Gefangene der Leidenschaft
Land, und seine Bewohner besaßen einen stolzen, unbeugsamen Willen.
Lange Zeit starrte Morgan nachdenklich in die Dunkelheit. Brenna MacAlpin hatte begriffen, was seine Königin im Sinn hatte. Und sie hatte deutlich genug gezeigt, dass sie lieber sterben würde, als einen Engländer zu heiraten. So wie Morgan sie einschätzte, würde sie eine Lösung finden, um die Pläne der Königin zu durchkreuzen.
Morgan wandte sich vom Fenster ab und griff nach dem Krug mit Ale. Er konnte sich denken, auf welche Weise die MacAlpin Königin Elizabeth ein Schnippchen schlagen würde. Noch bevor er Gelegenheit hätte, der Königin seine Notizen zu übergeben, hätte Brenna MacAlpin einen ihrer Landsleute zur Heirat überredet. Das Milchgesicht unten in der Halle bräuchte nicht einmal überredet zu werden. Der arme Kerl fraß der Lady ja bereits jetzt aus der Hand, wie er mit seinem Verhalten bewiesen hatte.
Die Königin von England war mächtig, aber ihre Macht reichte nicht aus, um einen Ehebund aufzulösen.
Morgan stürzte sein Ale hinunter und knallte den Krug auf den Tisch. Er stellte sich vor, wie es in dem hübschen Kopf der kleinen Lady arbeitete. Und er wusste, was er als treuer Diener seiner Königin zu tun hatte.
Es war noch dunkel, als Brenna erwachte. Sie schlüpfte leichten Herzens aus dem Bett. Beim ersten Geräusch ihrer leisen Schritte war die alte Morna bei ihr und half ihr beim Ankleiden.
„Du bist aufgeregt, Kind.“
„Ja. Die englischen Soldaten verlassen heute die Burg.“
„Dem Himmel sei gedankt. Ihr Anführer ist ein Furcht erregender Mann. Er erinnert mich an den Krieger, der unsere geliebte Meredith geheiratet hat.“
„Wie kannst du so etwas sagen?“ Brenna musterte die alte Frau im Spiegel. „Brice Campbell ist Schotte, Morgan Grey hingegen ein Engländer.“
Morna zuckte mit den Schultern. „Ja. Aber er hat etwas an sich ... etwas Verwegenes. Wenn ich fünfzig Jahre jünger wäre ...“
„Morna, bist du nicht bei Trost?“ Brenna stand auf und strich über ihren Rock. „Der Mann ist der englischen Königin verpflichtet. Das macht ihn zu unserem Feind.“
„Du verbringst übermäßig viel Zeit damit, diesen Feind anzustarren, wenn du dich unbeobachtet fühlst.“
Niemand außer der alten Morna hätte sich die Freiheit genommen, so unverblümt mit der Herrin der MacAlpins zu reden. Brenna stieg die Röte in die Wangen. „Ich habe keine Zeit, um deinem albernen Geschwätz zuzuhören“, sagte sie und ging eilig zur Tür. „Die Engländer wollen früh aufbrechen. Ich muss hinuntergehen und die Vorbereitungen in der Küche überwachen. Morgan Grey und seine Soldaten werden sich nicht über die Kleinlichkeit der Schotten beklagen müssen.“
Als Brenna die Treppe hinablief, dachte sie über die Worte der alten Frau nach. Vielleicht hatte sie Morgan Grey tatsächlich zu viel Aufmerksamkeit geschenkt. Aber doch nur, weil er ein Feind war, den man im Auge behalten musste. Mit seinem guten Aussehen hatte es beileibe nichts zu tun.
Brenna hörte hinter sich Schritte und drehte sich auf dem Treppenabsatz um. „Megan! So früh auf den Beinen? Warum schläfst du nicht mehr?“
Megan strahlte über das ganze Gesicht. „Weil heute ein Freudentag ist“, rief sie. Sie hüpfte die Stufen hinunter und hakte sich bei ihrer Schwester ein. „Ich kann es nicht erwarten, dass sie wegreiten.“
„Ja. Ich bin auch froh, dass wir diese ungebetenen Gäste loswerden.“
Am Fuß der Treppe blieben beide Mädchen stehen, denn im Eingang stand Morgan Grey und rief seinen Soldaten Befehle zu. Die Männer trugen bereits ihr Gepäck zu den Pferden, die fertig gesattelt im Burghof warteten.
Grey verneigte sich mit einem charmanten Lächeln. Zu charmant, dachte Brenna voll Misstrauen. Bis jetzt hatte sie den Mann von einer anderen Seite kennen gelernt.
„Ihr seid früh auf, Mylord. Offenbar habt Ihr es eilig fortzukommen.“
„Jeder Soldat hat den Wunsch, schnell in die Heimat zurückzukehren.“
„Ich verstehe. Dann werde ich Euren Aufbruch nicht verzö-gern und sofort dafür sorgen, dass die Morgenmahlzeit bereitet wird.“
Morgan blickte den beiden Frauen gedankenverloren nach, die sich schnell entfernten. Noch einmal ließ er sich seinen Plan durch den Kopf gehen, und einen winzigen Moment lang hatte er Gewissensbisse. Doch dann verwarf er seine Bedenken. Fest entschlossen, sein Vorhaben auszuführen, wandte er sich wieder seinen Männern zu.
Brenna aß mit gesundem Appetit. Morgan Grey
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