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Gegensätze ziehen sich aus

Titel: Gegensätze ziehen sich aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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heute ab.«
    »Und ich«, sagte Julius.
    Emily musterte uns unfreundlich. »Und warum ist Oma nicht gekommen?«
    »Dein Papa hat sie nicht erreicht. Komm, ich nehme deinen Mantel, ja?«
    »Kann ich selber«, sagte Emily und klappte ihr Buch zu. Es war »Sara, die kleine Prinzessin« von Burnett. Wahrscheinlich ebenfalls Stoff für den Aufnahmetest an dieser Schule, zusammen mit dem Gesamtwerk von Peter Härtling und dem »Foucaultschen Pendel« von, äh, Dings, dem Kerl, der auch »Der Name der Rose« geschrieben hatte.
    »Heißt deine Lehrerin Frau Berghaus?«, fragte ich beiläufig.
    »Ja«, sagte Emily. »Warum willst du das wissen?«
    »Ach, nur so«, sagte ich. »Weißt du, das Buch habe ich auch mal gelesen. Allerdings war ich da doppelt so alt wie du. Mein erstes Buch habe ich im zweiten Schuljahr gelesen. Es hieß Lisa hat einen Hund. Ich kann es heute noch auswendig. Lisa hat einen Hund. Er heißt Bello. Bello ist ein Dackel. Er spielt gern mit Lisa. Am liebsten hat er seinen Knochen. Lisa hat Bello sehr lieb. Fertig.« Emily verdrehte die Augen.
    »Darf ich deinen Schulranzen mal anziehen?«, fragte Julius. »Bist du blind?«, fragte Emily. »Der Schulranzen ist rosa, mit Feen drauf, und du bist ein Junge.«
    »Biiiiitte«, sagte Julius.
    »Wenn du dich unbedingt lächerlich machen willst - von mir
    aus!«
    Glückstrahlend setzte sich Julius den Feenranzen auf den Rücken.
    »Bist du etwa mit dem Fahrrad da?«, fragte mich Emily.
    »Ja«, sagte ich. »Ich schiebe es bis nach Hause, und einer von euch kann in den Kindersitz und der andere auf den Sattel, wenn er sich gut festhält.«
    »Nein danke«, sagte Emily und klappte wieder ihr Buch auf.
    Neben der Eingangstür stand Frau Hittler, und ich tauchte hinter einer Mutter mit einem breiten Kreuz ab, damit sie mich nicht sah. Im Vorbeischleichen sah ich genau, dass Frau Hittlers Sohn Frau Hittlers Himmelfahrtsnase geerbt hatte. Und offensichtlich war er mit dem rothaarigen Jungen befreundet, der Emily angepöbelt hatte. Frau Hittler fragte den Pöbler nämlich gerade, ob er nicht am Nachmittag mit »Ben« spielen wolle.
    Draußen stieß ich wieder auf Frauke und ihre Kinder. Fabia hatte den gleichen Schulranzen wie Emily. Überhaupt hatten alle Mädchen den gleichen Schulranzen wie Emily.
    »Iß reiße dir den Aaß auf und trete deine Eia ab«, sagte Marlon zu Julius.
    Frauke glotzte von Emily zu mir und wieder zurück.
    »Ach, deshalb warst du hier!«, sagte sie. »Dann sind Gerüchte,dass du und Herr Alsleben euch wieder getrennt habt, wohl nicht zutreffend? Schön. Wirklich, das freut mich für euch ... Diese Woche ist bei uns leider schon dicht, aber wollt ihr euch für nächste Woche verabreden, Flavia, du und Emily?«
    »Von mir aus«, sagte Flavia.
    Emily sagte nichts. Sie war augenscheinlich wieder ganz vertieft in ihre Lektüre.
    »Iß ßteß dir die Augen auß und eß die ßum Frühßtück«, sagte Marlon, und seine Spucke flog wild durch die Gegend.
    »Ihr habt doch letztes Mal so schön bei Flavia im Zimmer gespielt«, sagte Frauke zu Emily.
    »Am besten telefonieren wir einfach«, sagte ich, als Emily nicht reagierte.
    »Dienstags hat Flavia Klavierunterricht«, sagte Frauke. »Mittwoch Ballett. Aber Donnerstag ist ein guter Tag bei uns. Ach, da hinten ist Frau Berghaus! Frau Berghaus, warten Sie! Ich wollte mit Ihnen noch über den Füllerführerschein sprechen! Es sollte doch möglich sein, ihn schon im ersten Halbjahr zu erwerben, für die Kinder, die auch zu Hause fleißig arbeiten.«
    Frau Berghaus tat so, als würde sie Frauke nicht sehen, und hastete zu ihrem Auto. Frauke hastete hinterher. Ich dirigierte die Kinder zu meinem Fahrrad, während Marlon uns noch weitere schreckliche Drohungen nachwarf.
    »Willst du dich denn mit Flavia verabreden, Emily?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte Emily. »Sie mag mich gar nicht. Es ist immer furchtbar langweilig mit der. Sie ist eine doofe Kuh.«
    »Dann kommt sie wohl auf ihre Mutter«, sagte ich.
    »Oma verabredet mich immer mit so doofen Mädchen«, sagte Emily. Ich hob sie samt Buch und Mantel in Julius' Kindersitz und schnallte sie an. Dabei staunte ich, wie federleicht sie war,sie wog weniger als Julius, und der war fast zwei Jahre jünger. Allerdings war er auch sehr groß für sein Alter, da kam er ganz nach mir und Nelly. Er durfte mit dem Ranzen auf dem Rücken auf dem Sattel Platz nehmen und sich am Lenkrad festhalten.
    »Gibt es denn in eurer Klasse überhaupt Kinder, die nicht doof

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