Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne
sie in die Irre.
– Mail über einen Sicherheitsserver von unbekanntem Sender in Venedig an eine nicht bekannte Anzahl von Empfängern in San Francisco
Dorian hatte beschlossen, vernünftig zu bleiben – zum Teufel noch einmal, er würde das Wunder, das seine Gefährtin und das Kind für ihn waren, nicht so einfach wegwerfen –, aber seine Katze war immer noch unruhig, auch wenn es so aussah, als sei Ashaya für den Rat inzwischen unantastbar. Laut Anthony stellte sich der Rat sogar vor sie und hatte die Makellosen Medialen fest an der Kandare.
Die Ironie des Ganzen hätte er deutlicher wahrgenommen, wenn es ihn nicht so furchtbar wütend gemacht hätte, dass er seinen Zorn auf niemanden richten konnte. Dorian hatte immer gewusst, dass der Leopard in ihm stärker als bei anderen Gestaltwandlern war – seine Katze versuchte auf alle möglichen Wege auszubrechen –, aber er hatte erwartet, dieser wilde Teil würde zur Ruhe kommen, wenn er eine Gefährtin gefunden hatte.
Es war eher schlimmer geworden – als wisse die Katze, dass die Gefährtin, die ihr Ein und Alles war, sie niemals streicheln, niemals richtig bewundern, niemals wirklich sehen würde. Der Leopard starb jeden Tag ein wenig, und Dorian verspürte immer mehr das Bedürfnis, dafür jemandem die Schuld zu geben.
Das Treffen mit Anthony Kyriakus war auch nicht hilfreich. Der rebellische Ratsherr war deutlich geworden. „Ashaya muss sich bedeckt halten. Alles, was sie jetzt noch tut, bringt sie nur in Gefahr und hilft der Sache nicht.“
„Weil sie Gefühle hat?“ Dorian konnte sich kaum beherrschen.
„Ja.“ Kühle braune Augen sahen ihn an. „Silentium bröckelt, aber diejenigen, die die Ketten schon abgelegt haben, machen uns unsere Gefangenschaft viel zu deutlich – die Leute sind noch nicht bereit, der Wahrheit ins Auge zu sehen und sich in das unbekannte Dunkel hinauszubegeben.“
Dorian sah Anthony an und fragte sich, wie viel Kraft das doppelte Spiel erforderte, das dieser Mann schon länger betrieb, als ihnen allen bewusst war. „Sie sind also in Sicherheit?“
„Ja. Amara ist schon abgeschrieben – sie war schon vorher instabil, und wenn sich eine Gelegenheit ergibt, werden sie zuschlagen. Aber sie ist momentan nicht Ziel eines Anschlags.“
„Was ist mit Keenan?“
„Der war nur nützlich, um Einfluss auf Ashaya nehmen zu können. Selbst verfügt er über keine einzigartigen medialen Kräfte, niemand scheint besonderes Interesse daran zu haben, was mit ihm geschieht.“
Dorian beruhigte sich ein wenig. „Danke für die Informationen.“
Anthony nickte. „Wenn ich jemals herausfinde, wer hinter dem Anschlag steckt, gebe ich Ihnen Bescheid.“
„In Ordnung. Ich kann es kaum erwarten, ihm das Herz herauszureißen.“ Selbst wenn es noch Jahre dauern würde, er würde nicht aufgeben. Geduld war nur ein anderer Aspekt von Sturheit, und davon besaß Dorian genug.
Aber jetzt hier vor seinem Haus, während Ashaya und Keenan darin schliefen – Ashaya in seinem Bett und Keenan oben in einem eilig, aber sorgfältig errichteten Anbau –, war die Katze überhaupt nicht geduldig. Sie wollte, dass jemand der Sündenbock war. Weil sie immer noch eingeschlossen war, die Gefährtin nicht richtig beschützen konnte und verdammt noch mal nur versteckt vorhanden war. Krallen bohrten sich von innen in seine Fingernägel, schnitten und rissen an der Haut. Aber sie konnten nicht heraus. Es tat verdammt weh. Schmerz und Wut wurden so groß, dass er nicht mehr denken konnte.
Dann nahm er den verführerischen Duft von wildem Honig und weiblichem Begehren wahr. Einen Augenblick später spürte er Ashayas Wange auf seinem bloßen Rücken, ihre Arme umfingen seinen Körper, und ihre Hände legten sich auf seine Brust. Er lehnte sich zurück und selbst die Katze beruhigte die Liebkosung ein wenig. Der Schmerz verging.
„Das Band zwischen uns“, sagte sie, „ist so stark, dass ich dich in meinem Herzen hören kann.“
Lächelnd bedeckte er ihre Finger mit seinen Händen. „Das ist gut.“
Lippen pressten sich auf seine Haut, weich und doch besitzergreifend. „Kein Blutvergießen mehr, Dorian.“ Ein geflüsterter Befehl. „Dieses Bedürfnis nach Rache ist zerstörerisch.“
Er wandte sich um und stupste ihr Kinn. „So bin ich nun einmal. Die Katze will jemanden bestrafen.“
„Nein“, sagte sie voller Leidenschaft. „Du bist ein schöner, charmanter und gefährlicher Leopard. Zorn wird dich hässlich machen. Du darfst für
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