Gefangene der Magie
schneller.
Eine Frau war zu ihr auf die Bühne gesprungen und vollführte wilde, ausschweifende Sprünge. Blut sickerte aus ihren zwölf Zentimeter hohen Schuhen, dennoch hörte sie weder auf zu lachen noch zu tanzen.
Sie spielte schneller.
Kira wusste nicht, wie lange sie schon gespielt hatte, als ein klapperndes Geräusch sie aufhorchen ließ. Sie wandte den Kopf und sah Ryan am Käfig stehen. Er hatte es also doch geschafft! Seine Finger krallten sich um die Gitterstäbe. Nach wie vor hatte er ein Grinsen im Gesicht, aber in seinen Augen blitzte bereits der Wahnsinn auf.
»Aufhören!«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Kira spürte, wie er in seiner Verzweiflung nach der Magie griff, die ihn gefangen hielt. Es nutzte ihm jedoch nichts. Mit der Unbeholfenheit eines Betrunkenen rutschte er immer wieder ab, verstrickt in einem Netz aus Zaubertönen.
Kira blickte ihn triumphierend an, aber Ryan hatte ja Recht: Es war an der Zeit, dem hier ein Ende zu bereiten.
Sie nahm die Flöte von den Lippen. Die Musik hallte noch immer von den Wänden. »Dann öffne den Käfig und löse die Fesseln.«
»Niemals!«, zischte er.
»Tu es oder ich spiele, bis du aus Ohren und Schuhen blutend tot zur Erde fällst.« Sie führte die Flöte drohend an ihre Lippen. »So oder so werde ich am Ende frei sein. Wenn du stirbst, werden deine Zauber nicht mehr lange halten und die Werwölfe können mich holen.« Sie würde alles geben, dieses Szenario zu verhindern, aber davon brauchte Ryan ja nicht zu erfahren.
Ryan verengte die Augen zu wütenden Schlitzen, was so gar nicht zu seinem unfreiwilligen Grinsen passte. »Und dann?«
»… wirst du mich lossprechen. Ich habe schließlich versprochen, keine Fluchtversuche zu unternehmen. Ich hoffe einfach, dir danach nie wieder zu begegnen.«
Ryan lachte laut auf, aber die Wirkung ihrer Musik musste bereits nachlassen, denn es klang recht humorlos. »Was für ein teuflisches kleines Ding du doch bist!«
»Das Kompliment gebe ich gerne zurück«, entgegnete sie trocken.
Ryan zerrte einen Schlüsselbund aus seiner Hosentasche und warf ihn durch die Gitterstäbe. Sofort machte sich Kira ans Werk, ihre Hände von den Fesseln zu befreien. Währenddessen entriegelte der Magier die Käfigtür.
»Du bist frei zu gehen«, knurrte er.
Kira schlüpfte aus ihrem Gefängnis und trat vor ihn hin. »Du glaubst doch nicht, das zwischen uns wäre schon vorbei, oder?«
Ryans Miene gefror. »Du hast mir versprochen, dich nicht zu rächen. Und ihr Sidhe dürft euer Wort nicht brechen.«
»Ich versprach, keine Rache zu suchen, wenn du mich verkaufst«. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und nahm Ryans Gesicht zwischen ihre Hände. Jetzt konnte sie ihm direkt in die Augen sehen. Der Magier ließ sie gewähren. Faszination lag in seinem Blick. »Aber ich verfluche dich, Ryan McNamara. Auf dass du niemals Liebe findest und einen einsamen Tod stirbst. Denk an mich, wenn es soweit ist, und an all jene, denen du Unrecht getan hast.«
Magie ging von ihren Fingerspitzen auf Ryans Haut über. Seine Runen leuchteten auf, doch diesmal blau statt rot. Abrupt löste Kira die Berührung.
Ryan rührte sich nicht, als sie sich aufmachte, den Saal zu verlassen. Wie zur Salzsäule erstarrt stand er da. Die Lippen leicht geöffnet, die Augen schreckgeweitet. Nicht einmal fähig zu blinzeln.
Es dauerte seine Zeit, bis der Fluch einer Sidhe sich im Gegner festgesetzt hatte. Und wie Kira gehört hatte, konnte es keine allzu begehrenswerte Erfahrung sein. Aber Ryan war zäh, er würde sich wieder erholen.
Die Töne der Geistermusik vor sich hin summend, schritt sie über die knarrenden Holzdielen. Niemand außer ihr regte sich. Die meisten waren kraftlos zu Boden gesunken. Die, die noch bei Bewusstsein waren, blickten sie panisch an.
Kira war stolz auf sich. Sie hatte ihre Aufgabe erfüllt: Niemand hier würde je wieder daran zweifeln, dass sie eine echte Túatha Dé Danann war. Noch viel mehr freute sie sich jedoch, dass sie allesamt die Flucht ergreifen würden, sollten sie ihr noch einmal begegnen.
Zufrieden lächelnd nahm sie Kingsleys Seele vom Haken und verließ den Saal.
Kira dachte nicht groß nach. Allein der Anblick der Eingangstür machte sie rasend. Mit einem gezielten Griff streckte sie ihre Magierfähigkeiten nach dem Zentrum der Tür aus, wo Ryan seine Zauber hineingewoben hatte. Mit unsichtbaren Fingern umschloss sie diesen hellen, pulsierenden Kern Magie und riss ihn
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