Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gefangene des Feuers

Titel: Gefangene des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
Vom Netzwerk:
Vielleicht hatte der Kopfgeldjäger nur eine Pause eingelegt, sorgsam darauf bedacht, Abstand zwischen sich und seinem Opfer zu wahren, bis er bereit war zum großen Schlag. So machte Trahern es immer: Den rechten Augenblick abwarten, bis die Situation zu seinen Gunsten stand. McCay ging auch selbst gerne so vor. Viele Männer waren getötet worden, indem sie den Kampf forcierten, obwohl die Umstände noch gegen sie sprachen.
    Laut Colonel Mosby war Rafe McCay der beste Mann für einen Überraschungsangriff aus dem Hinterhalt: Er besaß Geduld und Ausdauer. Weder Hunger noch Schmerz, Unbequemlichkeiten oder Langeweile konnten ihm zusetzen. Rafe ließ sich auf nichts davon ein, sondern konzentrierte sich ganz auf seine jeweilige Aufgabe. Die hereinbrechende Dunkelheit eröffnete allerdings weitere Möglichkeiten. Vielleicht hatte Trahern angehalten und sein Lager für die Nacht aufgeschlagen, statt im dämmrigen Licht weiter seine Spur zu verfolgen. Vielleicht glaubte er auch, dass er ein Lagerfeuer besser aus machen könnte als eine Spur, und wartete nun in aller Seelenruhe ab. Auf der anderen Seite aber war Trahern klug genug, um zu wissen, dass ein Mann auf der Flucht sich oft genug mit einem kalten Lager zufriedengab. Nur ein Narr würde ein Feuer entzünden, um es warm zu haben in der Nacht.
    McCay hatte jetzt mehrere Möglichkeiten: Er konnte bleiben, wo er war, und Trahern abfangen, sollte er tatsächlich irgendwann diesen Weg nehmen. Er konnte auch noch ein Stück zurückreiten und versuchen, Traherns Lager ausfindig zu machen. Oder er konnte die Dunkelheit nutzen, um noch mehr Distanz zwischen ihn und sich zu legen.
    Sein Pferd wieherte bei den Felsen, und McCay stieß einen heftigen Fluch aus. Doch fast im gleichen Moment vernahm er noch ein Wiehern, einen zweiten Ruf direkt hinter sich. McCay reagierte blitzschnell. Er rollte herum und drehte den Lauf seines Gewehrs um. Trahern befand sich etwa zwanzig Yards links von ihm entfernt. Man konnte eine Münze darauf verwetten, wer überraschter war. Trahern hatte aufgeholt, doch sein Blick ging in die falsche Richtung, hinunter zu McCays Pferd. Verblüfft drehte er sich um, und McCay gab den ersten Schuss ab. Doch Trahern wich zur Seite aus, sodass die Kugel ihr Ziel verfehlte und irgendwo in der Wildnis aufschlug.
    McCay rollte sich über die Hügelkuppe, die sich gleich hinter ihm befand, während er Erde und Kiefernnadeln schmeckte. Aber das war immer noch besser als eine Kugel im Leib! Er kam wieder auf die Füße, wobei er sich so tief bückte, dass die Hügelkuppe den Blick auf ihn versperrte. Lautlos bewegte er sich zurück zu seinem Pferd.
    Seine Laune war inzwischen ziemlich im Keller. Verdammt! Warum hatte Trahern einfach den Weg verlassen? Er hatte ihn nicht hier vermutet - sonst wäre er nicht so überrascht gewesen, seine Beute direkt vor sich zu finden. Zur Hölle! Manchmal zeigten selbst die besten Fallen keine Wirkung. Jetzt war Trahern ihm auf den Fersen, und er selbst hatte den Überraschungsvorteil verloren.
    McCay erreichte eine weitere große Kiefer und ging dahinter in die Knie. Er lauschte angespannt. Es war sehr eng für ihn geworden. Denn Trahern konnte in aller Ruhe abwarten und von seinem Posten aus McCays Pferd beobachten, während er, McCay, in der Falle saß. Seine einzige Chance war, den Kopfgeldjäger zu erwischen, bevor der ihm eine Kugel verpasste.
    Ein grimmiges Lächeln umspielte seinen Mund. In wenigen Minuten würde es dunkel werden. Wollte Trahern etwa wissen, wer sich in der Dunkelheit besser bewegen konnte? Diesen Gefallen würde McCay ihm gerne tun.
    Er schloss die Augen, um sich ganz auf sein Gehör zu konzentrieren und sich durch nichts, was in sein Blickfeld kam, ablenken zu lassen. Der Flügelschlag der Insekten ging fast unmerklich schneller, die nachtaktiven Frösche wurden allmählich munter. Als er sich etwa zehn Minuten später umsah, hatten sich seine Augen bereits an die Dunkelheit gewöhnt.
    McCay schob Kiefernnadeln durch seine Sporen, damit sie nicht klirrten, und steckte das Gewehr wieder in die Tasche auf seinem Rücken; mit der langen Flinte in den Händen würde er sich schwertun, durch die Dunkelheit zu robben. Er zog seinen Revolver aus dem Holster, legte sich auf den Bauch und schlängelte sich zu einem Gestrüpp, das ihm Schutz bieten würde.
    Der eiskalte Boden erinnerte ihn daran, dass der Winter diesen Landstrich immer noch fest im Griff hielt. Tagsüber war es dagegen vergleichsweise warm

Weitere Kostenlose Bücher