Gefangene der Magie
bereits alles, was er über sie wissen musste. Das Fehlen eines Eisenarmbands, das ihre Magie gebannt hätte, gab das Signal zum Angriff.
Blitzschnell schoss seine freie Hand nach vorne und griff nach ihrer Magie. Was ihm an Kraft fehlte, machte er mit Präzision wett.
Die Arme um die Leiche geschlungen, rollte sich Kira auf die Seite und in Sicherheit vor dem Angriff des Magiers.
Verstehe, wenn du mich begrapschst, ist es okay. Aber wenn ich dir in den Ausschnitt schaue …
»Falscher Zeitpunkt!«, schrie Kira und blockte eine weitere Attacke mit einem unsichtbaren Schutzschild ab.
Dann stieß sie eine Hand in die matschige Erde und ließ ihre Magie tief unter sich gleiten, streckte ihre Finger nach diesem warmen, hellen Kern aus, der selbst so viel Magie hielt.
Ein für die nächtlichen Außentemperaturen viel zu warmer Windhauch strich ihr über die Wangen und durch das schulterlange Haar. Die Erde erkannte sie und reagierte mit einem leisen Summen auf ihren Hilferuf. Es hörte sich an wie das Schlagen von Schmetterlingsflügeln, das muntere Sprudeln eines kleinen Baches und das Rauschen des Windes durch hohe Baumkronen. Eine süße Melodie, die man mit keinem Instrument der Welt nachahmen konnte.
Die Wurzeln einer alten Eiche lösten sich aus ihrer Starre und schossen mit einem lauten Knacken auf den Friedhofswärter zu. Er war so sehr auf sie und die frei schwebenden Hände fixiert, die ihm frech den Stinkefinger zeigten, dass er die Bedrohung hinter sich erst bemerkte, als es bereits zu spät war. Damit, dass ihm ein knorriger alter Baum zum Verhängnis werden würde, hatte er sicher nicht gerechnet.
Mit einem lauten Schnalzen peitschten die Wurzeln gegen seine Beine und rissen ihn zu Boden. Immer mehr Wurzeln schossen hervor und umwickelten den Mann, fesselten seine Beine und Arme.
Die Augen des Wärters quollen fast aus ihren Höhlen und ein Schrei brach zwischen seinen Lippen hervor – ein Schrei, der bald an bröckliger Rinde verstummte, als sich eine weitere Wurzel über seinen Mund legte.
Als die Eiche mit ihm fertig war, bezweifelte Kira, dass er noch mit dem kleinen Finger zucken konnte.
Man konnte es schon übertreiben, aber wer war sie, sich zu beschweren, wenn Mutter Natur so übereifrig ihre Hilfe anbot? Das tat sie sicher nicht für jede dahergelaufene Sidhe, aber schließlich war sie auch nicht irgendwer. Sie war eine Túatha Dé Danann*, eine Verwandte der Göttin Danu.
Wenn man sie mit verdreckten Klamotten über Gräber kriechen und eine in Laken eingewickelte Leiche umklammern sah, würde man nie darauf kommen, und doch war sie die einzige Tochter der verstorbenen Sidhekönigin Titania und somit eine Prinzessin! In den Märchen hörte sich das Leben von Prinzessinnen immer so wunderbar einfach an. Also, wo blieb ihr Prinz in schillernder Rüstung, um all ihre Probleme zu beseitigen?
Die Eiche winkte ungeduldig mit den Ästen und drängte sie weiterzumachen. Kira ließ sich das nicht zweimal sagen. Mit Pookas Hilfe hob sie den Toten hoch und stapfte mit ihm im Gepäck in Richtung Ausgang.
Kira winkte der Eiche im Vorbeigehen noch einmal dankbar zu, schenkte dem bibbernden Magier unter den Wurzeln ein zuversichtliches Lächeln, dann verschwand sie mit Pooka.
Kannst du nicht ein bisschen vorsichtiger mit mir umgehen?, beschwerte sich Kingsley, als Kira seine Leiche unsanft im Kofferraum deponierte.
Normalerweise hätte Kira entnervt mit den Augen gerollt, aber nicht einmal dazu brachte sie die Kraft auf. Kaum war der Leichnam verstaut, sank sie keuchend auf den Boden und schlang die Arme um ihre Knie.
Pooka, noch immer in der Gestalt zweier Menschenhände, tappte ihr mitfühlend auf die Schulter.
Als Kira endlich wieder genug Luft bekam, um einen anständigen Satz zu formulieren, sagte sie: »Kingsley, ich will ja nicht taktlos erscheinen, aber du bist tot und dein Körper ist nicht einmal mehr imstande, einen blauen Fleck zu bekommen. Also hör auf zu jammern! Und bei Danu und allen großen Göttern, hast du zu Lebzeiten denn nie eine Diät gemacht?«
Das ist alles Muskelmasse, was du da spürst, Baby.
Diesmal ließ sich Kira das Augenrollen nicht nehmen. Pooka bot ihr eine Hand an, um ihr aufzuhelfen, aber sie winkte ab und rappelte sich selbst auf. Sie mochte den Deamhan sehr, aber diese Hände sahen einfach zu eklig aus. Lieber würde sie einen Magier knutschen, als sie freiwillig anzufassen. Dann fiel ihr ein, dass sie schon einmal einen Magier geküsst hatte, und ihre
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