Gefangene der Magie
verrückt sein, sie dir so einfach zu überlassen.«
»Und wenn ich dir mein Wort gebe?«, platzte es aus ihr heraus.
Ryan verstummte. Er musste sich ihre Worte erst mal durch den Kopf gehen lassen. Kira ergriff die Möglichkeit beim Schopfe.
»Ich verspreche dir, keinen Schaden anzurichten. Ich werde mit meiner Flöte nur Freude hervorrufen und niemanden mehr im Zweifel über meine Herkunft lassen. Ich werde nicht versuchen zu fliehen. Und keine Rache üben, wenn du mich verkauft hast.«
Ryan sah sie ungläubig an. »Du bist eine Sidhe. So einfach ist das nie mit euch. Wo ist der Haken?«
Kira leckte sich in einer nervösen Geste über die Lippen. Das Herz pochte ihr bis zum Hals. Jetzt hing alles davon ab, dass Ryan ihr glaubte und dem Handel zustimmte. Sie sah zu ihm auf und legte all ihren Kummer in ihren Blick. »Ich will nur die Flöte zurückhaben. Sie ist das Einzige, was mir von meiner Mutter geblieben ist.«
Ryan wirkte nach wie vor unentschlossen, aber sie konnte sehen, wie die Farbe in sein Gesicht zurückkehrte. Sie wusste, sie hatte gewonnen, als er einen schweren Seufzer ausstieß und zwischen zusammengebissenen Zähnen einen der Arbeiter herbeirief.
»Keinen Schaden, ja?«
»Du hast mein Wort. Nur Freude und Heiterkeit.« Es kostete Kira all ihre Selbstbeherrschung, nicht wie ein Honigkuchenpferd vor sich hin zu grinsen.
Ryan legte die Stirn in Falten. »Ich weiß einfach, dass ich das noch bereuen werde.«
Der Meinung war sie auch.
Ein Kaugummi kauendes blondes Mädchen erschien neben ihnen. »Ja?«, fragte sie, nervös von einem Fuß auf den anderen tretend.
»Angie, sei doch so gut und bring mir die Flöte, die wir eben versteigert haben.«
»Sir?«
»Tu’s einfach!«, schnappte er gereizt. »Mr Albinson bekommt sein Geld zurückerstattet. Und einiges extra.« Das Mädchen war davongehuscht, noch ehe die letzte Silbe verhallt war.
Ryan und Kira hatten während der letzten Minuten so leise miteinander gesprochen, dass sie sich der Ahnungslosigkeit der Gäste sicher sein konnten. Nun aber drehte sich Ryan wieder zu seinen Gästen um.
Kira hätte erwartet, die meisten von ihnen wild durcheinanderreden und diskutieren zu hören, aber anscheinend galt es als schlechter Ton, zu viele Emotionen zu zeigen. Die Leute saßen allesamt stoisch auf ihren Stühlen, präsentierten ihre schicken Designeranzüge und -kleidchen und regten keine Miene.
Ryan breitete entschuldigend die Hände aus. Die Körperhaltung war betont lässig. Nur die angespannten Schultern verrieten seine Unruhe.
»Verzeihen Sie bitte die Unterbrechung. Die Auktion wird in Kürze fortgesetzt. Vorher möchte ich aber den Beweis erbringen, dass diese junge Frau eine echte Túatha dé Danann ist.« Ryan ließ seinen eisigen Blick über das Publikum gleiten. »Auf dass mein Wort niemals wieder infrage gestellt wird.«
Angie eilte zu ihm und drückte ihm die kleine Flöte in die Hand. Beim Anblick ihres Schatzes in den unachtsamen Fingern eines Magiers kam Kira die Galle hoch.
Ryan hielt ihre Flöte demonstrativ in die Höhe. »Ich danke Mr Albinson, dass wir seinen neu erstandenen Besitz nochmals in Anspruch nehmen dürfen.« Bevor ein älterer Herr mit verärgert zusammengepressten Lippen, den Kira als besagten Mr Albinson identifizierte, eine Bemerkung machen konnte, fügte Ryan hinzu: »Selbstverständlich wird er für seine Großzügigkeit belohnt.«
Dann wandte Ryan sich wieder zu Kira um und reichte ihr die Flöte durch die Gitterstäbe hindurch. »Was auch immer du vorhast zu tun, überleg es dir gut«, warnte er sie mit gesenkter Stimme. »Du willst mich nicht zum Feind haben, glaub mir.«
»Das Gleiche könnte man auch über mich sagen«, entgegnete Kira zuckersüß und nahm ihre Flöte entgegen.
Das fein geschliffene Holz in den Fingern zu spüren, war wie der rettende Schluck Wasser für einen Verdurstenden. Magie prickelte daraus hervor, strich ihr liebkosend über die Haut und ließ sie für den Moment das verhasste Eisen um sie vergessen.
Kira seufzte. Einen Moment lang kam es ihr vor, als wäre sie wieder zu Hause. Nicht in dem schäbigen Motel, in dem sie sich mit Kingsley versteckt hatte. Auch nicht in dem Apartment im Reservat. Nein, in ihrem richtigen Zuhause. In der alten Holzhütte inmitten der Einsamkeit der Wälder, wo sie ihre Jugend verbracht hatte.
Sie meinte fast, die Stimme ihrer Mutter zu hören, so rein wie das Plätschern eines Baches und so süß wie Vogelgesang. Wie sie ihr die
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