Gegengift: Europa stiehlt euch die Zukunft. Wie ihr euch wehrt. (German Edition)
Entscheidungsträger heranzukommen. Per Blindbewerbung auf einen Vorstellungstermin zu hoffen ist auch bei unbekannten Unternehmen Unfug. Allein mit dem Versuch deklariert ihr euch als Langweiler, da könnt ihr das Wort „kreativ“ noch so oft in euren Lebenslauf schreiben.
Mit einer kreativen Bewerbung meine ich keine von der super lustigen Art, die eure potenziellen Chefs nur nerven. Der Lebenslauf als Comic oder die Bewerbung als Beibrief zu einem Korb mit Spezialitäten aus eurer Region wirken nicht besonders seriös.
Ein Bewerber, der unbedingt zu Google wollte, richtete die Webseite „googlehireme.com“ ein und stellte sich dort mit einem peinlichen Video vor. Nach dem öffentlichen Aufsehen um seine Kampagne reagierte die Personalabteilung von Google sogar. Er möge es doch bitte über die üblichen Kanäle versuchen, bat sie ihn.
Kreativ ist es schon eher, wenn ihr einen Entscheidungsträger eurer Wunschfirma bei einem Vortrag ansprecht. Viele Führungskräfte halten Vorträge, die sich im Internet recherchieren lassen. Sinn macht das aber auch nur dann, wenn ihr euch vorher in das Thema einlest.
Kreativ ist es, wenn ihr es schafft, euch in die Lage so eines Entscheidungsträgers zu versetzen. Wie ist er, was tut er, was braucht er? Womöglich hat gerade eine wichtige Mitarbeiterin gekündigt und er sucht Ersatz. Dann kommt es darauf an, das zu wissen und zum richtigen Zeitpunkt zur Stelle zu sein. Auf diese Art könnt ihr einen Job ganz einfach und oft binnen eines einzigen Tages bekommen.
Im Internet lassen sich alle möglichen Dinge recherchieren. Ein Freund von mir hat sich dreimal bei derselben Firma beworben. Die ersten beiden Male wurde er vertröstet. Beim dritten Mal kam er an einen Mann, von dem er wusste, dass er ein kleines Weingut besaß und ausgesprochener Weinliebhaber war. Über den Job redeten die beiden kaum, am Ende hatte er ihn trotzdem.
Informationen über eine Firma könnt ihr auch bei der Konkurrenz bekommen. Die meisten Unternehmer reden viel über ihre Konkurrenten, meist Negatives, aber trotzdem könnt ihr daraus lernen. Ein Angebot von einem Konkurrenten vorweisen zu können, und sei es auch noch so vage, kann überhaupt ein Turbo bei jedem Bewerbungsgespräch sein.
Je mehr Informationen ihr über einen für euch interessanten Arbeitgeber sammelt, desto kreativer könnt ihr bei der Bewerbung sein.
Wenn ihr euch vor einem Treffen mit so einem Entscheidungsträger gründlich informiert, habt ihr schon die Hälfte eurer Mitbewerber aus dem Feld geschlagen. Denn die sind zwar zahlreich, aber nicht besonders smart. Es kommt eher selten vor, dass Bewerber überhaupt wissen, was meine Firma tut. „Ich hatte gehofft, dass Sie mir etwas darüber erzählen würden“, sagen sie, und das war's dann immer auch schon.
Vor einiger Zeit kontaktierte mich ein junger Mann über Facebook , nachdem er mein erstes Buch „Investment Punk – Warum ihr schuftet und wir reich werden“ gelesen hatte. Er schrieb mir, dass er auch reich werden wolle, und fragte mich, ob ich ihm dabei helfen könne. Er stammte aus Stuttgart, war zwanzig und hatte noch nicht einmal Abitur. Bei meinem nächsten Aufenthalt in Stuttgart traf ich ihn trotzdem. Er war anfangs ziemlich nervös und rauchte in den ersten zehn Minuten drei Zigaretten. Doch er beeindruckte mich, weil er aus einfachen sozialen Verhältnissen kam, neben der Schule jobben musste und dabei ziemlich gut verdiente. Inzwischen arbeitet er für mich als Immobilienmakler. Wenn er sich so beworben hätte, wie ihr es gerade in der Schule lernt, hätte er sicher noch keinen Job.
Besonders kreativ ist es, wenn ihr einen Bedarf erkennt, bevor ihn euer potenzieller Chef erkannt hat. Käme ein Düsseldorfer zu mir und würde mir vorschlagen, meine Immobiliengeschäfte von Frankfurt, Wiesbaden und Wien in seine Heimatstadt auszuweiten, weil er mich dort mit seinen Stadtkenntnissen vor Anfängerfehlern bewahren könnte, hätte er meine volle Aufmerksamkeit. Würde dann auch noch die Chemie passen, was auch immer eine Rolle spielt, würde ich ihm wahrscheinlich eine Chance geben. Zumindest würde ich seine Nummer speichern und vielleicht käme der Zeitpunkt.
Sechstens. Ich würde offen mit meinen Schwächen umgehen. Euer potenzieller Chef erwartet wie gesagt eher einfache Dinge von euch. Dazu gehören Flexibilität, Arbeitserfahrung, Fremdsprachenkenntnisse und gute Kenntnisse im Umgang mit dem Computer und dem Internet. Streicht eure Stärken heraus,
Weitere Kostenlose Bücher