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Gegensätze ziehen sich aus

Titel: Gegensätze ziehen sich aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Julius?«
    »Finger weg von Messer, Herd und Mixer, beim Niesen die Hand vor den Mund«, leierte Julius herunter.
    »Und bloß keine Popel in die Schüsseln werfen«, ergänzte Anton.
    Julius kicherte.
    Anton prüfte die Klinge meines japanischen Fleischmessers. Sie war handgeschmiedet und scharf wie ein Skalpell. Diese Messer hatten ein Vermögen gekostet, und ich pflegte sie hingebungsvoll. Insgesamt hatte ich vier japanische Messer, alle anderen Küchenmesser hatte ich entsorgt.
    »Donnerwetter!«, sagte Anton.
    »Wenn du willst, schenke ich dir auch so eins zu Weihnachten«, sagte ich, während ich Rührschüssel, Mixer, Mehl, Eier, Butter und Zucker bereitstellte und Julius die Backform zum Einfetten reichte.
    Anton holte das Fleisch aus dem Kühlschrank und wog das Sieb mit den Steinpilzen in der Hand. »Das reicht ja für eine ganze Kompanie.«
    »Nelly isst so viel wie eine ganze Kompanie«, sagte ich. Das Schweinefilet war im Sonderangebot gewesen, und die Pilze ... Gut, bei Pilzen hatte ich mengenmäßig vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber die gab es ja schließlich auch nicht immer zu kaufen. Ich hatte sie bereits geputzt und in Stücke geschnitten, und sie verströmten einen köstlichen Duft.
    Der alte taiwanesische Gemüsehändler, Herr Wu, der den Laden neben Mosers Haushaltswaren besaß, hatte sie im Angebot gehabt.
    »Hat meine Mutter gestern gepflückt«, hatte er gesagt, alser meine begehrlichen Blicke gesehen hatte. »Nicht vom Großmarkt, direkt aus dem Wald.«
    Ich schätzte Herrn Wu auf achtzig Jahre, er erinnerte mich immer an eine Schildkröte. Seine beiden Enkelinnen halfen ihm im Laden, und die hatten beide schon selber Kinder. Wie alt mochte da erst seine Mutter sein? Und waren ihre Augen gut genug, um einen Steinpilz von einem taiwanesischen Giftpilz zu unterscheiden?
    »Ich wusste gar nicht, dass in Taiwan Steinpilze wachsen«, sagte ich ausweichend, und Herr Wu sah mich verwirrt an. Dann lächelte er.
    »Ah, nein. Diese Pilze hat meine Mutter gestern im Königsforst gesammelt. Sie wandert jeden Tag zehn Kilometer.«
    Ich hatte das ganze Körbchen erstanden, aber sicherheitshalber jeden einzelnen Pilz gründlich untersucht. Sie waren einwandfrei. Ich musste Herrn Wu dringend mal fragen, was genau seine Mutter so fit hielt.
    »Und diese Filets! Bio-Schwein! Du musst tief in die Tasche gegriffen haben«, sagte Anton.
    »Ach, weißt du, ich hatte einen super Scheidungsanwalt«, sagte ich. »Der hat dafür gesorgt, dass ich mir Filet von glücklichen Schweinen und Steinpilze leisten kann. Zumindest sonntags. Ich bin ihm dafür unglaublich dankbar.«
    »Wenn das so ist, können wir ja auch eine Flasche von diesem teuren Rotwein aufmachen, den der Kerl dir geschenkt hat«, sagte Anton und band sich die Schürze um, die meine Mutter mir zu Weihnachten geschenkt hatte. Auf der Schürze war eine Kuh abgebildet, darunter stand: »Muh zur Milch - nordfriesischer Milchbauernverband «.
    »Richtig gut wäre der Anwalt gewesen, wenn ich mir jetzt Kobe-Rind leisten könnte«, sagte ich. »Die Rinder bekommen Massagen,hören klassische Musik und trinken jeden Tag Bier. Es sind die glücklichsten Kühe der Welt.«
    »Bis sie geschlachtet werden«, sagte Anton.
    Ich liebte es, mit Anton zusammen zu kochen. Er kochte mindestens so gern wie ich, und er kochte auch gut und mit Hingabe ans Detail. Ich sah ihm gern dabei zu, wie er Zwiebeln in Würfel schnitt oder - wie jetzt - eine Marinade für das Schweinefilet anrührte. Mit kleingehacktem Ingwer, Knoblauch und einem winzigen Schluck von dem Rotwein. Lorenz hatte sich nicht mal ein Spiegelei braten können, ja, er hätte nicht mal die Pfanne gefunden, wenn er denn gewollt hätte.
    Meine Küche eignete sich gut für gesellige Kochrunden. Sie war zum Esszimmer hin offen, der Herd stand mitten im Raum, und durch die großen Fenster fiel selbst an trüben Tagen wie heute jede Menge Licht.
    Ich liebte diese Küche. Ich liebte überhaupt das ganze Haus.
    Dabei hatte ich es zuerst grauslich gefunden.
    Es war das Haus meiner Ex-Schwiegermutter, Lorenz' Elternhaus. Als seine Mutter gestorben war, hatte er es als passendes Domizil für mich und seine Kinder auserkoren, mitsamt dem Mobiliar. Ein dunkles, muffig riechendes Haus mit Siebzigerjahreflair und sehr viel poliertem Mahagoni.
    Nach dem ersten Schock hatte ich mit tatkräftiger Unterstützung von Mimi und ihrem Mann Ronnie begonnen, das Haus zu entrümpeln und zu renovieren. Wir hatten neue Böden

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