Gegensätze ziehen sich aus
zu ihren Gunsten umändert, möglicherweise.
»Du darfst ihr das nicht übel nehmen, Constanze«, sagte Ronniemit hörbarem Kloß im Hals. »Sie ist doch erst elf. Und sie hat es schwer.«
Auch Mimis Augen schwammen in Tränen.
Ich wurde von einer Welle der Rührung übermannt und nahm alle beide in den Arm. »Ich habe euch wirklich lieb«, sagte ich. »Seht ihr denn nicht, dass ihr wie geschaffen für Kinder seid? Egal, ob eigene oder adoptierte.«
»Du meinst, weil wir so gutmütige Dummköpfe sind und uns von kleinen Mädchen an der Nase herumführen lassen?«, sagte Ronnie.
»Ich meine, wenn ihr selbst so ein abgebrühtes Biest wie Coralie so bedingungslos lieben könnt. Ihr solltet keine Zeit mehr verlieren. Schluss mit dem heimlichen Rumjammern in Internetforen, Schluss mit dem Hinterherspionieren. Irgendwo da draußen ...« Ich brach ab. Das war jetzt wirklich zu schmalzig.
»... wartet vielleicht ein Kind auf uns«, sagte Mimi und sah Ronnie dabei tief in die Augen.
»Besser noch, ihr macht eins selber«, sagte ich.
* * *
Der November verstrich in grau-verregnetem Einerlei mit Temperaturen kurz über dem Gefrierpunkt. Die kunstvoll gebastelten Laternen mussten an Sankt Martin für den Umzug vom Kindergarten in Müllbeutel gepackt werden, damit sie nicht aufweichten, und Julius holte sich eine dicke Erkältung mit Schnupfen und Husten, die er den ganzen Monat über nicht mehr loswurde. Das Papawochenende verbrachte er daher nicht bei seinem Papa, sondern bei mir, denn Lorenz wollte kein hustendes Kind, das seine ungeborenen Zwillinge anstecken könnte.
Dadurch fiel mein Anton-Wochenende flach, aber ich wargar nicht so traurig darüber, denn ich fürchtete mich insgeheim schon die ganze Zeit vor dem Augenblick, in dem Anton meine Brust berühren würde. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass wir wie üblich hemmungslosen Sex haben könnten, solange die Sache mit dem Knoten nicht geklärt war. Ich hatte immer noch niemandem außer Anton davon erzählt. Warum auch? Wenn es am Ende ganz harmlos war, hatten sich alle umsonst Sorgen gemacht.
Die Donnerstage mit Emily und Valentina wurden zu einer festen Einrichtung, und ich fand es eigentlich ganz schön, so viele Kinder um den Mittagstisch sitzen zu haben, nur Nelly beklagte sich manchmal.
»Kinder, wohin man auch tritt«, sagte sie.
Ihre Hausaufgaben erledigten die Mädchen immer selbstständig und blitzschnell, danach spielten sie im Wintergarten, wo sich nach und nach immer mehr von Emilys Spielzeug einfand. Außerdem schrieben sie zusammen ein Buch. In ein Schulheft. Über zwei Hasenmädchen, die in einer Höhle überwintern mussten. Manchmal, wenn wir Glück hatten, lasen sie mir und Nelly daraus vor.
Nelly amüsierte sich königlich über die Hasenmädchen. Bis ich ihr eines Tages den Brief zeigte, den sie mir geschrieben hatte, als sie im ersten Schuljahr gewesen war.
»LipEMaMiTuTMirLEITdasichniLipin«, stand da.
»Was soll das denn für eine Sprache sein?«, fragte Nelly.
»Das heißt, liebe Mami, tut mir leid, dass ich nie lieb bin«, sagte ich. »So viel zu deinen Schreibkünsten, als du so alt warst wie Valentina und Emily.«
»Immerhin habe ich es aufs Gymnasium geschafft«, sagte Nelly, war aber ein wenig kleinlauter als sonst. »Ja, ja, ich geb's ja zu, die beiden sind wirklich schlaue kleine Mädchen. Aber es isttrotzdem komisch, wie diese Hasen sich Mützen aus Moos stricken. Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht, du nicht?«
Die Zeit, bis Dascha ihre Tochter abholen kam, verging immer sehr schnell. Wenn Dascha kam, wollte Valentina noch nicht gehen, weshalb wir es uns angewöhnten, noch einen Tee oder Kaffee miteinander zu trinken und zu reden.
Oft kam dann auch schon Anton und setzte sich zu uns.
Er hatte sich, wie versprochen, um Daschas Papiere gekümmert und alle ihre Probleme mit der Einwanderungsbehörde geklärt. Zum ersten Dezember würden Dascha und Valentina auch die Ubergangsunterkunft verlassen und in eine Sozialwohnung ziehen können. Dascha war Anton so dankbar, dass sie ihm jedes Mal, wenn sie ihn sah, um den Hals fiel. Ich war ein kleines bisschen eifersüchtig, denn Dascha war nicht nur sehr nett und musikalisch, sondern auch recht hübsch.
»Eine besser bezahlte Arbeit finden wir auch noch für dich«, sagte Anton. »Vor allem eine legale. Ich habe Fred von Erswert dafür eingespannt. Er schuldet mir noch einige Gefallen.«
Und tatsächlich fand Herr von Erswert eine Stelle für Dascha, und zwar im Büro
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