Gegensätze ziehen sich aus
in der Mitte sitzen.«
»Aber dann kann ich den Kopf nicht auf Mamas Schoß legen«, sagte Julius.
»Du kannst den Kopf auf meinen Schoß legen«, sagte Nelly.
»Du magst aber keine kleinen Kinder«, sagte Julius.
»Dich schon«, sagte Nelly ein bisschen widerwillig. »Du bist irgendwie anders. Nicht so laut und klebrig und zappelig und lästig wie andere Bälger.«
»Aber wenn du meine Haare kraulst, ziept es immer«, sagte Julius.
»Heute nicht«, versprach Nelly. »Ich kraule ganz vorsichtig.«
Als ich mit einer Riesenschüssel gebuttertem Popcorn, Chips und Eis ins Wohnzimmer kam, saßen Julius und Nelly schon aneinandergekuschelt auf dem Sofa, und gerade warf ein Storch der Elefantenmama den kleinen Dumbo genau vor die Füße.
»Elefanten würden sich totlachen, wenn sie den Film sehen würden«, sagte ich, während ich mich setzte. »Sie sind mindestens zwölf Monate trächtig.«
»Schscht«, machte Julius. »Guck doch mal, wie sie sich über ihr Baby freut.«
Nelly lehnte den Kopf an meine Schulter. »Kevin sagt, Mädchen, die keine kleinen Kinder mögen, sind nicht normal.«
»Blödsinn«, sagte ich.
»War ich auch so ein süßes Baby wie Dumbo?«, fragte Julius. »Ja, genauso«, sagte Nelly. »Mama war jedenfalls hin und weg von dir.«
»Ja, und das bin ich auch immer noch.« Ich legte meine Füße auf den Couchtisch und nahm mir eine Hand voll Popcorn.
»Kevin hat wahrscheinlich recht«, sagte Nelly. »Alle anderen Mädchen, die ich kenne, tragen furchtbar gern Babys durch die Gegend und freuen sich, wenn sie Bäuerchen machen. Normale Mädchen finden kleine Kinder total niedlich.«
»Was ist schon normal? Manche Mädchen haben diesen Bemutterungstrieb, andere nicht. Manche behandeln schon als Fünfjährige ihre Puppen wie Babys, anderen schreiben ihnen mit Filzstift schlimme Wörter auf den Bauch.«
»Das waren keine schlimmen Wörter«, sagte Nelly.
»Ich bin eine doofe Puppe, und keiner hat mich lieb«, sagte ich.
Nelly nagte schuldbewusst an ihrer Unterlippe.
»Als ich so alt war wie du, konnte ich auch nicht verstehen, warum die Leute so ein Aufhebens um kleine Kinder machten«, sagte ich. »Ich war die Einzige, die fand, dass meine Babycousine aussah wie eine Wurst in Strumpfhosen. Und ich dachte immer, ich müsse mich übergeben, wenn ich meine Tante noch einmal mein wonniges, sonniges Wutzigutzidutzi sagen hören würde.«
Nellys Miene hellte sich ein bisschen auf. »Wirklich? Du warst auch so eine Kinderhasserin? Und wann hat sich das geändert?«
»Gar nicht«, sagte ich. »Meine Cousine sieht immer noch aus wie eine Wurst in Strumpfhosen, und wenn jemand wutzigutzidutzi sagt, wird mir schlecht.«
»Aber du magst kleine Kinder!«
»Die wenigsten, wenn ich ehrlich bin. Eigentlich nur euch. Und ein paar von euren Freunden. Und die Kinder meiner Freundinnen. «
»Magst du Lara?« Lara war Nellys beste Freundin von Kindergartenzeit an.
»Soll ich ehrlich sein? Ich fand Lara immer fürchterlich. Sie hat beim Sprechen so geleiert und ihren Schnupfen im ganzenGesicht und an meinen Möbeln verteilt. Und dann hat sie immer gesagt: Du bist ja eine kornige Mutter!«
»Das mit dem SCH und so hat sie bis heute nicht raus«, sagte Nelly. »Sie sagt immer Teppige und gefährlige Zeiten.«
»Wenigstens schmiert sie ihre Rotze nicht mehr durch die Gegend«, sagte ich.
»Emily magst du auch nicht.«
Ich suchte nach den richtigen Worten. »Ich gebe mir Mühe, sie zu mögen.«
»Und sie gibt sich alle Mühe, damit dir das nicht gelingt.«
»So sieht es wohl aus.«
»Magst du Samantha?«
»Ja, doch, bis auf den Namen und die Hundeschleife im Haar. Aber deshalb würde ich mich auch nicht darum reißen, ihr eine frische Windel zu machen.«
»Warum ist Kevin da nur so scharf drauf?«, fragte Nelly.
»Er ist nicht scharf aufs Windelwechseln«, sagte ich. »Aber er liebt Samantha und fühlt sich für sie verantwortlich. Das ist ungewöhnlich für einen vierzehnjährigen Jungen. Die meisten sind in dem Alter mehr mit sich selbst beschäftigt. Und damit, Mädchen an die Wäsche zu gehen.«
Dumbo stolperte auf dem Bildschirm fortwährend über seine Ohren.
»Kevin liebt Samantha und seine Geschwister mehr als mich«, sagte Nelly.
»Nein, das glaube ich nicht. Aber er hat das Gefühl, die Kleinen brauchen ihn. Du hingegen bist groß und stark und kannst gut selber für dich sorgen.«
»Von wegen«, sagte Nelly und kraulte Julius' Lockenkopf.
Eine Weile sahen wir Dumbo zu, wie er
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