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Geh aus, mein Herz

Geh aus, mein Herz

Titel: Geh aus, mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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gerührt, bis es schaumig war; knapp zwei Deziliter Rohzucker in einem Deziliter Wasser dazu. Die Mischung hatte er drei Minuten lang kochen lassen und sie dann in einem dünnen Strahl in die Ei-Kardamom-Mischung gerührt, bis die Masse zähflüssig wurde. Während sie abkühlte, hatte er vier große, reife, grob gehackte Bananen mit dem Saft und der geriebenen Schale von zwei Zitronen vermengt, das Ganze in die Masse gegeben und drei Deziliter nicht allzu fest geschlagene Sahne darunter gezogen.
    Das Eis hatte nachts in der Gefrierbox gestanden, er hatte es einige Male umgerührt und es eine Weile, bevor es gegessen werden sollte, herausgenommen. Es war ganz still am Tisch, als es verschwand. Die Sonne dort draußen ging unter, und ihre letzten Strahlen berührten rasch die Tischplatte, ehe das Licht erlosch.

17
    Ihr Vater war gealtert, die Distanz verschärfte den Eindruck noch. Anfangs war es ihr nicht weiter aufgefallen, die Haare waren ihm nicht ausgegangen und er bewegte sich ohne Schwierigkeiten. Es waren weniger das Aussehen, Haut oder Körper; sein Altern äußerte sich in einem schleppenden Tonfall, Müdigkeit und manchmal einer Teilnahmslosigkeit, die er, wie sie wusste, mit diesen verflixten langen Spaziergängen zu bekämpfen versuchte.
    Heute war Sonntag und heute war er zu Hause. Sie saßen auf dem feinen Sofa, das Mittagessen war beendet. Auf dem Tisch stand der Kaffee und ihre Mutter war in der Küche. Kajsa hoffte, sie würde noch ein Weilchen dort bleiben. Es kam nicht oft vor, dass sie miteinander sprachen, ihr Vater und sie, wirklich miteinander sprachen. Wann hatte er sie in ihrer Wohnung besucht? Wann hatte er angerufen und gesagt: »Jetzt komme ich, egal, was du davon hältst.« Ein kleiner Abstecher in die Stadt, ein gemeinsamer Besuch von … ach, irgendwas. Sie wohnte nicht in Werchojansk. Und er auch nicht. Wann hatte sie angerufen und gesagt: »Jetzt komme ich, egal, was du davon hältst …«
    »Papa, wie war die Stimmung unter den Menschen, als du jung warst?«
    Durch die großen Fenster des Wohnzimmers fiel schwindendes Tageslicht. Es ließ ihn grauer wirken, grauer, als er war, es unterstrich die Linien in dem erfahrenen Gesicht. Als sie selbst älter wurde, hatte sie die Ähnlichkeit deutlicher gesehen: die Linie zwischen den Augenbrauen, ein Gesicht, das immer breiter zu werden schien, ein leicht hochgerecktes Kinn. Aber sein Kinn hatte sich gesenkt, und sie wollte es gern etwas heben, wenigstens an diesem Sonntag.
    »Das ist keine leichte Frage, Kajsa.«
    »Als du jung warst, erwachsen wurdest.«
    »Die Stimmung?«
    »Wie sind die Menschen miteinander umgegangen?«
    »Na ja, als ich jung war, ging der Krieg gerade zu Ende. Das war eine besondere Situation. Nicht, dass ein Kind Krieg wie ein Erwachsener erlebt, aber als er vorbei war, habe ich natürlich die Freude bemerkt.«
    »Überall große Freude.«
    »Natürlich. Und Erleichterung, eine unerhörte Erleichterung. Niemand hatte wissen können, ob der Krieg nicht doch nach Schweden kommen würde. Selbst als sich das Blatt 1943 wendete, war niemand sicher.«
    »Aber alle konnten sich doch wohl nicht freuen.«
    »Wie meinst du das?«
    Wie meinte sie das? Sie meinte die zerstörten Menschen und ihre Engagements im Namen dessen, worüber sie während dieses Krieges gesprochen hatten, die Symbole, die sie benutzten. Wer hatte sie verwahrt, sie aufpoliert, sie weitervererbt? Wie vererbte man Hass? War das ein naiver Gedanke?
    »Ich meine, auch in Schweden hat es Freunde der Deutschen gegeben. Nazis.«
    »Bei Gott. Aber es war sonderbar, wie wenig es nur noch während der letzten Kriegsjahre waren und erst recht danach.«
    »Wie vom Winde verweht.«
    »Das kann man wohl sagen. Jedenfalls ihre Ansichten, wie weggeblasen.«
    »Aber vorher hat es sie gegeben.«
    »Du weißt wohl, dass Westschweden immer ein guter Nährboden für Faschisten und Nazis und solches Gesindel gewesen ist. Hier hat eine verrückte und gefährliche Bewegung nach der anderen ihren Anfang genommen. Schön ist das ja nicht, aber so ist es nun mal.«
    »Du hast bestimmt einiges gesehen.«
    »Als Kind sieht man es wohl nicht mit den Augen, wie du es jetzt siehst oder ich heute. Aber ich erinnere mich daran, wie aufgebracht mein Vater häufig nach Hause gekommen ist.«
    »Sie haben ihre Arroganz demonstriert.«
    »Dein Großvater schien sich am meisten über die Polizei aufzuregen«, sagte Kajsa Lagergrens Vater und blinzelte sie an, während er den linken Mundwinkel

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