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Gegner des Systems

Gegner des Systems

Titel: Gegner des Systems Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Jon Watkins
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Kühlschrank, einen Herd und drei Gläser hatte, hatte es für den Schwarzmarkt keinen Wert, und da sein Gebrauch empfänglicher für nonverbale Einschüchterung machte, ermutigte die Regierung die Konsumenten sogar. Dieser einzige Nebeneffekt war jedoch weithin unbekannt, und außerdem hätten die meisten, die es benutzten, ihn nur als unbedeutende Störung abgetan. Rosivin war wahrscheinlich ebensoweit verbreitet, wie es Alkohol und Marihuana einst gewesen waren. Als die Kapsel vorbeikam, nahm Welsh einen tiefen Zug davon.
    Ohne Zweifel klang die Musik deutlicher und wirkte länger, als dies einen Augenblick vorher der Fall gewesen war, und auch die Zeit selbst verstrich angenehmer. Er beobachtete eine Zeitlang die wirbelnden Farben an der Decke und fing an zu träumen. Es war lange her, seit er zum letztenmal Rosivin genommen hatte. Es war lange her, daß er sich vor den Rehabs sicher genug fühlte, um es sich leisten zu können. Eve war wahrscheinlich so verwundbar gewesen, weil der Gebrauch des Gases an Krankenhäusern weit verbreitet war und sie zwangsläufig den ganzen Tag kleine Mengen davon einatmete. Welsh lachte in sich hinein; im Augenblick schien es ihm absurd, Dinge zu analysieren.
    Die Kapsel war fast wieder bei ihm, und die Gruppe war mitten in ,Dragon Ships‘, als er spürte, wie Eve sich neben ihn hinsetzte. Sie hatte schon die Kopfhörer auf, drückte seine Hand und fing an zu lachen, als sie seine Augen sah. Sie waren natürlich blau. Jeder, der Rosivin nahm, bekam blaue Augen. Ihr Gelächter brachte auch ihn zum Lachen, weil er wußte, warum sie lachte. Vor langer Zeit hatten sie manchmal ganze Tage lang blauäugig und lachend herumgesessen, und er wußte, daß sie sich daran erinnerte.
    Er dachte mit Staunen daran, wie schnell sie sich daran gewöhnt hatten, ein einfaches Vergnügen wie Rosivin aufzugeben, nur um nicht so verwundbar zu sein, wenn die Rehabs kamen. Er überlegte sich, wie lange es her war, seit sie es zum letztenmal richtig genommen hatten.
    Eve lehnte sich zu ihm hinüber und küßte ihn auf die Stirn. Sie hatte nasse Augen. Es war lange her, seit sie sich sicher genug gefühlt hatten, um sich so zu entspannen. Jemand reichte ihnen die Kapsel hinüber, und Welsh hielt sie ihr unter die Nase. Sie nahm einen tiefen Zug und fing an zu lächeln. Welsh lachte und gab die Kapsel weiter. Sie nickten beide. Sie hatten auch im Operationszelt Rosivin verwendet, und sie spürte bereits leicht die Wirkung, obwohl es ihre Geschicklichkeit oder ihre medizinischen Kenntnisse nicht beeinträchtigt hatte.
    Trotzdem setzte nun, da sie in ihrer Konzentration nachließ, die Wirkung der Droge voll ein. Es war nicht ungewöhnlich, daß Ärzte aus einem Operationszimmer herauskamen und zehn Minuten lang kicherten, obwohl die meisten so lange die Form wahrten, bis sie ihren Bericht über die Operation verfaßt hatten und wieder in ihren Büros saßen. Es passierte aber auch oft, daß Ärzte sich vor den Operationssaal stellten und laut lachten, wobei die Stärke ihrer Heiterkeit in direkter Beziehung zu ihrer vorherigen Konzentration stand.
    Welsh fragte sich, welche Wirkung Rosivin wohl auf die Patienten im dritten Stock gehabt hatte. Er nahm sich vor, Light danach zu fragen, wenn er ihn das nächste Mal sah, aber dazu war auch nach der Musik noch viel Zeit. Judas Wheel hatte inzwischen ,Maiden Voyage‘ fast zu Ende gespielt, und Welsh hatte sich hingelegt und seinen Kopf bei Eve auf den Schoß gelegt. Sie sahen nach oben in die Lichter und verloren sich eine Weile in der Musik. Sie wurden von einem Gefühl von völligem Frieden und Sicherheit überschwemmt. Nach einer langen Zeit in einem fremden Land waren sie daheim.
    Stunden später trat eine kurze Pause in der Musik ein, weil Chris für eine andere Art von Lied seine Gitarre neu stimmen mußte.
    Welsh richtete sich halb auf, und Eve legte ihm die Hand auf den Nacken. Chris sah auf und schien Welsh und Eve tatsächlich zu sehen. Sowohl Welsh als auch Eve fingen gerade an zurückzuwinken, als ihnen einfiel, daß das, was sie da sahen, nur eine dreidimensionale Projektion und keine wirkliche Person war. Chris neigte seinen Kopf, als könne er nicht verstehen, warum sie ihm nicht zurückwinkten. Welsh fragte sich, was sich wohl zwischen Chris und der Person abgespielt hatte, die auf demselben Platz wie sie gesessen hatte, als sie wirklich spielten. Er zuckte die Achseln; unter Rosivineinfluß passierten die komischsten Sachen. Chris drehte sich um

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