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Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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Bier aufgemacht und war vor dem Fernseher eingeschlafen. So etwas passierte mir normalerweise nur am Wochenende, aber nicht, wenn ich am nächsten Tag zur Arbeit musste. Ich wusste nicht, woran es lag, aber ich fühlte mich irgendwie eigenartig … als hätte ich etwas Wichtiges vergessen. Ich seifte mich ein, wusch den Schaum aus meinen Haaren und von meinem Körper und stieg aus der Dusche.
    Mein Schädel fühlte sich an, als würde jemand mit einem Vorschlaghammer darauf einschlagen. Auf dem Wohnzimmertisch stand nur eine Flasche Bier, davon konnte es mir nicht so schlecht gehen. Vielleicht wurde ich krank.
    Nachdem ich mir die Zähne geputzt und mich geföhnt hatte, schnappte ich mir das Haarwachs und wollte mein Haar bändigen, als ich in meinem Kopf plötzlich eine Stimme hörte: Geht es dir gut? Ich mache mir Sorgen.
    Zugleich überfiel mich eine Vision. Ein Mann und eine Frau auf einem Sofa, die sich küssten. Als der Mann den Kuss löste und mich ansah, erkannte ich in seinen roten Augen das wahrhaftig Böse. An seinen Lippen haftete Blut, Fänge blitzten dazwischen hervor.
    Vor Schreck entglitt mir der Tiegel mit dem Haarwachs und fiel scheppernd auf die Fliesen.
    „Was zum Teufel … ?“
    Einen Moment starrte ich benommen auf mein Spiegelbild, mein Herz donnerte wie der Hufschlag eines Rennpferdes. Ich bückte mich, um das Haarwachs aufzuheben. Ich war es ja gewohnt, ganz plötzlich Schwingungen zu empfangen und Gedanken mitzuhören, wenn ich in unmittelbarer Nähe jemandem mit starken Empfindungen ausgesetzt war und mich nicht rechtzeitig abschirmte. Doch Visionen in dieser intensiven Form hatte ich noch nie erlebt. Obwohl mich das beunruhigte und verwirrte, hatte ich keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, denn mein Terminkalender war voll, und ich musste mich beeilen. Hektisch schlüpfte ich in ein weißes Hemd, zog den dunkelgrauen Armani-Anzug an und band mir eine violette Krawatte um. Wieder einmal war an Frühstück nicht zu denken, und so schlang ich auf dem Weg zu meinem Wagen einen Doppelkeks hinunter. Ich liebte diese schmierigen Schokodinger. Zwar landete meistens ein Teil davon auf meiner Krawatte, aber so hatte ich wenigstens einen Grund diesen nutzlosen Stofffetzen abzunehmen.

***
     
    Trotz der Sonnenbrille brannten Alexeis Augen und seine Haut, als er hinaus in die Morgensonne trat. Er stieg in seinen Wagen und fuhr zu Leon. Es war wie ein Zwang, er konnte nichts dagegen tun. Alexei musste sich vergewissern, dass es ihm gut ging. Er parkte etwas abseits, in der Angst, Leon würde seinen Wagen wiedererkennen. Alexeis Herz begann wild zu klopfen und schien sich bald zu überschlagen, je länger er hinter den verdunkelten Scheiben des Audis den Hauseingang beobachtete. Als nach einer Weile die Tür aufschwang und Leon gehetzt das Haus verließ, wollte Alexei am liebsten hinausspringen. Er verspürte den unbändigen Drang, Leon beschützen zu müssen, auch wenn er da draußen gegrillt werden würde. Leon sah verschlafen und müde aus, doch schön wie immer. Er hastete zu seinem Auto, öffnete die Wagentür und warf seine Aktentasche auf den Beifahrersitz. In seinem grauen Anzug sah er umwerfend aus, sein dunkles Haar glänzte wie Seide. Ein Grinsen zuckte um Alexeis Mundwinkel, als Leon einen Keks zwischen seine Zähne klemmte und hinter dem Lenkrad Platz nahm.
    Alexei startete den Motor und folgte dem Duft von Kokos und Orangen. Wie er Leons Duft liebte. Aus unerfindlichem Grund beschäftigte Alexei die Befürchtung, dass die Manipulation von Leons Gedächtnis nicht vollständig gelungen war. Es war reine Vermutung, doch es beunruhigte ihn. Das Brennen in Alexeis Augen und auf seiner Haut machte ihn fast wahnsinnig. Trotz der getönten Scheiben brannte sich das Tageslicht wie Säure allmählich bis in seine Eingeweide. Er musste zurück.
    Alexei hasste es. Er hasste sein verdammtes Dasein in ewiger Dunkelheit.

***
     
    Frau Gröbner musterte mich kopfschüttelnd. „Meine Güte, Herr Bergmann! Sie sehen aber gar nicht ausgeschlafen aus. Ich bring ihnen gleich einen starken Kaffee.“
    Ich lachte gequält auf und zuckte mit den Schultern. „Ein Kaffee wäre wundervoll. Ich hab verschlafen. Ist mein Vater schon da?“
    „Nein, er hat vorhin angerufen, dass er etwas später kommt. Sie sollen ihm die Unterlagen bitte auf den Schreibtisch legen.“
    Ich stellte meine Tasche auf der Theke ab. In diesem Moment hörte ich es wieder: Geht es dir gut?
    Erneut überfiel mich die Vision von dem

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