Gegen Vaters Willen
auf dem braungebrannten Hals von Jon lag.
Ryan hatte sich mit einem Bein auf dem Oberkörper seines Vaters gekniet, hielt in der einen Hand das Messer, in der anderen den Kragen des Hemdes.
Leon band June so schnell, wie das mit seinen zitternden Händen möglich war, am Zaun fest und stürzte zu seinem Freund. „Scheiße Ryan!”
„Nun, was ist? Möchtest du noch etwas sagen?”, fragte der seinen Vater leise. Er hatte Leon nicht einmal gehört.
„Ryan, leg das Messer weg!”, schrie der nun.
„Nein! Halt dich da raus, hab ich gesagt!”, schrie Ryan zurück, ohne den Blick von seinem Vater abzuwenden. Blanker Hass lag in seinen Augen.
„Oh Gott! Sieh dich doch mal an! Du hast ein Messer in der Hand. Schau auf den Hals deines Vaters. Er blutet!”
Leons Stimme zitterte, doch die von Ryan war eiskalt, als er erwiderte: „Ich kann dir gar nicht sagen, wie egal mir das ist!”
„Ryan, bitte! Gib mir das Messer!”
„Nein!”
Jon sah zwischen den beiden Jungen hin und her, zitterte und schwieg.
„June bleibt hier! Ist das klar?”, fragte Ryan seinen Vater.
Der starrte seinen Sohn mit großen Augen an, schwieg aber noch immer.
„Hast du verstanden?”, brüllte Ryan, zerrte an dem Hemd und drückte die kalte Klinge dichter an den Hals. Und das wirkte.
Panisch nickte Jon.
„Ryan, gib mir jetzt das Messer!”
Jon zitterte heftig. Er lag im Gras, sein Sohn mit bebender Hand über ihn gebeugt und neben ihnen Leon, der flehend Ryan ansah.
Ryan ließ seinen Vater los, stand auf, richtete aber das Messer noch immer auf ihn. „Wenn June diesen Hof verlässt, wirst du mich richtig kennen lernen.”
Jon kroch zurück, stand auf und rannte zu seinem Wagen. Es war deutlich zu erkennen, dass er in diesem Moment vor seinem Sohn panische Angst hatte. Staub aufwirbelnd fuhr er los.
Ryan sah ihm heftig atmend nach.
„Gib mir jetzt das Messer!”, versuchte es Leon noch einmal ruhig, obwohl ihm eigentlich nach schreien war.
„Nein!”
„Ryan, verdammt! Willst du irgendwann im Knast enden? Gib mir jetzt das Messer!” Jetzt schrie Leon doch.
Ryan zuckte zusammen und wirbelte herum. „Nur so versteht es mein Vater! Wie soll ich denn sonst mit ihm reden?”
„Keine Ahnung. Aber du kannst ihm nicht ein Messer an die Gurgel halten. Verdammt, was hattest du vor? Willst du zum Mörder werden?” Leon war nicht wütend oder so. Aus seiner Stimme sprach die pure Angst um seinen Freund. „Bitte, gib mir jetzt das Messer!” Ohne zu zögern nahm er es Ryan aus der Hand, klappte es zusammen und steckte es in seine Hosentasche. „Okay…” Er atmete tief durch und trat einen Schritt auf Ryan zu. „Beruhige dich jetzt bitte. Ich glaube nicht, dass dein Vater June jetzt noch weggibt. Ich denke, du hast gewonnen.”
„Das bleibt abzuwarten. Leon, misch …”
„Oh nein, vergiss es! Das hier ist keine Schulschlägerei, bei der du beweisen kannst, wie groß dein Ego ist! Scheiße Ryan, du hattest ein Messer in der Hand. Du kannst einen anderen Menschen nicht mit einem Messer bedrohen. Das ist strafbar. Wenn du ihn verprügeln willst, bitte! Dann bin ich der letzte, der sich einmischt. Aber nicht so.” Leon wandte sich ab und ging zu June zurück. Mit zitternden Händen band er sie los. „Ich dachte, ich würde dich kennen”, sagte er dann.
Ryan trat auf ihn zu. „Niemand kennt mich. Nicht mal ich!”
„Erschreckt dich so was nicht?”
„Nein. Das war eben wie ein Bahnspaziergang.”
„Lass das bitte nicht auch noch zur Sucht werden”, sagte Leon hastig, dann sah er Ryan in die Augen. „Ich hatte Angst!”
„Vor mir, oder eher um mich?”, fragte Ryan mit einem leichten Lächeln.
Leon lächelte nicht ein bisschen.
„Vor dir! Bitte, tu so was nie wieder.”
Ryan zitterte noch immer. Er biss sich auf die Lippe, erwiderte Leons Blick und zog ihn plötzlich an sich. Er küsste ihn, verharrte in dieser Berührung, dann neigte er den Kopf.
Leon schlang seinen Arm um Ryans Hüfte, erwiderte den Kuss heftig, bis sie schneller atmeten …
S aither Hill
June wurde nicht abgeholt. Das erste Mal in seinem Leben hatte Ryan gewonnen. Sein Vater hatte ganz offensichtlich kapituliert und Joe Steiger ein anderes Pferd gegeben. Ryan war sich bewusst, dass die Mittel, diesen Sieg zu bekommen, nicht in Ordnung gewesen waren, doch wenn es um June ging, um Dinge, die ihm in seinem Leben wirklich etwas bedeuteten, kannte er keine Grenzen. Leon hatte ihn gefragt, ob er zum Mörder werden wollte, und diese
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