Geflüster auf Burg Schreckenstein
Oder wollt’ sie wegen Stephan weg?
Pedaltritte sind gut gegen schlechte Laune, besonders auf Steigungen. Im Wiegetritt, den Kopf weit über den Lenker gebeugt, ließ er die Muskeln schwellen.
Da! Ein Surren, ein Luftzug – jemand war an ihm vorbeigeflitzt. Bis Dampfwalze sich umdrehte, schon ziemlich weit entfernt, trotz der Dämmerung aber nicht weit genug für den Verdacht, es könnte Florian gewesen sein. Bei einem natürlichen Feind bedeutete das: wenden und vorsichtig hinterher. Wer der Flitzer auch sein mochte, er kam von der Burg, das stand für den Muskelprotz fest. Was also konnte sein Ziel sein? Gasthaus oder Rosenfels.
Durch das Fenster neben dem Holzstoß hatte Dampfwalze den besten Einblick in die Gaststube. Dafür war dieses Fenster ja bekannt. Stephan und Anke saßen immer noch da. Versonnen schauten sie vor sich hin, wie zwei, die Pläne machen. Sie wurden gestört, drehten plötzlich ihre Köpfe. Den Beobachter draußen durchzuckte es, als habe er eine Stromleitung berührt.
Ein junges Paar war hereingekommen und strebte zu dem Tisch neben den Versonnenen: Beatrix mit Florian im Schlepptau.
Das darf nicht wahr sein! Ist das die Internatsangelegenheit mit Bäbä ? Wie sie Florian zulächelt!
Florian winkte der Kellnerin. Während sie die Getränke bestellten, zog Beatrix den Geldschein von Dampfwalze aus der Tasche. Sie ließ ihn sich wechseln, stand auf, ging mit triumphierendem Ausdruck zu Stephan und gab ihm einen Teilbetrag. Der nickte und steckte das Geld ein.
Aha, die Zahnbürsten! kombinierte Dampfwalze. Er soll es Ottokar geben. Mann, und ich spiel’ hier die Kreissparkasse. Aber die sollen sich wundern!
Der Muskelprotz schwang sich in den Sattel und fuhr um das Gasthaus herum zum Eingang. Auf dem Korridor stand neben der Tür zur Gaststube eine Telefonzelle. Er betätigte den Münzfernsprecher. Offenbar mußte er warten, bis jemand geholt wurde, redete dann nur kurz und fuhr wieder zu dem Fenster zurück.
Ja, proste ihm nur zu, meinem Feind! Der Ausdruck stammt ja von dir. Wenn ich nur verstehen könnte, was sie auf ihn einredet! Er schaut so verwundert. Was glitzert denn da in ihrer Hand? Aha, für ihn! Schlüsselanhänger oder so was… Jetzt schaut er wie eine Mondameise. Aber er nimmt’s . Ja, faß nur nach seinen Händen! Und dir Misthuhn hab’ ich den Uwe angeboten. Mann! So eine Enttäuschung, menschlich vor allem…
Der Muskelprotz schaute auf seine Uhr. Es wurde Zeit.
Drinnen brachen Camper auf, gleichzeitig trafen neue Gäste ein, was im Gedränge an der Tür zunächst nicht auffiel, außer dem Beobachter am Fenster: Mücke, der lange Strehlau und Hans-Jürgen, der Dichter. Von den beiden jugendlichen Paaren wurden sie erst bemerkt, als sie, bereits an einem Tisch sitzend, Getränke bestellten. Sie nickten ihnen zu, blieben aber für sich.
Wieder fuhr Dampfwalze um das Gasthaus herum und drehte auf dem leeren Parkplatz Runden zwischen den Bäumen.
Was wollen die da? überlegte er. Alle drei sind von der Redaktion unserer Schulzeitung. Ob das Zufall ist?
Ein Licht kam auf ihn zu.
„Ingrid?“ fragte er geblendet.
„Sind sie noch da?“ fragte sie.
Dampfwalze nickte, nahm ihr das Rad und schloß es mit der Panzerkette mit seiner Rennmaschine zusammen. „Wie machen wir’s denn jetzt?“
„Wir sind ungeheuer freundlich!“ Genußvoll rieb sich Ingrid die Hände und strebte dem Eingang zu. „Eine Megaidee, daß du mich angerufen hast…“
Anerkennung von ihr war für ihn selten, und auch er rieb sich die Hände.
Geräuschvoll traten sie in die Gaststube. Dampfwalze wünschte einen schönen guten Abend allerseits.
Ingrid zwitscherte hocherfreut. „Lauter bekannte Gesichter, wie fein! Aber warum so weit auseinander? Kommt, rücken wir zusammen. Hallo Florian!“ Unaufgefordert setzte sie sich neben ihn.
Dampfwalze folgte ihrem Beispiel. „Hallo, Bea! Nett, daß du wiedergekommen bist.“ Er plumpste neben sie auf den Stuhl. „War doch zu kurz vorhin.“
Ingrid tat überrascht. „War sie schon mal da?“
„Mit wem denn?“ fragte Mücke und setzte sich auf die andere Seite neben Beatrix. Scheinbar hochinteressiert schaute er über den Rand seiner Brille.
Beatrix rümpfte die Nase und gab keine Antwort. Stephan und Anke kamen an den Tisch.
„Wundere dich nicht!“ sagte Anke laut. „Bea spricht zur Zeit nicht mit jedem. Mit mir nicht…“
„Mit mir auch nicht!“ ergänzte Ingrid und wandte sich an Stephan. „Spricht sie mit dir
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