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Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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dem Anblick der Sonne, die ihre Strahlen aussenden und ihn wärmen würde. Für ein Geschöpf der Nacht war dies mehr als ungewöhnlich, doch was würde er dafür geben, sie nur einmal sehen zu können, in ihrer ganzen Schönheit, ihrem hellen, gleißenden Licht. Es musste so sein wie in seinen Träumen, nur noch schöner.
    So schön wie … wie …
    „Leon“, wisperte Alexei in die Stille. Ein seltsames Gefühl breitete sich in ihm aus. Es war angenehm, doch zugleich beängstigend, weil es etwas war, das er nicht steuern konnte. Es war nicht nur Leons menschliche Schönheit oder sein selbstbewusstes Wesen, das Alexei so faszinierte. Irgendetwas anderes war da noch, das sie aneinander band, ihn regelrecht süchtig nach Leon machte.
    Als er zurückkehrte, erwartete ihn Razvan bereits. Sein Cousin stand auf der untersten Stufe der Treppe in der Eingangshalle, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und warf ihm einen verächtlichen Blick zu.
    „Was bist du nur für ein erbärmlicher Waschlappen?“ Razvan spuckte aus, seine Lippen kräuselten sich zu einem spöttischen Grinsen. Seit Alexei denken konnte, hatte ihn sein älterer Cousin gehasst. Razvan war arrogant und selbstverliebt. Eifersucht hatte ihn verbittert. Eifersucht auf die schon fast krankhafte Liebe und Fürsorge, mit der Serban Alexei überschüttete. Razvans Vater war damals bei dem Feuer, bei dem auch Alexeis Mutter starb, ums Leben gekommen. Serban hätte Razvan vielleicht so etwas wie ein Vaterersatz sein sollen, doch er hatte sich überwiegend auf Alexei konzentriert.
    Alexei hatte keine Lust auf eine erneute Auseinandersetzung und schritt an ihm vorbei, die Stufen hinauf.
    „Vergiss es, Razvan, für heute ist es genug, meinst du nicht?“
    Razvan fauchte auf, riss Alexei am Arm zurück und hielt ihn fest. In seinen schwarzen Augen funkelten Abscheu und Wut, sie färbten sich langsam rot.
    „Es ist noch lange nicht genug! Was ist mit diesem Typen? Hast du ihn ausgesaugt und es ihm noch anständig besorgt? Wenn nicht, könnte ich das für dich übernehmen. Er sieht wirklich zum Anbeißen aus.“ Razvan fletschte seine Fänge und lachte überheblich.
    Alexei merkte, wie das Blut in seinem Körper zu kochen begann und ballte die Fäuste so fest, dass sich seine Fingernägel in die Handflächen bohrten. Dann holte er aus und schlug Razvan so hart gegen die Brust, dass ihn die Wucht des Schlages rückwärts über das Geländer beförderte. Im selben Moment bereute Alexei sein Handeln, das mehr über seine Gefühle verraten hatte, als ihm lieb war.
    Ein Mensch wäre bewusstlos liegen geblieben, doch Razvan sprang mit einem Satz auf die Beine und stürzte sich wutentbrannt auf Alexei. Seine Reißzähne wollten sich gerade in Alexeis Schulter bohren, als eine herrische Stimme erklang: „Aufhören! Sofort aufhören!“
    Alexei und Razvan hielten inne und sahen auf. Auf der obersten Stufe stand Razvans Mutter. Ihre silbergrauen Augen hatten etwas Böses, mit unergründlichem Blick fixierte sie Alexei.
    „Was zum Teufel ist hier los?“
    Gleich einer Königin schritt sie die Stufen herab. Ihr leicht ergrautes Haar hatte sie streng zurückgebunden, ihr Gesicht war schmal und weiß. Adriana hatte etwas von einer Schlange, hinterlistig und lauernd. Gekleidet war sie in einem langen Kleid aus einem schweren, dunkelgrünen Stoff, das hinten einen aufgestellten Kragen hatte und vorne am Ausschnitt mit goldenen Borten verziert war.
    „Mutter!“ Razvan fuhr sich durch das lange Haar. Er riss sich von Alexei los, richtete seinen Hemdkragen und erhob sich. Mit schnellen Schritten war er bei ihr.
    „Dieser Verräter hat einen Menschen gehen lassen, obwohl er gesehen hat, was wir sind!“
    Adriana durchbohrte Alexei mit ihren grünen Augen und wollte ihren Mund aufmachen, um zu sprechen, doch Alexei schnitt ihr das Wort ab.
    „Du hast doch keine Ahnung, wovon du sprichst, Razvan. Er ist ein Geschäftspartner. Vater war einverstanden, dass ich in diesem Fall sein Gedächtnis lösche, er wird sich an nichts mehr erinnern können.“
    Adriana stützte die Hände in die Seiten, legte den Kopf in den Nacken und lachte hämisch. Dann sah sie Alexei an, in ihrem Blick lag pure Verachtung.
    „Besonders du solltest ja genügend Erfahrung damit haben“, bemerkte sie und wechselte einen bizarren Blick mit Razvan. „Du bist eine Schande für unser Dasein, Alexei. Einen Menschen zu töten sollte nichts bedeuten.“
    „Adriana! Razvan!“ Serban stand plötzlich an der

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