Gefangen in der Wildnis
Kriegsveteran, so was ist immer werbewirksam. Ihr habt zusammen einen Flugzeugabsturz überlebt und unglaubliche Entbehrungen in der kanadischen Wildnis ausgehalten, bevor ihr gerettet wurdet. So etwas macht sich auch gut, das hat Dramatik, die sich vermarkten lässt. Die Käufer werden die Geschichte nur so verschlingen."
Für jeden, einschließlich ihres Vaters, schienen der Absturz und die lebensbedrohlichen Situationen, denen sie ausgesetzt war, ein einziges großes Abenteuer zu sein. Ein Melodram, in den Hauptrollen Cooper Landry und Rusty Carlson.
Carlson war zu sehr mit seinen Plänen beschäftigt, um Rustys ablehnende Reaktion zu bemerken. „Ich könnte ein paar Anrufe machen. Bis morgen hätte ich eine Gruppe Investoren zusammen, die sich darum reißen würden, in dieser Gegend Eigentumswohnungen zu bauen. In Rogers Gap gibt es sogar einen Skilift, aber der ist nicht mehr auf dem neusten Stand. Wir werden ihn modernisieren lassen und dann um ihn herum bauen. Natürlich würden wir Landry beteiligen. Das würde die Dinge mit den anderen Ortsansässigen sicher leichter machen. Er mischt sich nicht gern unters Volk, aber man hat mir berichtet, dass er da unten ziemlich viel Einfluss besitzt. Offensichtlich hat er sich dort einen Namen gemacht. Sobald die Bauphase beginnt, kannst du die Wohnungen schon verkaufen. Das bringt uns Millionen ein."
Ihre Einwände gegen seinen Vorschlag waren zu zahlreich, sodass sie es gar nicht erst versuchte, sie vorzubringen. Sie musste diese Idee im Keim ersticken. „Vater, vielleicht hast du es vorhin nicht richtig verstanden. Mr. Landry ist nicht daran interessiert, Profit zu machen." Sie hielt die beiden Hälften des Schecks vor sein Gesicht. „Geld durch ein Immobiliengeschäft zu verdienen ist für ihn ein Unding. Er liebt das Land so, wie es ist. Er will, dass es unberührt bleibt. Er will keine Landschaftsentwickler dort oben. Er liebt es, wie die Natur die Landschaft dort entwickelt hat."
„Jeder Mann ist käuflich, Rusty", meinte Carlson trocken.
„Nicht Cooper Landry."
Er streichelte ihre Wange. „Deine Naivität ist so charmant, Liebes."
Das Funkeln in seinen Augen kannte sie. Es war alarmierend. Es bedeutete, dass er in den Startlöchern stand, um mal wieder einen wirklich großen Deal zu machen. In dem Schwärm kapitalistischer Markthaie war ihr Vater der mit den schärfsten Zähnen. Rusty griff nach seiner Hand und drückte sie. „Versprich mir, hörst du, versprich mir, dass du es nicht tun wirst. Du kennst ihn nicht."
„Aber du schon?" Das Funkeln in seinen Augen erlosch, er kniff sie argwöhnisch zusammen. Langsam ließ
Rusty seine Hand los. Er wich unwillkürlich zurück, so als hätte sie eine ansteckende Krankheit. „Ich habe dir bewusst keine Fragen gestellt, Rusty, die dir peinlich sein könnten. Ich wollte uns beiden das ersparen. Aber ich bin nicht blind. Landry ist ja schon fast das Klischee des Machos. Er ist der Typ, der Frauen unweigerlich dazu verleitet, sich einzubilden, die Einzige zu sein, die ihn zähmen kann." Er fasste sie am Kinn und sah ihr in die Augen. „Du bist doch viel zu intelligent, um auf ein Paar breiter Schultern und eine brütende Miene hereinzufallen. Ich kann nur hoffen, dass du keine gefühlsmäßige Bindung zu diesem Mann entwickelt hast. Das wäre nämlich wirklich bedauernswert."
Ohne es zu wissen, hatte ihr Vater Coopers Theorie bestätigt - dass ihre Gefühle nur von der erzwungenen gegenseitigen Abhängigkeit herrührten. „Unter den Umständen wäre es doch durchaus normal, eine Bindung zu entwickeln, oder nicht?"
„Ja, aber die Umstände haben sich wieder geändert. Du bist nicht mehr allein mit Landry in der Wildnis, du bist zu Hause. Du hast ein Leben, das du dir nicht durch unrealistische Schwärmereien verbauen solltest. Was immer da draußen auch passiert ist", er deutete mit dem Kopf zum Fenster, „ist vorbei und sollte so schnell wie möglich vergessen werden."
Cooper hatte praktisch das Gleiche gesagt. Aber es war nicht vorbei. Noch lange nicht. Und es konnte nicht einfach so vergessen werden. Was sie für Cooper fühlte, würde nicht schwächer werden. Sie hatte keine psychologische Abhängigkeit zu ihm entwickelt, die Schritt für
Schritt verschwinden würde, sobald sie ihr normales Leben wieder aufnahm.
Sie hatte sich verliebt. Cooper war nicht länger nur ihr Beschützer und Versorger, sondern etwas viel Wichtigeres. Er war der Mann, den sie liebte. Ob sie zusammen waren oder
Weitere Kostenlose Bücher