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Gefluesterte Worte

Gefluesterte Worte

Titel: Gefluesterte Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Sylva
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nützlich, die nicht zur Helle und Einsicht führen kann. Gottes Strafen führen zur Erleuchtung. Wir wissen es zu gut, wir, die oftmals gestraft werden da, wo es kein Mensch weiß und sieht,und die sehen müssen, wie gerecht es war. Denn was du vor den Leuten sagst, liebe Seele, daß du garnicht weißt, warum Du leidest, das ist wohl nicht wahr. Du weißt es meistens recht gut, aber du willst es dir selbst nicht eingestehen. Du weißt, daß du jede Schuld bezahlen mußt. Du weißt, daß die ewige Gerechtigkeit so groß ist, wie es nur derjenige ahnt, der deine Nächte kennt, und wovor mancher bewahrt bleibt, der vielleicht schon eine höhere Vollkommenheit erreicht hat, oder noch auf so niedriger Stufe der Entwicklung steht, daß sein Gewissen schläft, oder sehr derb ist und nicht bei jedem Anlaß zittert und schmerzt.
    Du meinst immer, die andern leiden weniger als du, d. h. das meinst du in den Nächten, aus denen du noch keinen Ausweg gefunden hast. Die andern erzählen dir aber auch nicht, was sie erduldet haben. Denn die Dinge, über die sie weinen und klagen, sind noch lange nicht diejenigen, welche ihr Lager in Feuer verwandelt haben, wie das brennende Grab des Farinata, in der göttlichen Komödie.
    Dunkel! Wenige Leben sind es nicht! Wenige Menschen haben nicht wenigstens einmal daran gedacht, sich das Leben zu nehmen,und manche haben einen jahrelangen Kampf gegen diese Versuchung bestanden. Sie sehen ein, daß sie damit nicht zu Ende sind. Viele hätten lieber, daß es zu Ende wäre, aber sie fühlen wohl, daß noch etwas hinter dem Grabe steht, und dann fragen sie sich, ob es nicht töricht wäre, dieses unbekannte Etwas heranzulocken, indem sie dieses Leben nicht tragen wollen. Du glaubst nicht an Dantes Hölle? Sie ist dir zu materiell? Ja, aber deine irdische Hölle hast du vielleicht ebenso empfunden, wie jene im Eise, oder im Sumpf, oder du bist jahrelang unter der Bleikutte gegangen, den andern unsichtbar, aber dir selbst fühlbar, und deine Augen sind auch zugenäht, denn du bist blind, du bist im Dunklen, und weißt nicht, was vor dir umhergeht. Dante sprach im Symbol wie die Bibel, wie alle die großen Dichter und Propheten, er meinte die Dinge nicht wörtlich. Und da findest du dich ganz, liebe Seele, in allen Stimmungen, in allen Erscheinungen. Deine Lässigkeit ist auch manchmal überwältigend groß, und du willst dich nicht aufraffen, sonst hättest du den Ring deiner finsteren Nacht schon längst hinter dir zurück gelassen, und wärest dem Lichte nähergekommen.Dunkel! O wie dunkel ist es in dir, daß du nicht einmal mehr nach Licht begehrst und es für vollkommen unerreichbar hältst. Und wenn ein Wort dich auf Augenblicke getröstet hat, so ist es bald vorüber, und du läßt dich wieder sinken. Liebe Seele! Du brauchst nur den Kopf emporzustrecken und du wirst sehen, daß das Licht näher ist, als du es wähnst.
    Du kannst auch deine Bleikutte lüften und allmählich abwerfen, nur wollen mußt du es, und es ist gerade dein Wille, der darnieder liegt. Das Leiden ist nicht größer als deine Kraft, nicht ärger als was du verdient hast, sage dir das immer, dann wirst du an seine Vergänglichkeit glauben. Du weißt sehr wohl, daß du alles sühnen mußt. Du hast es schon oftmals erfahren. Warum denn jetzt verzagen, wo vielleicht alles zu gewinnen ist, jedenfalls eine Erfahrung, an der du Tausende reich machen kannst, die bis in die Ewigkeit dein Teil ist, und dir vielleicht viele Wege erspart, die sonst noch vor dir lägen und nun bereits überwunden sind.
    Die Sonne ist immer da, immer, nur du gewahrst sie nicht. Das ist aber nicht die Schuld der Sonne, sondern die Schuld deiner Schuld,oder deiner Blindheit, oder deiner Begehrlichkeit, die mehr hat haben wollen, als das ihr zugeteilte Maß von Glück, und darum in Nächte hat zurücksinken müssen, um Dankbarkeit zu lernen. Du weißt ja kaum, was du lernen sollst. Du erfährst es manchmal hernach, wenn die schwerste Leidenszeit überstanden ist, und du aus dem dunklen Eise herausgekommen bist, in das du verbannt warst, liebe Seele. Die Dunkelheit muß sich zerteilen, sie kann nicht ewig währen. Sie ist nur für eine Zeit um dich, bis du reif bist, das Licht zu genießen. Zerteile du sie selbst, deine Finsternisse, mit des Wortes Kraft, mit der Liebe Übermacht, mit dem Gedanken, der weit über die Dunkelheiten der Erde hinausragt, und einer ganz anderen Sphäre angehört. Du weißt es ja, warum verzagst du denn? Du weinst? Warum

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