Gegen Vaters Willen
ruhte auf Ryan, der mit knallroten Wangen neben ihm saß und amüsiert in die Runde blickte.
„Ja! Dakota ist mir am Anfang ständig hinterher gerannt und hat gefragt, ob sie uns besuchen dürfte, aber ich fand sie einfach doof! Und du, Rick, hast mein Fahrrad gerammt!”
„Und darauf stand die Todesstrafe!”, raunte Michelle Leon zu.
Gelächter kam auf.
„Und wann ist er so nett geworden?”, fragte Leon.
„Ich bin nicht nett!”, widersprach Ryan.
„Warte, das war zu meinem fünften Geburtstag. Ich hatte alle eingeladen vom Spielplatz, außer Ryan natürlich. Im Nachhinein tat es mir furchtbar leid, denn alle redeten von der Feier und er stand abseits mit seinem Fahrrad. Meine Mum hatte Mitleid mit ihm und hat ihn auch noch eingeladen, ohne es mir zu sagen. Als er dann vor der Tür stand - ich glaube, seine Mum war schon weg - dachte ich wirklich, ich wäre im falschen Film. Er stand vor mir, mit einem kleinen Blumenstrauß, entsetzlich zurückgegeltem Haar, und ich glaube, du hattest eine Fliege um, oder?”
Ryan lachte laut auf. „Himmel jaah! Meine Mum hatte mich angezogen. Das war so ultrapeinlich.”
„Nein, es war niedlich!”, kicherte Dakota.
„Nein, es war alles, aber nicht niedlich. Leon, du glaubst nicht, wie mies ich mich gefühlt habe. Ich stand da und alle haben mich angestarrt. Ich glaube, Joshua meinte auch, ich solle verschwinden.”
„Joshua lebt nicht mehr in Mountain Creek”, erklärte Lauren Leon, der etwas verwirrt aussah.
„Ryan ist zu meiner Mum in die Küche gegangen und hat bitterlich geweint”, erzählte Michelle weiter.
Ryan nickte nur langsam und lächelte verlegen.
„Meine Mum hat ihm eine Riesenportion Eis verpasst und mich gezwungen, mich mit ihm zu vertragen. Ich habe ihn in mein Zimmer mitgenommen, ihm wahrscheinlich die Standpauke seines Lebens gehalten, und seitdem kann ich nicht mehr ohne ihn!”
Ryan griff nach ihrer Hand und zog sie sanft an sich. „Das hast du schön gesagt!”, flüsterte er ihr zu und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
Kurz schwiegen alle, dann lächelte Rick. „Ich weiß nicht, aber ich schätze, ihr werdet mir alle fehlen, wenn wir fertig sind!”
„Ja. Ich habe mein ganzes Leben mit euch verbracht. Wird komisch sein, euch nicht mehr jeden Tag zu sehen”, stimmte Dakota leise zu.
Ryan schloss seine Finger fester um Michelles Hand, denn der Gedanke, dass sie irgendwann aufs College gehen würde und weit von ihm entfernt war, machte ihn ganz verrückt. Er hatte sie einfach zu gern, um sie ziehen zu lassen, doch halten konnte er sie nicht. Sein Blick fiel auf Leon, der sich noch nie übers College geäußert hatte. Schnell schob er den Gedanken beiseite, dass auch er irgendwann nicht mehr da sein würde, sonst bestünde die Gefahr, dass er hier und jetzt in Tränen ausbrach.
Leon spürte, dass Ryan gedanklich voll abgedriftet war und stand leise auf. Er warf einen Blick zurück, bevor er zum Wasser hinunter lief. Auf den Terrassen der anderen Häuser ging es hoch her. Musik drang zu ihm und von irgendwo her kam lautes Johlen und Jubeln. Leon setzte sich in den Sand, zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch in die Nacht hinaus. Es dauerte nicht lange, da hörte er eine wohlbekannte Stimme hinter sich.
Er drehte sich um und lächelte, als er Ryan auf sich zukommen sah.
„Willst du lieber allein sein?”, fragte der, als er bei ihm angekommen war und sah zu seinem Freund runter.
„Nein. Du darfst immer bei mir bleiben.”
Ryan setzte sich neben ihn und zündete sich ebenfalls eine Zigarette an. „Was ist los?”, fragte er leise.
„Ich weiß nicht. Wenn ich euch so reden höre, eure Erinnerungen und so, stelle ich fest, dass mir England und meine Freunde doch ziemlich fehlen. Ich kenn einige genauso lange, wie du Michelle oder Dakota. Sie fehlen mir einfach.”
„Kann ich verstehen. Ich habe mich schon gefragt, warum du nie von ihnen sprichst.”
Leon lächelte. „Ich will dich damit nicht langweilen. Du kennst sie ja nicht.”
„Du bist vielleicht ein Spinner!”, platzte Ryan heraus, worauf Leon ihn irritiert ansah.
„Mache ich den Eindruck, als könntest du mich mit irgendetwas langweilen?”
„Nein, aber es ist auch nicht leicht, darüber zu reden. Sieh mal, ich merke, was in dir vorgeht, wenn es darum geht, auf welches College Michelle gehen will. Es ist nichts anderes. Sie wird weg sein, so wie Jesedy, Alec, Simon und Bill auch weg sind. Das waren meine Freunde, und sie fehlen mir
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