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Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Gefangenen zu Hause hatte, konnte er mit den Kunden jetzt genauso plaudern wie sein Chef und dessen Kompagnon. Eric riss den Kassenzettel ab und heftete ihn an die Einkaufstüte. »Viel Erfolg damit. Und falls du andere Noten brauchst, sind wir dir gern behilflich.«
    »Oh, danke. Das ist echt nett.« Ein Anflug von Akne und im Mund eine dicke Zahnspange. Erstaunlich, noch vor einer Woche wäre ich viel zu aufgeregt gewesen, um mit ihr zu sprechen. Mein Herz hätte wie rasend geschlagen, und schreckliche Bilder wären aus der Registrierkasse gequollen.
    Jetzt konnte Eric zusehen, wie sie ihr langes glattes Haar aus dem Gesicht strich, ohne dass es ihn erregt hätte. Das war Selbstbeherrschung.
    Jane, die Tochter seiner Pflegeeltern, hatte auch solche langen glatten Haare gehabt, nur dass Jane blond war. Ihr Haar hatte ihn immer fasziniert. Sie hatte die Angewohnheit, ständig damit zu spielen, beim Fernsehen Strähnen zwischen die Finger zu nehmen und zu drehen oder leicht schielend nach gespaltenen Haarspitzen zu suchen. Manchmal berührte Eric sogar ihr Haar, ohne dass sie es merkte. Wenn sie im Auto auf dem Beifahrersitz saß und er hinter ihr, konnte er dieses goldene, süß duftende Vlies berühren, ohne dass sie es auch nur geahnt hätte.
    Eine Weile hing er Erinnerungen an Jane nach. Was er alles mit ihr angestellt hätte, wenn er bloß Gelegenheit dazu gehabt hätte.Schließlich kam Alan Troy zu ihm und sagte, es sehe nach ruhigem Geschäft aus, er könne für heute Feierabend machen.
    »Ganz bestimmt, Alan? Ich könnte noch bleiben.«
    »Nein, nein, das geht schon. Carl ist ja auch noch da und kann dann den Laden abschließen.«
    Eric hatte schon den Mantel an und wollte gerade aus der Tür gehen, als er plötzlich auf eine Anwandlung hin fragte: »Wie viel würdest du für eine gebrauchte Ovation zahlen?«
    Sein Chef war gerade am Geldzählen und blickte nicht einmal von der Kasse auf. »Warum, Eric? Hast du eine zu verkaufen?«
    »Ein Typ hat neulich versucht, mir eine aufzuschwatzen. Er wollte dreihundert Dollar dafür.«
    »Tja, es kommt immer auf das Modell an. Eine neue Ovation kriegt man eigentlich nicht unter achthundert Dollar. Das Angebot klingt schon verlockend – immer vorausgesetzt, das Instrument ist in einem guten Zustand.«
    »Schien ganz gut erhalten. Allerdings bin ich kein Experte auf dem Gebiet.«
    »Warum bringst du das gute Stück nicht mal mit, wenn der Besitzer es erlaubt? Ich schau sie mir an und erstelle sozusagen ein Gutachten.«
    »Vielleicht mach ich das mal. Ich fürchte bloß, der Typ ist gar nicht mehr in der Stadt. Nacht, Alan.«
    »Nacht, Eric.«
    »Sei vorsichtig auf dem Weg nach Hause. Der Schneematsch hat die Straßen in Rutschbahnen verwandelt.«
    Alan sah Eric belustigt an. »Du scheinst neuerdings immer gute Laune zu haben, Eric.«
    »Wirklich?« Eric schien nachzudenken. »Ja, das stimmt. Ich habe gute Nachrichten von zu Hause. Meine Schwester hat ihren Abschluss in Pharmazie geschafft.«
    »Na klasse. Schön für sie.«
    »Ja, Jane war schon immer ein begabtes Kind.«
    In Wirklichkeit hatte Eric seit über vierzehn Jahren nichts mehr von seiner Pflegeschwester gehört. Er hatte sich immer ausgemalt, wegen des Brandes, den er bei den Nachbarn gelegt hatte, würde ihn seine Pflegefamilie hinauswerfen. Doch niemand kam ihm auf die Spur. Ebenso wenig wurde er bei den Quälereien erwischt, die er an Hund und Katze der Familie verübte und die für die Tiere tödlich endeten. Schließlich belangten sie ihn wegen einer völlig lächerlichen Geschichte. Am Ende wurde er wegen einer Nichtigkeit hinausgeworfen.
    Schuld daran war die dreizehnjährige Jane. Wenn sie nicht so eingebildet gewesen wäre, hätte es nicht dieses schlimme Ende genommen. Er hätte sich leichter eingelebt und sich entspannen können. Doch sie reizte ihn mit ihrer Art, ständig an den Haaren zu spielen und ihn überhaupt nicht zu beachten. Nachdem er ihren Hund in seine Gewalt gebracht hatte, fühlte er sich von dem Verlangen nach Jane befreit. Plötzlich konnte er mit ihr sprechen. Er schaffte es sogar, sie zu trösten, als sie wegen ihres verlorenen Hundes weinte.
    Doch keine Woche später spürte er schon wieder dieses qualvolle Verlangen in der Brust. Jane behandelte ihn wieder, als ob er Luft wäre. Er schluckte seinen Schmerz hinunter, bis er es nicht mehr aushielt. Dann nahm er sich fest vor, dass Jane ihm – und sei es auch nur für eine Nacht – Beachtung schenken müsse. Wie er das erreichen

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