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Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Eric kommt gleich rüber.«
    »Bitte, Schatzilein, für deine alte Oma.«
    »Wir haben dir doch erst vor drei Tagen die Haare gewaschen und gewickelt. Ich kann nicht alles stehen und liegen lassen, nur um dir die Haare zu machen. Schließlich gehst du doch nicht tanzen.«
    »Was? Was sagst du?«
    »Ich sagte, du gehst doch nicht aus!«
    »Bitte, Schatz. Jeder will doch gut aussehen.«
    »Also in Gottes Namen.«
    »Komm, Schatz. Wir schauen uns dabei
Jeopardy
an.« Sie hantierte mit der Fernbedienung, bis die Lautstärke ohrenbetäubend war. Ein Nachrichtensprecher sprach gerade über den Fall Todd Curry und kündigte einen Hintergrundbericht für die Sechs-Uhr-Nachrichten an. Die gestrige Ausgabe des
Lode
hatte ein Foto aus seiner Highschool-Zeit gebracht, auf dem er viel harmloser aussah, als er in Wirklichkeit war. Handelte es sich um einen Drogendeal, der im Streit endete, oder lief ein Serienkiller frei herum? Mehr darüber in den Sechs-Uhr-Nachrichten.
    Edie holte die Waschschüssel und wusch der Alten das Haar. Es war so schütter, dass Edie schon nach ein paar Minuten fertig war, aber der Geruch wie von einem nassen Hund widerte sie an. Dann drehte sie ihr Lockenwickler ins Haar, während die Alte falsche Antworten zur Quizsendung im Fernsehen rief.
    Edie schüttete das Wasser ins Waschbecken und verließ das Zimmer. Auf dem Treppenabsatz hörte sie plötzlich die Türklingel und erschrak so sehr, dass sie die Schüssel fallen ließ. Sie war sicher, dass es die Polizei sein würde. Doch als sie durch die Gardine lugte, war sie freudig überrascht.
Immer wenn Eric vor meiner Tür steht, scheint die Höhle, in der ich lebe, mit einem Mal ein angenehmer heimeliger Platz zu sein, und nicht das dunkle Loch, in das ich zurückfalle, sobald er wieder gegangen ist. Die ganze Finsternisscheint nur ein Produkt meiner Phantasie zu sein. Mit ihm kommt wieder Luft und Hoffnung. Meine abgrundtiefe Höhle wird zu einem Platz an der Sonne. Was für ein Licht strahlt über den Rand herein!

19
    I ch muss schon sagen, das ist alles wirklich sehr aufregend«, sagte die Bibliothekarin. Sie war blass und rundlich und hatte hellblaue Augen, die hinter einer denkbar unvorteilhaften Brille schimmerten. »Es mag makaber klingen, aber ein richtiger Mord ist immer noch das Beste, um die kleinen grauen Zellen auf Hochtouren zu bringen, finden Sie nicht auch?«
    »Hat jemand von Mord gesprochen?«, sagte Delorme ruhig. »Ich habe nicht gesagt, dass ich in einem Mordfall ermittle.«
    »Oh, ich bitte Sie. Sie und der andere Detective, Sie waren doch auf Kanal Vier in der Nacht zu sehen, als man das Indianermädchen tot aufgefunden hat. Nein, nein, so etwas vergisst man nicht. Wir sind hier nicht in Toronto. Haben Sie jetzt Beweise, dass die beiden Fälle verbunden sind? Es graust einen ja, wenn man nur daran denkt.«
    »Wie Sie sicherlich wissen, darf ich nicht über laufende Ermittlungen sprechen.«
    »Ja, selbstverständlich. Die Kriminalpolizei muss natürlich bestimmte Details für sich behalten, sonst könnte ja jeder Wirrkopf kommen und ein Geständnis ablegen, und wer würde dann jemals die Wahrheit herausbekommen? Aber was für ein Motiv kann es in so einem Fall geben? Der Junge war doch erst sechzehn – fast sechzehn, so stand es, glaube ich, im
Lode –
, also eigentlich noch ein Kind. Und welches Ungeheuer bringt ein Kind um? Zwei Kinder. Der Windigo-Mörder, so nennt ihn die
National Post
. Uuh, da gefriert einem doch das Blut in den Adern. Haben Sie schon einen Ansatz, der Sie bei der Ermittlung leitet?«
    Zwischen Stapeln von Agatha-Christie- und Dick-Francis-Krimis schien sich die Bebrillte vorzustellen, Delorme wäre gerade einem Thriller entsprungen, um etwas Spannung in den Alltag einer Provinzbibliothekarin zu bringen. Auf ihrer Oberlippe hatten sich feine Schweißtröpfchen gebildet.
    »Bitte, ich kann wirklich nicht mit Ihnen über diesen Fall sprechen. Können Sie mir die gewünschte Auskunft geben?«
    Die Bibliothekarin hackte auf die Tastatur ihres Computers ein, als ob sie mit einem Dolch mehrfach zustoßen würde. »Dieses Computersystem«, empörte sie sich entnervt, »entspricht nicht dem heutigen Standard. Geradezu steinzeitlich, dieses Mistding.«
    Während die Bibliothekarin ihren Computer weiter mit kindischen Verwünschungen eindeckte, ging Delorme zu den Kästen mit den CDs hinüber. Um sie herum durchstöberten andere Benutzer die Bestände. Als Teenager hatte Delorme hier viel Zeit verbracht, obwohl das

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