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Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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Mann und der Frau, ich sah all das Blut und stöhnte gequält auf.
    „Alles in Ordnung mit Ihnen?“
    Als es vorbei war, öffnete ich die Augen, nahm die Hände von den Schläfen und blickte in das besorgte Gesicht unserer Sekretärin „Sie sehen übermüdet aus, Sie sollten sich einen Tag frei nehmen.“
    Ich schüttelte den Kopf. „Nein, mir geht es gut, war nur eine kurze Nacht.“ Ich nahm meine Tasche und wandte mich zum Gehen. „Hätten sie ein Aspirin für mich?“
    „Natürlich. Ich bringe es Ihnen sofort. Vergessen Sie nicht, dass Sie heute Mittag mit Dr. Mertens verabredet sind.“ Frau Gröbner blickte mich an, als könne ich nicht mal mehr alleine über die Straße gehen.
    „Nein, vergesse ich nicht, danke.“
     
    Nachdem ich die Unterlagen in Vaters Zimmer abgelegt hatte, ließ ich mich in meinem Büro in den Sessel am Schreibtisch fallen und blickte aus dem Fenster hinaus auf die Straße. Der dumpfe Kopfschmerz war noch immer da, und ich verspürte seltsame, innere Unruhe. Einen Moment sah ich dem bunten Treiben draußen zu und versuchte, irgendwelche Schwingungen zu empfangen. Der Abend gestern war so seltsam verlaufen. Ich erinnerte mich noch, dass es unmöglich war, Serban Grigorescus Gedanken zu lesen. Er war also, wie sein Sohn auch, ein Mentalist. Dessen war ich mir ganz sicher. Aber seinen Geist hatte er nicht vor mir verschlossen, so etwas spürte ich. Es war irgendetwas anderes.
    Langsam zweifelte ich an meinen telepathischen Fähigkeiten, während ich einen Jungen beobachtete, der die Strasse überqueren wollte. Ich rieb meine schmerzenden Schläfen und versuchte, mich zu konzentrieren.
    Der Junge blickte zur Ampel und trippelte von einem Bein auf das andere. Seine Gedanken schwirrten um seinen ersten Schultag, den er nach ihrem Umzug von Frankfurt hierher nach Berlin bestreiten musste. Ich spürte seine Nervosität so deutlich, dass ich Herzklopfen bekam. Als die Ampel auf grün sprang, rannte er los und es dauerte nicht mehr lange, bis die Verbindung abriss.
    Die Signale waren also so deutlich wie eh und je. Ich seufzte erleichtert auf und fuhr mit beiden Händen durch meine Haare. In diesem Augenblick klopfte es an der Tür.
    Vater grüßte mich gut gelaunt. In einer Hand hielt er ein Glas Wasser, in der ein sich auflösendes Aspirin sprudelte und in der anderen einige Papiere.
    „Morgen, Leon! Ich danke dir für die Unterlagen.“ Er trat zu mir ans Fenster und reichte mir das Wasserglas. „Geht es dir nicht gut? Frau Gröbner sagte, du wirkst müde und zerstreut. Der Kaffee kommt gleich.“
    „Guten Morgen, Paps. Doch mir geht’s gut, keine Sorge. Nur ein bisschen Kopfschmerzen. Na, wie ist dein Termin gestern verlaufen?“
    „Ganz gut. Ich habe ein tolles Grundstück am nördlichen Stadtrand an der Angel, es ist so gut wie gekauft, ich warte nur noch auf ein paar Dokumente. Den ersten Interessenten habe ich auch schon, er will eine Wohnanlage darauf bauen. Mal sehen, ich hab heut Mittag einen Termin deswegen. Wie war es gestern Abend? Die Grigorescus müssen in einer Villa leben. Wie ist Grigorescu Senior?“
    Ich leerte das Glas in einem Zug, setzte mich und startete meinen Rechner. „Ein komischer Kauz, wenn du mich fragst. Total abgedreht.“
    Vater setzte sich auf die Kante meines Schreibtisches und sah mich fragend an. „Wie meinst du das?“
    „Bei denen sieht es aus, wie in einer alten Burg. Grigorescu Senior … den müsstest du sehen. Der sieht aus, wie ein Statist aus einem billigen Draculafilm. Er hat die ganze Zeit über auf meinen Hals gestarrt und wollte mich zwingen, zum Essen zu bleiben. Er hat nicht locker gelassen.“
    „Was?“ Vater sah mich verständnislos an.
    „Alexei hat mir nachher erzählt, dass er wohl seit dem Tod seiner Frau etwas …“ Ich vollführte kreisende Bewegungen vor meinem Gesicht, „… meschugge ist. Aber ich habe die beiden am Wochenende zur Wohltätigkeitsveranstaltung eingeladen, ich hoffe es ist dir recht.“
    „Natürlich ist es mir recht, ich bin gespannt. Ich muss jetzt los, ich bin fast den ganzen Tag unterwegs, wir telefonieren später, in Ordnung?“
    „Okay. Ich treffe mich heute Mittag mit Tom zum Essen.“
    „Sag ihm schöne Grüße von mir.“

***
     
    „Soll ich dir noch ein Wasser bringen?“
    Tom schrak auf und sah in das sommersprossige Gesicht von Diana, der Bedienung im Plaza.
    „Ähm … ja, danke Diana. Bring bitte für Leon eine Cola light, er hat mich gerade angerufen und müsste jeden Moment da

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