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Gegensätze ziehen sich aus

Titel: Gegensätze ziehen sich aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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versuchte, fliegen zu lernen.
    »Ich dachte auch immer, dass Jungs einen unentwegt ins Bett kriegen wollen und dass man als Mädchen die ganze Zeit nach Argumenten suchen muss, warum man sich noch nicht reif genug dafür fühlt«, sagte Nelly. »So ist das jedenfalls bei Lara und Moritz. So ist das bei überhaupt allen! Angeblich hat sich sogar Laura-Kristin die Pille verschreiben lassen, das heißt, sie und Max schlafen schon miteinander.«
    »Das glaub ich nicht. Außerdem ist Laura-Kristin doch die meiste Zeit im Internat. Die beiden haben allenfalls Telefonsex.«
    »Immer noch besser, als wenn der Typ mitten im Knutschen aufspringt und schreit: Ich hab vergessen, Sammys Schnuller auszukochen!«
    Ich musste leider lachen. »Wenigstens muss Papa sich keine Sorgen machen, dass du zu früh schwanger wirst.«
    »Nee«, sagte Nelly. »Da muss er sich echt keine Sorgen machen.« Sie seufzte. »Wenn ich Kevin doch nur nicht so schrecklich lieben würde ...«
    »Tja«, sagte ich. »Es wird dir wohl nichts anderes übrig bleiben, als zu akzeptieren, dass du ihn nur im Paket mit Sammy und seinen Geschwistern bekommen kannst. Der Windelgestank gehört eben zu Kevin wie Pech zu Schwefel, äh, Hemd zu Hose äh Hammer zu Nagel ...«
    »Wie Emily zu Anton«, sagte Julius, ohne die Augen vom Fernseher zu wenden.
    Ja. Richtig. Wie Emily zu Anton.
    * * *
    Lorenz holte die Kinder am Samstag pünktlich um elf Uhr ab.
    »Keine Mayonnaise, ich weiß«, raunzte er, als ich den Mund aufmachte, um meine üblichen Ratschläge loszuwerden. »Morgen Abend um sechs bringe ich sie zurück.«
    »Viel Spaß«, sagte ich und kämpfte wie immer gegen die Tränen.
    »Viel Spaß für dich!« Lorenz lächelte missgünstig. »Du bist ja diejenige mit dem kinderfreien Wochenende. Ach, und ich soll dir von Paris sagen, sie hätte ganz tolle Gürtel für euch ausfindig gemacht blablabla, und dann noch irgendwas mit Krönchen oder Herzchen oder Kikifuzz-Scheiß-Weiberkram, hab ich jetzt vergessen, aber du weißt sicher, was sie meint.«
    »Aber klar doch. Sei so lieb und bestell Paris bitte schöne Grüße, und sag ihr Schnickischnacki-Scheiß-Weiberkram-Schnuckiputzi, dann weiß sie schon Bescheid.«
    Lorenz guckte mich misstrauisch an. »Bei dir weiß ich echt nie, ob du es ernst meinst oder nur Witze machst.«
    »Witzewatzewutze«, sagte ich und umarmte die Kinder, als wäre es das letzte Mal.
    Bis Anton kam, hatte ich meinen Trennungsschmerz längst überwunden, ein Schaumbad genommen, die Beine rasiert und einen köstlichen Rapunzelsalat gemacht, mit Himbeeren, kross gebratenen Hähnchenbruststücken, gehackten Walnüssen und Himbeer-Balsamico.
    Aber Anton war kaum eine Viertelstunde da, als wir uns schon wieder stritten.
    Dabei fing es ganz friedlich an. Ich schenkte uns Rotwein ein, und Anton überreichte mir einen Strauß wundervoller Sonnenblumen und bedankte sich noch mal ganz förmlich dafür, dass ich Emily vorgestern von der Schule abgeholt hatte. Zuerst war ich gerührt, aber dann bekam ich urplötzlich Angst, er könne fragen,ob ich das ab jetzt nicht jeden Donnerstag machen wolle. Oder überhaupt jeden Tag.
    »Emily wird in der Schule gehänselt«, sagte ich daher hastig. »Ich habe gehört, wie ein Junge Schlitzauge zu ihr gesagt hat.«
    Zu meiner Verblüffung regte sich Anton überhaupt nicht darüber auf. »Ach, alle Kinder werden in der Schule doch wegen irgendwas gehänselt. Mich haben sie immer Stoppelkopf genannt.«
    »Das ist doch nicht dasselbe, Anton!«
    »Jedes Kind hat eben einen anderen Hänselnamen bekommen. Hattest du keinen?«
    »Doch«, sagte ich. »Aber trotzdem ist das nicht ...«
    »Welchen Spitznamen haben sie dir denn gegeben?«
    »Sag ich nicht.«
    »Biiiiitte!«
    »Horrorwindmühle«, sagte ich. Anton lachte. »Warum das denn?«
    »Ich hatte so lange Arme. Deshalb haben sie mich so genannt.«
    »Siehst du, und du hast es unbeschadet überlebt.«
    »Nicht unbeschadet«, sagte ich heftig. »Ich fand das sehr demütigend. Ich habe mehr Komplexe, als man zählen kann, und dabei ist Horrorwindmühle nicht mal zu vergleichen mit Schlitzauge. Schlitzauge ist rassistisch und gemein und ausgrenzend ...«
    »Ja, wenn es ein glatzköpfiger Kerl in Springerstiefeln sagt«, sagte Anton. »Bei Kindern hat das eine andere Bedeutung. Da kann man das nicht so ernst so nehmen. Und es wäre Blödsinn, Emily deswegen zu bedauern. Da muss sie einfach durch - sie sieht eben ein wenig exotisch aus, und es wird nicht mehr lange dauern, da

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