Gefangene der Magie
auseinander. Holz zerbarst und regnete in kümmerlichen Splittern auf die Straße.
Ja, es war eine unglaubliche Verschwendung von Magie.
Ja, derart aggressiver, unüberlegter Gebrauch von Magie entsprach ganz den Methoden der Magier.
Ja, sie schämte sich mit jeder Faser ihres Körpers.
Ja, ihre Mutter hatte sich wahrscheinlich gerade im Grab umgedreht.
Aber diese Tür hatte es verdient!
Über ihre Reste zu steigen, gab Kira ein Gefühl immenser Befriedigung. Kühle Nachtluft schlug ihr entgegen und brachte den Gestank von Unrat und verrostetem Eisen mit sich. Wolken verdeckten den Himmel und verwehrten den Blick auf die aufgehende Sonne. Regen rieselte als sanfter Schauer auf sie herab.
Aber nicht einmal Englands mieses Wetter konnte ihre Laune trüben. Sie hatte Ryan überlistet. Sie war wieder frei. Jetzt musste sie nur noch Kingsleys Seele aus dem Windspiel befreien und die Welt wäre wieder in Ordnung. Bei dieser Angelegenheit galt es, höchste Vorsicht walten zu lassen. Sie hatte keine Ahnung, wie genau Kingsleys gläsernes Gefängnis funktionierte. Ein winziger Fehler und seine Seele konnte für immer verloren …
Ein angepisster Werwolf rammte Kira von der Seite, riss sie aus ihren Gedanken und zu Boden. Das Windspiel zersplitterte klirrend auf dem Asphalt. Hunderte blaue Kristalle flogen durch die Luft. Ein hübscher Anblick, wenn er nicht so viel Verderben in ihr Leben gebracht hätte.
Etwas Kühles, Hartes glitt über ihr Handgelenk, aber sie war zu sehr damit beschäftigt zu schreien, als dass sie dem noch groß Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Ihr Geist strich durch die Luft, suchend, hoffend auf den warmen Kern von Kingsleys Seele.
Sie wollte weinen vor Freude, als er unversehrt gegen ihre eigene Aura drückte. Sie empfand mehr Glück, als Geistermusik jemals in ihr hervorrufen konnte, während er in sie zurückschlüpfte.
Für einen Moment gab es keine Barrieren zwischen ihnen. Seine Gedanken und Gefühle waren so intensiv, als wären es ihre eigenen. Sie sah Bilder seines Lebens. Empfand dabei, was er empfand. Eine Prügelei auf dem Schulhof. Ein Junge, eindeutig Evan vor vielen Jahren, brach ihm die Nase. Dann küsste Kingsley ein Mädchen auf der Rückbank eines alten Pick-ups, der Geschmack von Alkohol und Minzbonbons süß auf seiner Zunge. Das Bild verschwand und eine Frau erschien. Dunkle Locken, die über ein stolzes Gesicht fielen. Die Augen einer Kämpferin, wild und leidenschaftlich, blickten ihm daraus entgegen. Kira blinzelte und die Frau begann sich zu verändern. Das Haar wurde fahl und weiß, obwohl das Gesicht von nur wenigen Falten geplagt wurde. Die Wangen fielen ein und die Glieder verloren ihre Kraft. Bloß in den Augen brannte noch immer dasselbe Feuer.
Die Veränderungen lösten unendliche Trauer in Kiras Brust aus, aber auch Panik. Erneut sah sie sich unfähig, ihre Gefühle von Kingsleys zu unterscheiden. Zu sagen, wo er anfing und sie aufhörte.
Dann verschwanden die Bilder in ihrem Kopf so schnell, wie sie gekommen waren. Die Schilde zwischen ihnen waren wieder intakt.
Alles okay?, fragte sie ihn sanft.
Er schnaubte. Weißt du, wie irritierend es ist, in Hunderte von Glassplittern zu zerspringen?
Nein, tut mir leid.
Es ist keine Erfahrung, die ich weiterempfehlen würde.
Plötzlich wurde ihr die Absurdität der Situation bewusst. All die Zeit, die sie zitternd und bangend verbracht hatte, weil Kingsley verschwunden war. Und nun redete sie Nonsens, konnte ihm nicht sagen, was ihr wichtig war. Dabei wollte sie ihm erklären, welche Sorgen sie sich gemacht hatte. Wie erleichtert sie war, ihn wohlauf zu finden. Sie wollte ihn nach der Frau mit dem weißen Haar und dem feurigen Blick fragen. Nach der Trauer, die sie in seinem Herzen gesehen hatte.
Aber der Moment verstrich ungenutzt.
Frustration legte sich wie eine Klammer um ihr Herz. Danu sei Dank hatte sie schon ein Opfer gefunden, an dem sie ihre Wut auslassen konnte. Oder vielmehr war es ihr gerade bereitwillig in die Arme gelaufen.
»Ares!«, wütete sie. »Hast du Pixiemist im Hirn? Was sollte das?« Sie versuchte, sich aufzurichten, aber etwas hielt sie zurück. Etwas Kaltes, Schweres. Sie gefror in der Bewegung. Eisen?
Ares kauerte über ihr. Die Lippen zu einer grimmigen Linie verzogen und ein wütendes Funkeln in dem grünen Auge, das nicht von einer Augenklappe verdeckt wurde. Ihr entfuhr ein Seufzer. Der Werwolf sah einfach scharf aus, wenn er sauer war.
»Hast du eine Ahnung, wie lange ich
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