Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne
unbeschadet überstanden. Auch ohne Erste-Hilfe-Kasten würde er etwas finden, um das blutende Bein zu verbinden.
„Ich weiß es nicht“, sagte Ashaya.
Als Erstes fand er den kleinen Elektroschocker. Es war ihm egal – er war viel zu schnell, um ein leichtes Opfer dieser Waffe werden zu können. Und da sie selbst anscheinend keine Krallen besaß, war es klug von ihr, eine Waffe dabeizuhaben. Aber … „Hat Ihnen beim Rudel nicht viel geholfen.“
„Unglücklicherweise hatte ich nicht daran gedacht, mich gegen einen Angriff wilder Tiere wappnen zu müssen.“
Eisig und bissig. Es durchfuhr ihn wie ein Blitz. Er sah in ihre dunklen Augen. Bei ihrem einzigen Treffen vor zwei Monaten war es Nacht gewesen, dennoch war er sicher, dass sie in Wirklichkeit eine andere Augenfarbe gehabt hatte. „Ihre Tarnung ist gut“, sagte er und öffnete das Hauptfach des Rucksacks. „Wäre noch besser, wenn Sie sich von den Zöpfen trennen würden. Mediale tragen ihr Haar nie offen, wenn es ein wenig wild ist.“
„Meins ist mehr als ein wenig wild.“
Er spürte, dass sie ihn beobachtete. Sie hatte Glück – er fand das kleine Päckchen mit dem wohlbekannten roten Kreuz sofort. Das Röhrchen mit dem Desinfektionsmittel lag obenauf. „Drehen Sie sich auf den Bauch. So bekommt man das Zeug am besten drauf.“ Er versuchte beherrscht und sachlich zu klingen, obwohl das Blut seinen Leoparden so in Rage brachte, dass er direkt unter seiner Haut saß. „Machen Sie schon.“
Sie drehte sich um und legte sich widerspruchslos auf den Teppich aus trockenen Tannennadeln. Er schnitt den zerrissenen Stoff über der Wunde mit einem Messer ab und stäubte das Desinfektionspulver auf die Verletzung. Es schmolz schnell und verschloss die Wunde innerhalb von Sekunden. „Das verschafft uns genügend Zeit, Sie zu einem Arzt zu bringen.“ Das Pulver war für den Notfall gedacht. Es heilte nicht, hielt aber die Bakterien fern und das Blut im Körper. Da es funktionierte, hatten die Luchse wohl keinen gravierenden Schaden angerichtet.
Das Päckchen enthielt auch ein Bündel „Papier“-Bandagen. Trotz ihres Spitznamens waren sie fest wie Stahlbänder. „Haben Sie Schmerzen?“, fragte Dorian, als er den Verband anlegte. Er spürte einen ungeheuren Zorn, dass man diese weiche Haut so verletzt hatte.
„Nichts, was medizinisch signifikant wäre.“
Er richtete den Oberkörper auf, kniete noch neben ihr, als sie sich aufsetzte. Sie begutachtete sein Werk. „Sie sind geübt.“
Er unterdrückte ein wütendes Knurren bei diesem frostigen Ton. Wie eine eisige Faust schloss er sich um sein Glied, erregte ihn wider alle Vernunft. „Erste Hilfe.“ Er zuckte die Achseln und stopfte alles zurück in den Rucksack, dann hielt er inne. „Brauchen Sie etwas davon?“
„Alles.“
„Na großartig.“ Er zog die Schnallen fest. „Ich werd Sie nämlich tragen müssen …“
„Ich kann …“
„Sicher, Sie können kriechen“, raunzte er sie an. „Aber dann bin ich bestimmt nicht rechtzeitig zu Hause, um mich noch aufs Ohr zu legen.“ Und keinesfalls rechtzeitig genug, um die wütenden Ausbruchsversuche seines Leoparden noch im Zaum zu halten. Er konnte sich nicht verwandeln, das war noch nie möglich gewesen. Aber der gefangene Leopard wusste das nicht. Im Moment wusste er nicht einmal, ob er Ashaya nun anfallen oder nehmen wollte. „Da ich Sie nicht einfach hier lassen kann, muss ich eben zusehen, wie ich Sie so schnell wie möglich wieder loswerde.“
Er wollte sie absichtlich provozieren, aber ihr Gesicht, das ihn seit zwei Monaten bis in seine Träume verfolgte, zeigte keinerlei Regung. Zwei verdammte Monate, dachte er noch einmal. Endlose Nächte, in denen er schwitzend, frustriert und erregt aufgewacht war. Und wütend, schrecklich wütend. Nur die wütende Abwehr gegen diese schon fast zwanghafte Anziehung hatte ihn davon abgehalten, aufzuspringen und sie sich zu holen.
Nun saß sie hier vor ihm und sah ihn mit diesen Augen an, die die falsche Farbe hatten – diese offensichtliche Verstellung machte ihn nur noch wütender.
„Sie empfinden große Abneigung mir gegenüber.“
Nein, er hatte schreckliche Lust auf sie. Aber er war kein brünstiges Tier. Und bis auf einen betrunkenen Fehltritt im College hatte er es stets vermieden, mit einer Frau zu schlafen, bei der ihm die Eier abfroren. „Ich werde den Rucksack in den Ästen verstecken. Die Luchse werden ihn nicht anrühren, weil er jetzt nach mir riecht. Jemand anders kann
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