Gefangene deiner Dunkelheit
dumm dastehen, versuchte sie, den Fröschen telepathisch zu übermitteln, in der Hoffnung, dass einige von Juliettes und Riordans übersinnlichen Fähigkeiten tatsächlich auf sie abgefärbt hatten. Doch die Frösche ignorierten ihren Protest.
»Können Sie schneller gehen?«, fragte Luiz.
Er wirkte nicht nervös, sondern eigentlich ganz gelassen, aber MaryAnn hatte trotzdem das Gefühl, dass er ständig nach Gefahren vor und hinter ihnen Ausschau hielt. Die Affen begannen, zu kreischen und Blätter und Zweige hinabzuwerfen, und Luiz hob die Hand und bedeutete ihr, sich still zu verhalten.
Moskitos umschwirrten MaryAnns Gesicht, und sie zog vorsichtig ihr Insektenspray aus dem Gürtel und sprühte reichlich davon in die Luft um sich herum.
Luiz fuhr herum, und sie sah, wie seine Nasenflügel zuckten. »Tun Sie das nicht!«
»Die Moskitos stechen mich.«
»Dieser widerliche Gestank beeinträchtigt meine Fähigkeit, Wit terung aufzunehmen. Ich muss wissen, worauf wir uns gefasst machen müssen.«
Okay. Das ließ Schlimmes ahnen, und sie war es, ehrlich gesagt, leid, sich immer wieder neu zu ängstigen. Man konnte nur ein gewisses Maß an Angst ertragen ohne einen Freund, der einem den Rücken stärkte. Seufzend steckte sie das Insektenspray wieder ein und beschränkte sich darauf, mit einer Hand die Mücken zu vertreiben, während sie mit der anderen fest das Pfefferspray umklammert hielt.
Sie würde auf dem schnellsten Weg von hier verschwinden, sobald sie ein Telefon erreichte. Manolito hatte recht gehabt. Ihr wurde schon ganz schlecht vor Sorge um ihn, und das machte sie nur noch wütender auf ihn. Das Mal an ihrer Brust pochte und brannte, und sie verzehrte sich nach ihm. Tränen ließen ihre Sicht verschwimmen, und sie stolperte über eine verdrehte, schlangenähnliche Wurzel, wobei sie fast gefallen wäre. Doch sie streckte gerade noch beide Arme aus, um sich zu fangen, bevor sie kopfüber im Matsch landete – und das rettete ihr das Leben.
Der große Jaguar verfehlte sie und landete, nur Zentimeter von ihrem Kopf entfernt, auf seinen Füßen. Fauchend fuhr die Raubkatze herum und hieb mit ihren Pranken nach MaryAnns Gesicht, doch Luiz sprang dazwischen, schon halb verwandelt, und Mary-Ann konnte sehen, wie sich sein Gesicht verbreiterte und sein Kinn verlängerte, um seinen beeindruckenden Fängen Platz zu bieten. Ein Höllenlärm brach im Dschungel aus, als die beiden großen Katzen sich fauchend und brüllend aufeinanderstürzten.
Außerstande, all das nur eine Sekunde länger zu ertragen, sprang MaryAnn auf, war mit zwei großen Schritten bei der angreifenden Raubkatze und sprühte ihr das Pfefferspray in Augen und Nase. Als sie noch ein paarmal auf den Auslöser drückte, zitterte ihre Hand vor Wut, was ihre Zielgenauigkeit jedoch nicht beein-trächtigte.
»Schluss damit, Herrgott noch mal! Mir reicht's – ich habe die Nase gestrichen voll von diesem Dschungel-Quatsch. Ich bin ein Stadt mensch, aber ich kann mit allem fertig werden, was dieser grässliche Ort mir zumutet! Also mach, dass du von hier verschwindest!«, brüllte sie, so laut sie konnte, während sie dem Jaguar sicherheitshalber noch eine weitere Dosis ihres Sprays verpasste.
Die Raubkatze stürzte davon, als hätte MaryAnn sie gebissen. Luiz, dessen Jeans schon halb zerfetzt waren, ließ sich auf den Boden fallen. »Was zum Teufel war das?«
»Pfefferspray«, sagte sie, als sie sich neben ihn setzte, und brach in Tränen aus.
7. Kapitel
M anolito achtete darauf, den suchenden Fanghaaren nicht zu nahe zu kommen, als er sich die zwiebelartige Pflanze näher ansah. Sein Körper war im Regenwald bei MaryAnn. Er war intelligent; er konnte einen Ausweg finden. Wenn er in der anderen Welt gefangen war, wie es zweifellos der Fall war, konnte sich nur ein Geist an diesem Ort aufhalten. Und da er hier keinen Körper hatte, war dieser Angriff vermutlich nur eine Ablenkung und musste etwas mit Mary-Ann zu tun haben. Nicht nur ihr Geist war in seinen eingedrungen, sondern mit ihm auch ihre Wärme und Vitalität. Die Vampire hatten heißes Blut gespürt und das Licht in MaryAnns Seele wahrgenommen. Er musste den Angriff von ihr abwenden, für den Fall, dass sie versehentlich wieder in die Schattenwelt zurücktrat, in der er selbst gefangen war.
Langsam entfernte er sich von ihr. Die schemenhaften Gestalten, die ihn bedrängten, sich ihnen anzuschließen, die ihn mit Beschuldigungen überhäuften und über ihn zu Gericht sitzen wollten,
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