Gefangene der Flammen
für einen Moment so anfühlte, als würde er zerplatzen. Riley drückte die Finger an die Schläfen und sah zufällig gerade Gary an, als der Schmerz in ihrem Schädel explodierte und ihre Zähne klappern ließ. Gary Jansen griff sich im selben Augenblick an den Kopf und schüttelte ihn. Seine Lippen bewegten sich lautlos. Riley sah Jubal an. Auch er spürte offenbar den wahnsinnigen Kopfschmerz.
Die Worte, die sie plötzlich hörte, waren ihr völlig fremd. Sie klangen verworren, konfus, fast wie ein Gesang, aber es waren zweifelsohne Wörter. Riley war im Studium alter und antiker Sprachen ebenso exzellent gewesen wie in dem moderner, doch sie erkannte nicht einmal den Rhythmus dieser Worte – Jubal und auch Gary jedoch offensichtlich schon. Sie sah den Ausdruck auf ihren Gesichtern und den erschrockenen Blick, den sie tauschten.
Die Hände an die Ohren gepresst, torkelte Ben Charger auf die andere Seite von Annabels Hängematte zu. »Hier stimmt was nicht«, zischte er. »Es hat mit ihr zu tun. Irgendetwas Böses will sie töten.«
Jubal und Gary nickten zustimmend. Die Fledermäuse über ihnen bewegten sich. Rileys Herz pochte so laut, dass sie befürchtete, die anderen könnten es hören. Sie schloss die Hände noch fester um das Messer und die Fackel und wartete im Dunkeln. Annabel warf sich stöhnend herum, als versuchte sie, etwas Schrecklichem zu entkommen, das sie in ihren Träumen heimsuchte.
Die Machete in den Händen, trat Raul aus den Schatten und murmelte immer wieder dieselben Worte vor sich hin. »Hän kalma, emni hän ku köd alte. Tappatak naman. Tappatak naman.«
Riley hörte die Worte jetzt deutlicher, da der Träger sie fortwährend wiederholte. Die meisten Dialekte der Stämme in diesem Teil des Regenwaldes kannte sie. Sie sprach Spanisch und Portugiesisch, verstand die meisten europäischen Sprachen und sogar Russisch und Latein, aber Rauls Worte waren ganz anders als alles, was sie je gehört hatte. Sie hatten ihren Ursprung weder im Lateinischen noch in irgendeiner der anderen ihr vertrauten toten Sprachen, doch für den Träger hatten sie eine Bedeutung, und für die beiden Forscher auch, wie sie bei einem raschen Blick auf Jubal und Gary feststellte.
Rauls Stimme war kehlig und hypnotisch, und seine Augen wurden glasig, während er die Sätze unablässig wiederholte. Riley hatte Zeremonien gesehen, die dafür empfängliche Menschen in Trance versetzten, und der Träger schien sich zweifellos in einem Trancezustand zu befinden, was ihn doppelt gefährlich machte. Er war nass geschwitzt, und dicke Schweißtropfen fielen von seinem Körper auf das Laub am Boden, zwischen dem jetzt Tausende von Ameisen herumkrochen. Immer wieder schüttelte Raul den Kopf, als kämpfte er gegen das Geräusch in seinem Schädel an, stolperte ein paar Schritte zurück und bewegte sich dann unerbittlich wieder auf die Hängematte zu.
Riley bekam einen trockenen Mund, als die Fledermäuse ihre Plätze in den Bäumen verließen, wie gefährliche Raubvögel zum Boden hinunterstießen und durch das Unterholz krochen. Boshafte kleine Augen starrten Annabel an, als die Fledermäuse ihre Flügel wie Beine benutzten und sich auf ihre Beute zubewegten. Raul kam ebenso schlurfend näher, mit seltsam schwerfälligen Schritten, die völlig anders waren als seine sonst immer so geschmeidigen Bewegungen, und sein Gesang nahm mit jedem Schritt an Lautstärke und Eindringlichkeit zu. Der Jaguar, der noch näher herangekommen zu sein schien, stieß ein weiteres unheimliches Husten aus. Riley konnte nicht glauben, was geschah. Es war, als wäre alles Menschenfeindliche im Regenwald darauf aus, ihre Mutter umzubringen.
Riley zündete ihre Fackel und mit ihr auch schnell die anderen an, die sie um ihre Mutter herum aufgestellt hatte, und errichtete so eine kleine Mauer aus Licht und Feuer um Annabel.
Raul kam weiter in ihre Richtung, trotz seiner eigenen verzweifelten Versuche, sich zurückzuhalten. Aber wann immer er es schaffte, einen Schritt zurückzutreten, weg von Annabel, bewegte sein Körper sich wie von selbst wieder vorwärts. Nicht schnell und nicht langsam, sondern wie ein Roboter, der mit immer lauterer Stimme diese fremdartigen Worte sang. Nur dass sie jetzt gebieterisch wie Forderungen klangen. »Hän kalma, emni hän ku köd alte. Tappatak naman. Tappatak naman.«
Der Träger schien die unheimlichen, sich auf ihren Flügeln fortbewegenden Fledermäuse nicht zu sehen. Seine glasigen Augen wichen nicht von
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