Gefangene der Flammen
der Träger dennoch weiterzugehen und ignorierte die drei Führer, die sich an ihn hängten, um ihn zurückzuhalten. Auch seinen makabren Gesang behielt er bei. Riley fuhr mit ihrer Fackel über den Boden, als die ersten Fledermäuse ihrer Mutter zu nahe kamen. Gleichzeitig versuchte sie, die Bedeutung dieser fremdartigen, gutturalen Laute zu entschlüsseln, die aus Rauls Mund kamen.
Der Geruch verbrannten Fleischs durchzog die Luft. Die Fledermäuse wichen zurück, als Riley wieder tief über dem Boden ihre Fackel kreisen ließ und die Viecher immer weiter von der Hängematte ihrer Mutter wegtrieb. Zwei versuchten schon, sich auf den Baum zu retten. Sie hielt das brennende Ende der Fackel an beide, und sie fingen Feuer. Riley stieß sie zu Boden und trat sie weg von Annabel.
Dann hörte sie Geraschel in dem Dickicht hinter sich und sah, dass die Fledermäuse zur anderen Seite der Hängematte hinübergeflitzt waren. Ben Charger ergriff eine Fackel, deren Flammen seine Gesichtszüge deutlich hervorhoben. Tiefe Linien prägten sein Gesicht und ließen ihn wie einen Wahnsinnigen erscheinen. Seine Augen loderten vor Zorn. Für einen Moment bekam Riley Angst um ihre Mutter, aber er hob die Fackel auf und fuhr damit über die herannahenden Vampirfledermäuse, trieb sie zurück und setzte die beharrlicheren von ihnen in Brand.
Gary kämpfte verbissen auf seiner Seite der Hängematte. Riley rannte um Jubal herum und fuhr mit der Fackel über die Fledermäuse, die von dieser Seite her unter die Hängematte krochen. Der Geruch war ekelerregend, und sie konnte nicht aufhören zu husten, als schwarzer Rauch sie einzuhüllen begann. Nichts von alldem weckte Annabel, doch sie wälzte sich unruhig in ihrer Hängematte herum, während die drei Männer Riley bei ihren Verteidigungsmaßnahmen unterstützten.
Miguel und Pedro schleppten Raul durchs dichte Unterholz davon, da er weder stehen bleiben noch aufgeben wollte und trotz der drohend auf ihn gerichteten Schusswaffe verzweifelt versuchte, sich wieder in Marsch zu setzen. Dabei wiederholte er immer wieder dieselben Worte. Die anderen redeten beschwörend auf ihn ein, aber er hörte nichts, weil er schon zu sehr in seiner Halluzination gefangen war. Alejandro, der die Machete trug, hielt sie in sicherer Entfernung von Rauls suchenden Händen.
Sie zerrten ihn zur anderen Seite des Lagers und hielten ihn dort fest. Der Archäologe und seine Studenten kamen zögernd zu Riley und den anderen hinüber, um das Durcheinander toter und sterbender Fledermäuse zu betrachten und zuzusehen, wie sich die anderen Tiere von dem Feuerkreis um die Hängematte zurückzogen.
»Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte Dr. Patton. »Wie seltsam! Hat dieser Mann ernsthaft versucht, einen von euch mit einer Machete umzubringen?«
Er wirkte so benommen, als erwachte er aus einem tiefen Schlaf. Sein Gesichtsausdruck war so schockiert, dass Riley einen unerwarteten Impuls zu lachen verspürte. Er war vier lange Tage mit ihnen durch den Regenwald marschiert. Dank Weston, der scheinbar über nichts anderes reden konnte, hatte der Professor immer wieder Geschichten von Schlangen- und Piranha-Angriffen gehört, und trotzdem schien der Archäologe zum ersten Mal zu bemerken, dass irgendetwas nicht in Ordnung war.
Er blinzelte, als er die Waffe sah, die Jubal noch immer in der Hand hielt. »Hier stimmt was nicht, scheint mir.«
Bevor sie es verhindern konnte, entschlüpfte Riley ein Laut, der verdächtig nach hysterischem Gekicher klang. »War es die Machete, die Sie darauf gebracht hat, dieser diabolische Gesang oder die Horde herumhumpelnder Fledermäuse?« Riley schlug sich eine Hand vor den Mund. Sie musste hysterisch sein, um so zu antworten. Aber mal im Ernst: Hier stimmt was nicht, scheint mir? Was war sein erster Anhaltspunkt gewesen? Er trieb es ein bisschen zu weit mit dem zerstreuten Professor.
»Entspann dich!«, flüsterte Jubal ihr zu. »Deine Mutter ist jetzt sicher. Ich glaube, für heute Nacht ist es vorbei.«
Riley biss sich auf die Lippe, um nicht zu widersprechen. Der Regenwald war von den verschiedensten Raubtieren bevölkert, die offenbar alle darauf versessen waren, ihre Mutter anzugreifen. Wie könnte Annabel da sicher sein? Das Gefühl der Heimkehr, des Willkommenseins, das sie bei ihren früheren Dschungelbesuchen stets verspürt hatten, blieb völlig aus. Diesmal fühlte der Regenwald sich wild und gefährlich, ja sogar böswillig und übelwollend an.
Sie zwang sich, ihre
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