Gefangene deiner Dunkelheit
versprichst es mir?«
»Absolut. Ich gebe dir mein Wort, und das habe ich in all den Jahrhunderten meiner Existenz noch nie gebrochen.« Er streckte ihr seine Hand hin. »Es tut mir leid, dass ich nicht verstehen kann, was du durchmachst.« Würde sie ihm ihr Bewusstsein öffnen, könnte er ihre Emotionen spüren und sie nicht nur sehen, doch sie gab ihren geistigen Widerstand nicht auf.
Sie sah sich um. »Ich weiß nicht, wie ich hierhergekommen bin«, sagte sie und blickte zu dem Blätterdach der Bäume auf. Sie konnte nicht einmal die Terrasse sehen, die er errichtet hatte. »Wie habe ich das gemacht, Manolito?«
Er hielt ihr noch immer seine Hand hin. Die Blätter in den Bäumen über ihnen raschelten. Schatten regten sich. Manolito trat noch einen Schritt näher zu MaryAnn. Endlich legte sie ihre Hand in seine, und er zog sie in die Arme und erhob sich mit ihr in die Lüfte, um sie zu der geschützten kleinen Terrasse zurückzutragen, die er für sie erschaffen hatte. Sie stand auf der Plattform, ihre Arme um seinen Nacken, ihr Gesicht an seiner Schulter, und zitterte vor Schreck über die Wahrheit.
»Die Wahrheit«, murmelte er sanft.
MaryAnn entzog sich ihm abrupt. Sie wusste, dass es die Wahrheit war. Sie war dieses Kind gewesen, das jemand durch den Wald verfolgt und fast getötet hätte. Ihre Eltern hatten ihr jahrelang die Wahrheit vorenthalten. Ihre Welt war bis in ihre Grundfesten erschüttert, und sie musste einen Weg finden, das wachsende ... Etwas in ihr zu bezähmen, um verarbeiten zu können, was geschah, aber sie wollte Manolito auch nicht die ganze Wahrheit ihres Lebens offenbaren.
Er ließ seinen Blick über die Blätter gleiten. Einige waren breit, andere gefächert, einige klein und andere groß, doch alle waren von einem dumpfen Silber, statt grün und glänzend, wie sie eigentlich sein müssten. Die Schutzzauber hielten alle Feinde fern, damit er Zeit mit MaryAnn verbringen und versuchen konnte, sie in seine Welt hinüberzubringen. Er hatte vorgehabt, sie ganz hinüberzubringen, damit sie eine vollblütige Karpatianerin wurde, doch stattdessen hatte er sie gezwungen, sich ihm zu offenbaren und alles für ihn zu riskieren. Und nun musste er ihr etwas dafür zurückgeben. Etwas, das den gleichen Wert besaß. Sie war völlig aufrichtig zu ihm gewesen; weniger konnte auch er nicht tun.
Unruhig begann er, über den kleinen, luftigen Balkon zu schreiten. »Du warst ganz offen zu mir, MaryAnn, obwohl dir das nicht leichtgefallen ist. Ich habe dir auch etwas zu sagen. Etwas, das mich beschämt, und nicht nur mich, sondern meine ganze Familie. Was in dir ist, ist stark und edel, und ich glaube nicht, dass du es fürchten musst. Ich habe kein solches Geheimnis, das ich dir anvertrauen könnte, obwohl ich wünschte, es wäre es so.«
Sie blinzelte, um ihre Tränen zu verdrängen, und wirkte irgendwie schockiert, als sie ihn ansah. Es war das Letzte, was sie von einem so selbstbewussten Mann wie Manolito erwartet hätte. Ihr instinktives Mitgefühl erwachte, und sie legte ermutigend eine Hand auf seinen Arm.
»Hilf mir dabei nicht«, protestierte er und schüttelte den Kopf, doch sie hatte ihm schon ihren Geist geöffnet und ihn wieder mit den leuchtenden Farben und ihrer beruhigenden Persönlichkeit umgeben. »Das verdiene ich nicht.«
Er verdiente es nicht, weil er sie ohne ihre Zustimmung für sich beansprucht hatte, aber MaryAnn verdrängte diesen plötzlichen Gedanken und warf Manolito einen aufmunternden Blick zu. Er ging weiter unruhig auf und ab, und so Heß sie sich auf dem Bett aus Blumen nieder, erstaunt, dass sie noch immer ihren süßen Duft abgaben und die ganze Luft damit erfüllten. Sie zog die Knie an, schlang ihre Arme darum und legte ihr Kinn darauf, während sie wartete, dass Manolito fortfuhr.
Nachdem er ihre Umgebung langsam und sorgfältig in Augenschein genommen hatte, erzeugte er noch mehr Schutzzauber, indem er die Pflanzen zu einer sehr soliden Geräuschbarriere um sie verwob, die ihnen sogar noch mehr Ungestörtheit gab. »Manchmal hat der Dschungel Ohren.«
MaryAnn nickte und sagte nichts dazu, aber irgendwo in ihrem Magen hatte sie das ungute Gefühl, dass das, was er ihr mitteilen wollte, von immenser Bedeutung für sie beide sein würde.
Manolito stützte sich mit den Ellbogen auf das Geländer und blickte auf den Waldboden unter ihnen. »Meine Familie war immer ein bisschen anders als die meisten anderen. Zum einen haben die anderen meist keine Kinder,
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