Gegen Vaters Willen
misstrauischen Blick zu, ging an ihm vorbei und betrat dann den Stall.
Sein Vater stand an der Box von June und lächelte. Er schien auf seinen Sohn gewartet zu haben. „Hallo, Ryan. Schön, dass du endlich da bist!”
„Was wollte Steiner hier und warum ist June im Stall?”, fragte Ryan, ohne auf den sarkastischen Gruß einzugehen, geschweige denn, ihn irgendwie zu erwidern.
„Es geht dich zwar nichts an, aber ich sage es dir trotzdem!”
Ryan wusste nicht warum, aber diese aufgesetzte Freundlichkeit seines Vaters gefiel ihm überhaupt nicht. Mit zusammengekniffenen Augen sah er ihn an, wartete auf eine Erklärung.
„Ich habe sie verkauft!”
Augenblicklich erfüllte ein lautes Rauschen seinen Kopf, sorgte dafür, dass ihm innerhalb von Sekunden schwindlig wurde. Seine Finger umklammerten den Holzbalken, an dem er sich festhielt. „Du hast was?”, fragte er langsam.
„Ich habe June verkauft. Joe …”
„Du hast June an Steiger verkauft? Was hat der denn mit June vor?”, schrie Ryan plötzlich, obwohl er sicher war, die Antwort nicht hören zu wollen.
Jonathan blieb erstaunlich ruhig. „Er will sie nicht schlachten. Er braucht ein Arbeitspferd, und du hast sie gut trainiert, wie Toby berichtet hat.”
„Du … wie … Scheiße! Dad, June gehört mir! Du kannst sie doch nicht einfach verkaufen!” Ryan war so dermaßen außer sich, dass er das Gefühl hatte, ihm würde die Luft wegbleiben.
„Wie, bitte schön, kommst du auf die Idee, dass June dir gehört?”, fragte sein Vater. Seine Stimme hatte sich verändert, sie war tiefer, drohender.
„Großvater hat mir Ashley zu meinem Geburtstag geschenkt!”, erinnerte Ryan ihn laut.
„Ja und?”
„June ist ihre Tochter. Also gehört sie mir! Außerdem, Steiger hat doch gar keine Ahnung von Pferden! So, wie der Tiere behandelt - ich sollte lieber misshandelt sagen - wird June bei ihm eingehen!”
„June gehört auf diesen Hof, und du hast kein Mitspracherecht! Es bleibt dabei. Wir haben den Kaufvertrag unterschrieben. Das war mein letztes Wort!” Jonathan wollte an Ryan vorbei, doch der stellte sich ihm in den Weg.
„Aber nicht meins! June bleibt hier! Warum ausgerechnet sie? Wir haben über zwanzig Pferde! Warum June? Ist das jetzt die Rache dafür, dass dein Auto Schrott ist? Dafür, was ich vor drei Wochen gesagt habe?” Ryan schrie noch immer. Er hatte das Gefühl, nie wieder leise sprechen zu können. Alles in ihm schrie. Er spürte eine unbändige Wut in sich und als sein Vater auch noch mit gleichgültiger Miene an ihm vorbeiging, rastete er völlig aus. Er wandte sich um und trat mit aller Wucht, mit all seinem Zorn, der in ihm brodelte, gegen eine der Boxentüren, die aus ihren Angeln riss und gegen das Holz krachte.
Jonathan wandte sich um. Sein Blick war so eiskalt, wie seine Stimme. „Das wirst du reparieren und noch eins, bevor ich es vergesse. June wird morgen von Joe abgeholt. Sie bleibt in der Box!” Damit verließ er den Stall und ließ Ryan allein.
Zitternd, heftig atmend und der Verzweiflung nahe, trat er gegen einen Holzpfeiler und spürte, wie ihm kochendheiße Tränen über die Wangen liefen. Er zögerte nicht, sondern öffnete die Tür zu Junes Box, legte ihr das Halfter um und führte sie aus dem Stall. Schnell saß er drauf und ritt los, trieb sie zu einem immer schneller werdenden Galopp an. Er ritt, als würde es um sein Leben gehen. Keuchend, weinend und zitternd kam er bei den Schafen an und sank mit dem Oberkörper nach vorn, schmiegte sich an den warmen Körper und streichelte Junes Hals.
„Ich lass nicht zu, dass der Typ dich abholt”, flüsterte er. „Du bleibst bei mir ...” Er wusste nicht, wie lange er so da gelegen und sich nicht gerührte hatte, als Motorengeräusche ihn hoch schrecken ließen.
Leon fuhr mit seinem Auto den Feldweg entlang und runzelte die Stirn. Er sah gleich, dass etwas nicht stimmte. Er bremste ab und stieg aus. „Hey, was ist los?”, fragt er. Dass Ryan weinte, erkannte er sofort.
„Dad … er will …” Ryan konnte kaum sprechen, so sehr zitterte er. Leon legte ihm sanft eine Hand auf den Oberschenkel.
„Komm schon, Snoopy. Steig ab und sag mir, was los ist!”
Ryan klammerte sich fester an June und schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht!”
„Was kannst du nicht?”
„Dad, er … er hat sie verkauft!”
Leon verstand gar nichts. Stirnrunzelnd musterte er Ryan. „Was? Wen hat er verkauft?”
„June! Dad hat June verkauft! An Joe Steiger!”, rief Ryan
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