Geh Ich Auf Meine Hochzeit
Humor«, fügte Rosie noch hinzu. Sie rannte zur Tür und riss sie auf.
Cara stand im Eingang, tropfnass vom Regen, und suchte nach ihrem Haustürschlüssel. Die Haare klebten ihr am Kopf, und ihr Mantel machte den Eindruck, als ob sie mit ihm schwimmen gewesen wäre.
»Hallo, Rosie«, sagte sie und nahm mit eisigen Fingern ihren Rucksack ab: »Tut mir Leid, dass ich so spät dran bin«, erklärte sie, als ihr Vater auftauchte, um sie zu begrüßen. »Der verdammte Bus ist liegen geblieben, und wir mussten allesamt anderthalb Stunden warten, bis ein neuer kam. Abgesehen davon steht alles unter Wasser, dass ich auch hierher hätte paddeln können.« Sie lachte. »Was habe ich verpasst?«
Getrocknet, mit frischer Kleidung und ihren Locken wie einen krausen Heiligenschein um den Kopf, nachdem sie sie eilig mit einem Fön bearbeitet hatte, saß Cara am Küchentisch und verschlang einen Teller mit aufgewärmten Partyhäppchen. Die Hunde flankierten sie und sabberten jedes Mal, wenn sie einen saftigen Bissen zum Mund führte.
Evie war erst vor zehn Minuten wieder aus dem Schlafzimmer gekommen, als sie sicher sein konnte, dass Vida endlich gegangen war. Sie setzte sich an das Tischende und spielte mit einer Tasse Zitronentee. Die Schwestern waren allein. Rosie hatte sich ins Wohnzimmer zurückgezogen, um fernzusehen, und Andrew Fraser gab bei den Nachbarn ein paar ausgeliehene Platten zurück.
»Ich kapiere nicht, was an ihr nicht in Ordnung sein soll«, widersprach Cara, die ihre zukünftige Stiefmutter kurz gesehen hatte. Zugegeben, zehn Minuten mit Vida und deren Bemerkung »Ich gehe jetzt wohl lieber nach Hause, damit Evie wieder herunterkommen kann« reichten nicht als Grundlage für eine tief greifende Charakteranalyse. Aber Cara war aufgefallen, wie die Augen ihres Vater aufleuchteten, wenn er seine Verlobte anblickte. Sie machte ihn doch glücklich, oder?
Nur weil ihr eigenes Liebesleben ungefähr von demselben Erfolg gekrönt war wie der Versuch der Menschen, den Planeten Pluto zu erreichen, hieß das noch lange nicht, dass alle anderen denselben Mangel wie sie erdulden mussten. Ihre Vorstellung der Zukunft ihres Vaters unterschied sich grundlegend von der ihrer älteren Schwester. Cara kannte Andrew länger als Witwer denn als glücklich verheirateten Mann, und sie hatte ihn mit den Nachbarn flirten und Paaren sehnsüchtig hinterherblicken sehen. Evie dagegen hätte jede Frau abgewehrt, die es wagte, sich nach ihrem geliebten Vater auch nur umzudrehen.
Müttern gegenüber hegten sie ebenfalls eine vollkommen unterschiedliche Einstellung. Als Cara jünger gewesen war, hatte sie von einer richtigen Mutter geträumt. Für Evie dagegen konnte es nur eine Mutter geben, und die war tot. Nichts und niemand vermochte sie zu ersetzen, das verstand Cara durchaus. Doch Vida war kein Ersatz - sondern der neue Lebenspartner ihres Vaters, jemand, der ihn liebte und sich um ihn sorgte, wenn sie nicht hier waren.
Sie versuchte ihre Gedanken in Worte zu fassen.
»Vida scheint mir eine sehr nette Person zu sein, und sie kommen prima miteinander aus. Er ist so lange allein gewesen, ein wenig Glück steht ihm wirklich zu.«
Evie warf ihr einen giftigen Blick zu.
»Himmel, hoffentlich schlägt die Uhr jetzt nicht, und du bleibst für immer so«, murmelte Cara hinsichtlich des rachsüchtigen Gesichtsausdrucks ihrer Schwester.
»Du begreifst es einfach nicht, oder?«, zischte Evie.
»Was begreife ich nicht?«
»Sie kriegt Papa nur herum, weil er einsam ist. Und der begreift nicht, was für ein Luder sie ist! Sie wird ihn in null Komma nichts bis auf das Hemd ausziehen, und was wird dann von ihm übrig bleiben? Nichts!«
Cara stöhnte, während sie ein Stückchen einer Miniaturbrioche aufgabelte. »Sei vernünftig, Evie! Was sollte sie ihm denn wegnehmen? Das Familienvermögen? Die Schmuckschatulle? Meiner Ansicht nach ist dieses Haus nicht gerade mit Dingen gesegnet, die einem Antiquitätenhändler das Herz höher schlagen lassen würden. Es sei denn natürlich, der Tisch im Flur entpuppt sich als französisches Stilmöbel und nicht als eine zu Hause zusammengeschraubte Versandhausware.«
»Es ist nicht nur das...« Evie blickte sich um. Es schmerzte sie schrecklich, dass Cara die Dinge nicht wie sie selbst einschätzte: dass Vida nämlich eine geldgierige berufsmäßige Witwe war, die das zarte Herz ihres Vaters brechen würde und... und... und die Dinge ändern würde. Ein für allemal ändern! Cara war so verdammt
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