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Geflüster auf Burg Schreckenstein

Geflüster auf Burg Schreckenstein

Titel: Geflüster auf Burg Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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ritterlich verhalten hatte. Hatte er? Ja, von wegen! Eine miese, aufschneiderische, unkameradschaftliche Ritterattrappe! Florian hätte sich am liebsten verkrochen. So schwierig hatte er sich den ersehnten Umstieg nach Schreckenstein nicht vorgestellt.
    Und was jetzt? Einen Streich machen, daß alle staunen? Um noch mehr aufzufallen? Er sah keinen Ausweg.
    Das Extrablatt der Schulzeitung, das im Eßsaal am Schwarzen Brett hing, als die Ritterschaft zum Frühstück kam, nahm Florian auch für sich als Warnung.

    Auf unserer Burg ist eine Flüsterepidemie ausgebrochen. Besonders nach dem Abendessen. Aber auch am Tag und in der Telefonzelle. Das Zentrum des Geflüsters befindet sich jedoch außerhalb — in der Gastwirtschaft von Wampoldsreute . Jeder Ritter kann dort flüstern, ob mit Freunden oder Hühnern. Wenn allerdings eine Epidemie draus wird, wenn gewisse Flüsterer keinen Abend mehr auf der Burg anzutreffen sind und nur noch mit bestimmten Flüsterern flüstern, dann leidet darunter — und das muß man laut sagen, nicht flüstern — die Gemeinschaft.

    Obwohl um den Anschlag großes Gedränge herrschte und jeder wußte, wer oder was gemeint war, gab es keine Diskussion. Still nahm ihn die Ritterschaft zur Kenntnis.
    Bis auf Witzbold Klaus. „Elftes Gebot! Du sollst nicht flüstern“, verkündete er.
    Pummel grinste von Ohr zu Ohr. „Du hast’s nötig!“
    „Ich geb’s ja zu“, antwortete der Witzbold. „Ich komme mit den Zehn Geboten nicht aus! Andere auch nicht. Es müßten wenigstens zwanzig sein: Du sollst keine fremden Fahrräder zurückbringen… Du sollst kein Huhn in deinen Schlafsack stecken… Du sollst niemandes Schulden finanzieren… Du sollst nicht in Gasthäusern Geschenke annehmen… Du sollst dich nicht beschwindeln lassen…“
    Florian wären etliche weitere Gebote eingefallen. Doch er schwieg, um nicht auch noch besonders witzig zu erscheinen. Was er feststellte: Es fiel kein hämisches Wort. Auch ihm gegenüber nicht. Das war ritterlich, in seinem Fall jedoch nicht nützlich. Wer gehänselt wird, weiß, woran er ist. Bleiben Reaktionen aus, wird man leicht überempfindlich. Es herrschte sowieso eine merkwürdig flaue Stimmung. Nicht einmal die Minis flüsterten.
    Ein neuer Gedanke beschäftigte Florian: Wie hatten das andere gemacht, wenn sie auf den Schreckenstein kamen? Stephan zum Beispiel. Über ihn hatte er in der Schulchronik gelesen. Auch Stephan war seinerzeit aufgefallen, mit seinem Ackordeonspiel , mit seiner offenen Art, mit seinen sportlichen Leistungen. Sollte er einmal mit ihm sprechen? Ganz unverblümt? Stephan mußte ähnliche Schwierigkeiten gehabt haben. Auch er mit Dampfwalze! Vor allem beim Kugelstoßen, wo es um die Traumgrenze ging. Oder – und das erschien ihm besser – gleich mit dem, von dem er sich ständig beobachtet fühlte und der alles deutlich mißbilligte , was Florian tat – mit dem Muskelprotz.
    Ja, mit ihm würde er reden. Und das bald. Und vorher zum Haarschneiden gehen…

    Wenn Sonja Waldmanns Auto am Nachmittag im Burghof stand, wußten die Ritter Bescheid. Sonja besuchte ihren Vater zum Tee. Meistens brachte sie einen selbstgebackenen Kuchen mit, weil auch ihre alten Freunde Stephan und Ottokar dazukamen.
    Die Minis wußten es wieder einmal ganz genau.
    „Habt ihr gesehen: Diesmal hat sie keinen Kuchen dabei, aber Anke. Und die hat eine verbundene Hand.“
    So war es. Da saßen sie in Doktor Waldmanns Zimmer bei Tee und Keksen: Sonja, ihr Vater, die beiden Ritter und Anke. „Ich weiß nicht, wieso — wir waren grad’ zurückgekommen —, da fing Beatrix mit Ingrid zu streiten an“, berichtete Anke. „Als sie handgreiflich wurde, hab’ ich eingegriffen und sie festgehalten. Sie hat mir in die Hand gebissen, das verrückte Stück.“
    „Hat’s sehr weh getan?“ fragte der besorgte Stephan.
    Während Anke nickte, fuhr Sonja fort: „Wir konnten es vor Hörnchen geheimhalten . Jeder tut sich mal irgendwo weh. Aber ich bin dann doch mit ihr zu Doktor Voss, um sicherzugehen.“
    Stephan litt sichtlich mit. „Könnte ja Blutvergiftung geben bei dem… Giftzahn!“
    Sonja schlug entsetzt die Hände zusammen. „Wenn Bea das gehört hätte!“
    Anke lächelte Stephan zu. „Eigentlich bist du schuld an allem.“
    „Ich?“ fragte der.
    „So sehe ich das auch!“ meinte Doktor Waldmann. „Schon bei dem Ritterturnier hast du dich auffallend um Anke gekümmert…“
    „Sie hat ja auch gewonnen!“
    „Das dürfte nicht der Grund gewesen
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