Gefangen im Zwielicht
Atemmaske ab und legte meine Lippen auf seinen schönen, samtenen Mund, der mich so oft leidenschaftlich, zärtlich und verschlingend geküsst hatte.
Es blieb nicht mehr viel Zeit, denn wenn in einigen Stunden die Sonne aufging, war Alexei verloren. Meine Augen suchten und fanden, was ich brauchte. Ich nahm die Verbandschere vom Nachttisch, setzte die Klinge an meinem Unterarm an und drückte sie so fest ich konnte in mein Fleisch.
Der brennende Schmerz ließ mich kurz innehalten, doch ich war fest entschlossen. Nichts konnte mich davon abhalten, Alexei zurückzuholen. Dunkelrot quoll mein Blut hervor, als ich einen tiefen Schnitt setzte. Ich schob die Finger zwischen Alexeis Lippen und Zähne, öffnete seinen Mund ein wenig und ließ mein Leben in ihn hineinfließen.
Zuerst geschah nichts und ich verzweifelte von Sekunde zu Sekunde mehr. Mein Blut benetzte seine Lippen und floss seine Mundwinkel herab.
„Du musst trinken, Alexei … bitte trink mein Blut“, flehte ich ihn leise an, wiederholte diese Worte wie ein Mantra.
Und dann geschah, womit ich schon nicht mehr gerechnet hatte: Alexei fing an, schneller zu atmen und leckte das Blut von seinen Lippen. Er öffnete die Augen so jäh und unerwartet, dass ich zusammenzuckte und einen Schrei unterdrückte. Die Pupillen waren geweitet und schwarz. Er öffnete den Mund und tat einen tiefen, geräuschvollen Atemzug. Seine Fänge blitzten weiß auf, er wirkte noch etwas desorientiert. Ich konnte nicht anders, als erleichtert aufzuschluchzen.
Leon … Alexeis geliebte Stimme hallte in meinem Kopf wieder.
Trink …, sandte ich ihm meine stumme Bitte. Du musst trinken.
Er zögerte einen Moment, doch dann griff er nach meinem blutenden Arm und presste seine Lippen dagegen. Er schluckte gierig, ich konnte spüren, wie das Leben und die Kraft in ihn zurückkehrten. Ich fühlte keine Schmerzen. Wie in Trance zerrte ich mit einer Hand an meinem Hemd und legte meinen Hals frei.
„Trink von meiner Kehle“, keuchte ich zittrig.
Alexei hielt inne und sah mich benommen an. Dann leckte er über meinen Unterarm, um die Blutung zu stoppen. Mühelos riss er sich sämtliche Infusionen und Schläuche heraus, packte mich im Nacken und versenkte seine Fänge in meiner Kehle. Ich stieß einen heiseren Schrei aus und vergrub meine Finger in seinem weichen Haar. Es war überwältigend, wie das Blut aus meinem in seinen Körper strömte … ich war mit ihm verbunden … war in ihm. Aber rascher, als ich befürchtet hatte, wurde ich schwächer. Es war ganz anders, als bei Razvans erstem Biss. Ich spürte mich dem Tode nähern und hatte trotzdem keine Angst. Als meine Kräfte am Ende waren und ich auf ihm zusammenbrach, ließ er entsetzt von mir ab.
„Leon! Was … nein, nein, nein … bitte nicht … was ist mit dir?“
Alexei legte mich auf den Rücken, beugte sich über mich und verschloss meine Wunde mit seinem Speichel. „Das kann nicht sein … was habe ich getan?“, keuchte er erstickt. Tränen aus Blut traten aus seinen Augen und fielen auf mein Gesicht. Ich war überwältigt von meinen Gefühlen zu ihm.
„Razvan … er … hat mich gebissen …“, wisperte ich schwach. „Ich … hätte es dir sagen … sollen.“
Alexei riss die Augen auf und stieß einen Fluch aus.
„Was? Wann? Warum hast du mir nichts davon erzählt, du Dummkopf?“
„Ich …weiß es nicht. Ich hatte Angst.“
Alexei schluchzte trocken auf. „Du bist ja wahnsinnig!“
„Wahnsinnig … verrückt nach dir“, erwiderte ich schwach. „Und nun … gib mir endlich dein Blut, oder willst du mich … hier verrecken lassen?“
Alexei biss sich ohne zu zögern in das Handgelenk und hielt es mir an die Lippen. Zuerst war der metallene Geschmack seines Blutes ungewohnt und eigenartig, doch schnell merkte ich, dass ich es dringend brauchte. Ich griff nach seinem Arm, presste meinen Mund gegen die blutende Wunde und begann gierig zu schlucken.
Kapitel 19
Ich starb und wurde geboren in ein und demselben Moment. Mein Körper und meine Seele wurden von einer Welle der Emotionen erfasst, die mir Tränen in die Augen trieben. Ich verspürte Schmerz … physischen, sowie psychischen. Ich konnte nichts mehr sehen. Mein ganzer Leib bebte, während mich Alexei in seinen starken Armen hielt und ich von ihm trank. Ich war wie im Rausch, mein Puls donnerte in meinem Kopf, in meinen Ohren brodelte es und mir war schwindelig. Es war, als wollte etwas aus meinem Körper ausbrechen und zugleich etwas
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