte herrisch sein, doch war er stets gerecht. Jetzt jedoch duldete er keinerlei Widerspruch. Noch nie hatte Alexei ihn so rasend gesehen.
    Adriana wandte ihr Gesicht ab und rümpfte die Nase. Razvan schüttelte den Kopf, mit Genugtuung stellte Alexei fest, wie unangenehm ihm die Zurechtweisung war.
    „Geht mir aus den Augen“, zischte Serban, worauf Adriana ihren Sohn am Arm packte und ihn mit sich zog.
    Alexei schritt langsam die Stufen hinauf, während ihn sein Vater musterte. Das Rot in seinen Pupillen normalisierte sich, bald funkelten sie wieder wie dunkles Wasser.
    „Ich hätte mich schon selber verteidigen können, Vater. Ich bin kein Kind mehr.“
    Der harte Ausdruck aus Serbans Gesicht verschwand und wich einem überraschten Zusammenziehen der Augenbrauen. „Etwas mehr Dankbarkeit hätte ich schon erwartet, Sohn. Schließlich habe ich deinetwegen eine alte Tradition, eine Regel gebrochen.“
    „Du bist das Oberhaupt der Familie, Vater, du kannst Regeln brechen und verändern, wann du willst. Und unsere Traditionen sind längst veraltet, wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert.“
    Auf Serbans Mundwinkel zeichnete sich ein Lächeln ab, das breiter wurde und zu einem Grinsen anschwoll. Er legte eine Hand auf Alexeis Schulter. „Wenn du das sagst. Aber so einfach ist es leider nicht.“
    Alexei erwiderte das Lächeln zögernd, dann wurde er ernst. „Was meinte Adriana damit, besonders ich hätte genug Erfahrung mit dem Gedächtnis verändern? Doch nicht mehr als ihr, oder?“
    Serban starrte rasch auf den Boden, als wäre der Teppich plötzlich besonders interessant. „Kümmere dich nicht um sie. Sie weiß nicht, was sie sagt. Der Tag bricht bald an, wir sollten uns zurückziehen.“
    Alexei wunderte sich über das merkwürdige Verhalten seines Vaters, wusste jedoch, dass heute nicht mehr mit ihm zu reden war. Er gab sich geschlagen und nickte. Serban klopfte ihm auf die Schulter und wandte sich ab. Alexei blickte auf seine Armbanduhr. Es war halb fünf, langsam begann der Morgen zu dämmern. In seinem Zimmer streifte er sich die Schuhe von den Füßen, zog die schweren Brokatvorhänge zu und knipste die kleine Lampe auf dem Nachttisch an. Er legte sich auf das Bett, schloss die Augen und dachte über Leon Bergmann nach, der ihm seit gestern nicht mehr aus dem Kopf ging. Irgendwann musste Alexei eingeschlafen sein, wirre Bilderfetzen beherrschten seine Träume.
     
    Es war ein strahlender Sonnentag, Alexei befand sich wieder in dem Park. Ohne seine Sonnenbrille konnte er in den blauen Himmel sehen und bestaunte die saftig-grünen Wiesen und die bunte Blumenpracht im grellen Tageslicht. Er spürte keine Schmerzen auf der Haut, kein Brennen in den Augen. Alexei vernahm lediglich etwas, das seinen gesamten Körper und seinen Geist in Besitz nahm. Ein überwältigendes Gefühl, das die Menschen wohl als Glück bezeichneten. Der Duft von Kokos und Orangen erfüllte Alexeis Nase. Im nächsten Moment griff eine warme Hand nach seiner, Alexei wirbelte herum.
    „Leon.“
    Leon lächelte und zog Alexei in seine Arme. Alexei konnte seinen warmen, schlanken Körper spüren, der sich an seinen schmiegte, fühlte den heißen, menschlichen Atem an seiner Wange.
    „Alexei.“
    Sein Name hörte sich aus Leons Mund an, wie die schönste Melodie. Alexei verspürte den unbändigen Drang, ihn zu küssen und seufzte wohlig auf, als Leon sanft seinen Rücken streichelte. Alexei hob seine Hand und schob die Finger in Leons dichtes, schwarzes Haar. Es fühlte sich an wie Seide. Während sie so dastanden, durchflutete Alexei ein wahrer Rausch von Emotionen, er wollte den Traum für immer festhalten.
    Doch plötzlich löste sich Leon aus Alexeis Umarmung und wich zurück. Alexei

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