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Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne

Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne

Titel: Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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ihn dann morgen für Sie holen.“
    Ashaya widersprach ihm nicht. Ihr fiel nichts ein, mit dem sie dagegen halten konnte. „Weitere Schulden?“ Er war der Scharfschütze, sie hatte seine Stimme sofort erkannt. Seit acht Wochen hörte sie diesen Klang in ihren Ohren.
    „Keine Sorge. Wir werden uns schon darum kümmern.“ Mit diesen Worten schnallte er sich den Rucksack um und stieg in den Baum.
    Unglaublich, wie er sich bewegte. So geschmeidig, scheinbar ohne jede Anstrengung. Er war zehnmal schneller als sie, hundertmal eleganter. Wenn sie noch Zweifel gehabt hätte, was er war, dann wären sie nach diesem Anblick verschwunden. „Ein Gestaltwandler“, sagte sie, als er wieder auf dem Boden landete. „Eine Raubkatze.“
    Er hob eine Augenbraue, seine Augen waren von einem solch gnadenlosen, unglaublichen Blau selbst in dieser Dunkelheit, und sie fragte sich, wie es so etwas geben konnte. „Miau.“
    Etwas tief Verborgenes in ihr erwachte zum Leben, und sie ertappte sich dabei, dass sie den Scharfschützen schön fand. Dunkel, sie hatte ihn immer in Dunkel gehüllt gesehen, aber er war ein goldener Gott. „Woher wussten Sie, dass ich hier bin?“ Ihr Atem ging stoßweise. Als sie aufstand und sich mit der Hand am Baum abstützte, spürte sie etwas Klebriges auf der Haut. Ihr eigenes Blut.
    „Ich bin ein V-Medialer.“ Reiner Spott. „Sie werden auf meinen Rücken klettern müssen. Stoßen Sie mir bloß kein Messer ins Herz.“ Er stellte sich vor sie hin und drehte sich um.
    Sie erstarrte, als sie die Hände auf seine Schultern legte. Seit sie sich erinnern konnte, hatte sie keinen so engen Kontakt mit einem anderen Wesen gehabt. Selbst zu Keenan hatte sie Distanz gehalten, denn nur Silentium gab ihm Sicherheit. Aber sie konnte ihre Schwäche für Keenan doch keinesfalls mit der für diesen Gestaltwandler vergleichen, der sie anscheinend verabscheute.
    Und doch faszinierte er sie so sehr, dass schon der Gedanke daran verrückt war.
    Aus der Nähe betrachtet, leuchtete sein Haar so hell wie Weißgold, aber das war auch das einzig Weiche an ihm. Ihre Hände spürten einen harten Körper mit lebendigen Muskeln. Ihr schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er sie ohne zu überlegen in der Mitte durchbeißen konnte. Ihr Magen zog sich vor Angst zusammen, eine Reaktion, die sie eigentlich hätte unterdrücken müssen.
    „Brauchen Sie eine schriftliche Einladung?“ Eine dahingeworfene Frage, aber sie spürte, dass er sie auf die Probe stellte.
    „Nein.“ Sie schrieb ihre abschweifenden Gedanken dem Blutverlust zu, wollte sich vom Boden abstoßen … und fiel fast hin. „Ich kann nicht springen.“
    Seine Hände legten sich unter ihre Oberschenkel. „Jetzt.“ Er hob sie hoch, und sie versuchte sich mit dem unverletzten Bein abzudrücken. Doch das war gar nicht nötig – er war dermaßen stark, hatte sich ihre Beine in Sekundenschnelle um die Hüften gelegt.
    „Halten Sie sich gut fest.“ Mehr sagte er nicht und rannte los.
    Instinktiv schlang sie die Arme fester um ihn. Ihr war nur zu bewusst, dass er sich so schnell wie ein Rennwagen fortbewegte. Wenn sie in einen der hohen Bäume liefen, würden sie sich auf der Stelle das Genick brechen. Es wäre sinnvoll gewesen, die Augen zu schließen, aber sie konnte nicht. Sie musste sehen, wo sie hinliefen, selbst wenn …
    Ein scharfes Stechen im Kopf, etwas … jemand versuchte hineinzukommen.
    Amara.
    Sie reagierte beinahe automatisch, konnte auf jahrelange Erfahrung im Errichten von undurchdringlichen Sperren zurückgreifen. Es gab keinen Weg, um ihre „Auferstehung“ vor Amara geheim zu halten, aber sie durfte ihr nicht gestatten, in ihren Geist zu schlüpfen, Amara durfte niemals erfahren, dass Keenan noch am Leben war.
    „Schlafen Sie?“ Der Scharfschütze drehte den Kopf, um sie anzuschauen, konnte gerade noch einem Baum ausweichen.
    Jeder Muskel in ihr spannte sich an, ihre Ausbilder hatten gelogen. Auch mit aller Willenskraft konnte man nicht alle körperlichen Reaktionen unterdrücken. Im Lauf der Jahre hatte Ashaya ihr Blut zu Eis werden lassen, dennoch reagierte ihr Körper, wenn ihm Schmerz drohte. „Sollten Sie nicht lieber auf den Weg achten?“
    Sie spürte sein Lachen mehr, als sie es hörte. Es vibrierte durch ihre so verwirrend eng aufeinanderliegenden Körper, erschütterte ihre Konditionierung in geradezu lebensbedrohlicher Weise. Doch sie bat ihn nicht, sie abzusetzen – damit hätte sie zuviel preisgegeben und ihre Pläne gefährdet.

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